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  #1  
Alt 06.10.2014, 06:23
Maxi3 Maxi3 ist offline
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Registriert seit: 05.09.2010
Beiträge: 115
Standard Wahrheit

Liebe Birgit, Tündel und Charlotte,

da mein Beitrag zu ausführlich im Thread „Nabelmetastasen“ wird, nun hier:

Hoffentlich habt Ihr nichts dagegen, wenn ich zu Prof. S. auch meine Meinung beisteuere...
Ich finde es sehr feinfühlig, wenn von Ärzten, und nicht nur von Prof. S., hie und da zu einer Notlüge gegriffen wird. Gerade am Anfang sollte man auch Hoffnung machen, denn es gab schon immer wieder Fälle, in denen schon Totgeglaubte sich wieder aufgerappelt haben. Also, ich habe darüber auch in den Medien gelesen und war über das asoziale Verhalten dieser Schläger total entsetzt!!

Ich möchte diesbezüglich auch was von meiner Erfahrung beisteuern. Ich ging ja mit einer Überweisung meiner Gyn ins KH, das zufällig zertifiziert ist, und sollte was abklären lassen. Die Gyn sagte zu mir nix, was sie im US sah. Der US wurde dann auch im KH gemacht und mir wurde geraten, zur genauen Abklärung eine Biopsie machen zu lassen. Gesagt, getan und in einer Woche sollte ich zur Besprechung kommen. Ich hatte keine Ahnung von EK, war nie hier im Forum usw.

Jetzt kommt der Vorfall, warum ich hier darüber schreibe. Dieser unglaublich nette Oberarzt nahm ein Blatt Papier und zeichnete mein Becken auf. Hier wäre ein Tumor am Eileiter und ansonsten kritzelte er durchgehend Pünktchen. Er sagte, „da müsse er nochmal ran“ und dabei aber mich diesmal aufschneiden. Ich sagte spontan wortwörtlich, „und wenn ich das nicht möchte“.... Da senkte er nur den Kopf und sagte nix.

Ich habe eigentlich damals noch nicht die Schwere meiner Erkrankung begriffen. Ich war in Gedanken bei meinem Hund, der in der Nacht davor geboren wurde!!! Das werden jetzt viele nicht verstehen, aber nur das war mir wichtig! Ich will nicht ausholen, aber ich musste meine Hündin vor mehr als 10 Jahren mit 17 Jahren einschläfern lassen. Das habe ich nie verwunden. Der Verstand sagte mir, dass ihre Zeit zu Ende war, aber mein Schmerz wurde dadurch nicht erträglicher. Als ich nach etlichen Jahren endlich wieder dazu bereit war, mir einen Hund anzuschaffen, habe ich mehr als ein Jahr gesucht und nie den passenden Hund gefunden. Jetzt hatte ich ihn gefunden, war beim Züchter mehrmals auf Besuch etc. Das war meine Vorstellung von einem erfüllten Leben, denn ohne Hund war mein Leben einfach nicht lebenswert.

Ich sagte zu dem wirklich sehr netten Oberarzt (es war übrigens ein Grieche!), schauen Sie, gestern ist mein bestellter Hund auf die Welt gekommen, den ich in 3 Monaten abholen kann. Nun darf ich feststellen, dass es das mit mir jetzt war. Ich hatte nämlich das Bild meiner viel zu früh an Krebs verstorbenen Mutter vor Augen.
Ich versuchte meine Fassung nicht zu verlieren, stand auf und sagte zu ihm, dass ich den Hund jetzt natürlich nicht holen werde, aber auch nicht zur OP kommen werde, egal was wird.

Da kam schon wieder die Schwester rein und sagte zum Doc, dass er dringendst gebraucht würde. Er sagte, geht nicht, hier werde ich auch dringendst gebraucht. Zu mir sagte er, dass er nicht locker lassen würde, wenn ich nicht komme. Ich darf mein Leben nicht wegwerfen!!!!
„Ich operiere sie (das war im Juni 2010) und spätestens im August sind sie wieder auf den Beinen und da wird es für Sie ganz wichtig sein, dass sie einen Lebensinhalt haben. Sie werden den Hund nicht absagen!!!“
Seine Überredungskünste haben mich letztendlich dazu bewogen, zur OP anzutreten. Damals wusste ich noch nicht, dass er mich quasi „angelogen“ hat bzw. zu einer Notlüge gegriffen hat. Aber ich bin ihm unendlich dankbar dafür!!!!!!!

In der Nacht habe ich trotz des Rates des Arztes, den Hund in 3 Monaten zu holen, eine E-Mail an das Züchterehepaar geschrieben (Familienzucht) und sie davon unterrichtet, dass ich den Hund nicht in 3 Monaten holen kann und sie sich sofort um einen anderen Platz kümmern sollen. Sie waren sehr nett, luden mich ein, sie immer wieder zu besuchen, auch wenn ich keinen Hund von ihnen abkaufe. Das war sehr tröstlich für mich. Ich wusste nämlich instinktiv damals schon, dass ich nie mehr die Verantwortung für einen Hund übernehmen kann. Meine 2 Vögel reichen ja auch völlig, aber das ist ja nicht mit dem Aufwand für einen Hund vergleichbar.

Im August war ich jedenfalls noch nicht zu Hause, die Ärzte waren froh, dass ich aufgrund der langen OP im Juni 2010 keinen Herzinfarkt hatte, aber aufgrund sonstiger Probleme (nicht „Problemchen“) in ein anderes KH verlegt werden musste. Im November kam dann die Sepsis dazu, die ich wie durch ein Wunder auch überlebt habe. Also, es wurde jedenfalls viel länger als die 3 Monate, die vom lieben Oberarzt gütig vorausgesagt wurden, bis ich einigermaßen wieder auf die Beine kam. Im Februar 2011 war ich erst wieder zu Hause und meine Vögel mussten 8 Monate (!) in der Pflegestelle ausharren.....

Ich hatte aber all die Monate genügend Zeit, mich mit dieser Krankheit auseinanderzusetzen, sie zu verarbeiten. Wenn mir gleich zu Beginn die volle „Wahrheit“ vor den Kopf geknallt worden wäre, ich glaube, ich hätte es nicht verkraftet.

Liebe Grüße
Christine

Geändert von Maxi3 (06.10.2014 um 06:43 Uhr) Grund: Ergänzung
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  #2  
Alt 06.10.2014, 12:35
ulrikes ulrikes ist offline
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Standard AW: Wahrheit

Hallo Christine,
das mit Wahrheit bei unserer Erkrankung ist ein schwieriges Thema und zwar weil zum einen keiner (egal, ob Arzt oder nicht) mit Sicherheit weiß, wie es weiter gehen wird und zum anderen sind es auch meistens zwei Personen (Arzt und Patient), die sich nicht kennen und nicht wissen, was wer wie verträgt bzw. ob der Arzt eher optimistisch oder pessimistisch veranlagt ist.
An die Wahrheit von Prognosen glaub ich schon länger nicht mehr. Was mir bei Arztgesprächen mehr bedeutet ist, ob ich den Eindruck habe, dass der Arzt mir zuhört und mich nicht nur als "Eierstockkrebs " wahr nimmt. Zum Glück habe ich da mittlerweile 2 Ärzte,denen ich auch gerade heraus sagen kann : "Heute sind auch die miesen Details der Krankheit o.k." oder auch manchmal "brauche Hoffnungs-Funken, also bitte nicht die ganze brutale Wahrheit". Die grinsen dann freundlich und passen ihre Aussagen entsprechend an, denn auch ich habe gute und schlechte Tage, aber mal so eben im Vorbeigehen "bad news" um die Ohren klatschen, geht gar nicht.
Wünsche euch allen einen schönen Tag
Ulrike
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  #3  
Alt 06.10.2014, 13:36
Benutzerbild von wolfsherz10
wolfsherz10 wolfsherz10 ist offline
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Standard AW: Wahrheit

Hallo,

auch ich möchte was zum Thema beitragen. Bei mir wurden die "bad news"
tatsächlich im Vorbeigehen um die Ohren gehauen. Es war ein Zufallsbefund der bei der Gallenblasen-OP gefunden wurde. Es wurde mir bei der Visite am übernächsten Tag sehr beiläufig mitgeteilt. Hat zunächst zu Widerstand bei mir geführt. Der Stationsarzt war aber sehr gut und konnte mir das Ganze plausibel erklären. Inzwischen ist auch schon die Chemo durch und ich werde wohl bald wieder arbeiten. Ich bin zum Glück ein psychisch starker Mensch und will daher immer absolute Klarheit. Ungewissheit hindert mich an sinnvollen Entscheidungen und führt nur zu nutzlosen Grübeleien. Ich kann mir aber auch vorstellen dass sensiblere Menschen in tiefe "Löcher" stürzen wenn sie derart hart getroffen werden und im Verlauf von so schwerwiegenden Krankheiten nicht immer alles wissen möchten. Deshalb bin ich der Meihnung, daß man den Ärzten und auch anderen immer klar sagen sollte was man will. Manchmal haben diese dann das Problem dass sie Angst haben, man könnte sich was antun. Deshalb kann ich auch die Vorsicht der Ärzte verstehen, denn sie kennen ja den Einzelnen nicht. Ich bin mit meinen klaren Ansagen bisher auch gut "gefahren". Die Wahrheit ist oft nur schwer zu akzeptieren, aber Unwissenheit lähmt. LG wolfsherz
__________________
Ich habe eine Chance, ich werde sie nutzen. What else?!
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  #4  
Alt 06.10.2014, 13:51
gilda2007 gilda2007 ist offline
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Standard AW: Wahrheit

Das mit dem "klar sagen, was man will" ist aber auch so eine Sache ... das setzt ja voraus, dass der Patient weiß, was er will. In so einer Ausnahmesituation ist das auch nicht unbedingt jedem gegeben.

Und "nebenher": Wie genau muss man sich das vorstellen? Im Vorbeigehen? In einem Nebensatz?

Ich merkte, als Betroffene und Angehörige, dass man Dinge selbst ganz anders wahrnimmt. Schwieriges Thema ...
__________________
lg
gilda
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  #5  
Alt 06.10.2014, 14:05
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wolfsherz10 wolfsherz10 ist offline
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Standard AW: Wahrheit

@ gilda,

Stimmt es war im Nebensatz bei der Visite. Visite ist ja meist nur eine sehr kurze Alibiveranstaltung. Arztserien und Realität haben nunmal nichts gemeinsam. Es war auch längst nicht mein erster Klinikaufenthalt, aber die Visiten waren überall fast gleich jedenfalls immer sehr kurz (1-1,5 Minuten pro Patient). Ich gebe dir Recht, der Patient sollte sich auf jeden Fall über sein wollen im Klaren sein. LG wolfsherz
__________________
Ich habe eine Chance, ich werde sie nutzen. What else?!
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  #6  
Alt 06.10.2014, 14:51
Benutzerbild von Tündel
Tündel Tündel ist offline
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Beiträge: 877
Standard AW: Wahrheit

Aaaaaalsoooooo,

mir hat man ja bekanntlich die Wahrheit auch seeeeeehr nett um die Ohren geklatscht:

1. Abends nach nem Untersuchungsmarathon mit Röntgen, Ultraschall, Ct und Lungenpunktion:
"Sie wissen ja, was Sie haben: 1.ne Lungenembolie rechts, die linke Lunge warum auch immer voll Blut, nen riesigen Harnleiterstein links....." Kunstpause "Uuuuuuund, Sie werdens ja schon geahnt haben, sonst wären Sie ja früher gekommen ( Häääää????) einen Tumor im kleinen Becken! Aber das kriegen wir schon...."

2. Am nächsten Tag dann: "Sie wissen ja, der Tumor ist inoperabel, unheilbar, aber behandelbar!"
Auf die Frage, wie lange ich noch hätte, kam: "Ahja, ein paar Monate schon!"
explodier! werf mit was! wüüüüüt!
Ich hab mit Dingen geworfen, ich war doch nicht krank! Iiiiich doch nicht!
Aus den seligen Tavorträumen, mit denen man mich wegbeamte, bin ich dann mit einem "Neeeeeee, Burschi, mich kriegst du nicht!" aufgewacht. Und dann saß eine aufgeputzte ältere Dame an meinem Betti: "Grüß Gott, ich bin die Frau XY und komme vom deutschen Hospizverband!"
Aaaaaaah!

Die Ärmste fragt sich vermutlich heute noch, warum diese Patientin so explodiert ist und lauthals geschrien hat, die Dame solle sich gaaaaanz schnell schleichen!

Und dann hab ich mich zum Professor verlegen lassen und bin nach der Entlassung so schnell wie möglich nach Berlin gefahren! Da hörte sich die ja sicherlich genauso miese Prognose doch viel besser an! "Ich kann Sie operieren, ich kann aber nicht garantieren, dass ich alles kriege, Sie haben eine Chance, aber Genaueres nach der Obduktion - äääh Operation!"

Klare Worte, aber doch anders gesagt, hören sich oft freundlicher und Mut machender an! Sollten Docs vielleicht auch in der Ausbildung lernen!

Hätte ich nicht so gute Freunde und Kollegen und euch gehabt, die mich gehalten und aufgefangen haben, dann wäre ich vermutlich aus dem Fenster gehupft! Auch Super-Urodoc hat da seinen Anteil dran, der einzige, der mich aufgebaut hat! Daaaaanke!

Manchmal sind es nur Kleinigkeiten, eine etwas andere Wortwahl, ein anderer Tonfall, die den Unterschied machen!
__________________
Tündel

Das Leben ist halt lebensgefährlich!!!

Geändert von Tündel (06.10.2014 um 14:54 Uhr)
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