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  #1  
Alt 03.03.2004, 14:24
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Standard Schwiegermutter im Endstadium, Gefühle sortieren

Hallo zusammen,

bin eben eher zufällig auf dieses offenbar ganz gut laufende Forum gestoßen und hoffe, dass ihr mir ein wenig beim Sortieren meiner Gefühle und Gedanken helfen könnt.

Schwiegermutter ist Mitte 70, deutlich dement und hatte vor zwei Jahren ein Karzinom im Vaginalbereich, das operiert und dann auch bestrahlt wurde. Seit der Zeit hat sie in Bezug auf Demenz und allgemeinen körperlichen Zustand ständig abgebaut (aß und trank zum Schluss nur noch, wenn man dabei blieb) und vor einigen Wochen wurde ein Rezidiv festgestellt, welches zunächst operiert werden sollte. Dann überschlugen sich die Ereignisse mit drohendem Nierenversagen (unklar ob durch neues Karzinom oder als Folge der Bestrahlung), welches durch Einlagen in den Harnleitern mit mäßigem Erfolg in den Griff zu bekommen war, dann nach KH-Entlassung mit massiven Bauchschmerzen, die zur erneuten Einweisung mit Not-OP, Anus Praeter und der Diagnose inoperabler diffuser Karzinomsituation im gesamten Unterbauch führte. Seit gestern haben wir die Prognose "Wochen bis wenige Monate" und Freitag steht KH-Entlassung nach Hause an.

Meine Frau ist aufgrund frühen Verlustes des Vaters offenbar nie über eine kindliche Mutterliebe hinausgekommen und hat schon in den letzten beiden Jahren alles daran gesetzt "Hauptsache Mutter ist zuhause und lebt möglichst lange", ich müsste hinzufügen "egal wie".

Seit dem ersten Krebsbefund dreht sich alles nur noch um die Mutter, wir haben überhaupt kein Privatleben mehr, Urlaube werden hinter meinem Rücken gestrichen, ... Die so gewonnene Zeit wird in eine unglaublich schlechte Minimalpflege investiert, die zwar sicher von ganz viel Liebe, aber dafür um so weniger Sachverstand getrieben ist und dem tatsächlichen Pflegebedarf in keinster Weise gerecht wird. Ich unterstütze meine Frau zwar wo es geht, aber da wir beide nicht gerade eine 40-Stundenwoche haben (meine Frau hat ein öffentliches Amt mit vielen Abend- und Wochenendterminen, ich bin Freiberufler), reicht es wirklich nur für wenige Minuten am Tag und von regelmäßiger Körperpflege bei Schwiegermutter etc. kann überhaupt keine Rede sein. In letzter Zeit wurde dann eben noch früher aufgestanden, um ihr eine Scheibe Brot und einen Becher Fresubin zu verabreichen, mittags noch als zusätzlicher Stress ein Weg nach Hause eingeschoben um noch mal einen Becher zu verabreichen, Abends nach der letzten Sitzung dito und dann schnell ins Bett, weil es ja am nächsten Tag wieder weitergeht. Alle Versuche, ob mit Hinweis auf fehlendes Privatleben oder mangelhafte Versorgung von Schwiegermutter mal das Thema Pflegedienst, Tagespflege, Heimunterbrechung anzusprechen werden höchst agressiv zurückgewiesen, und erst unmittelbar vor dem Nierenversagen hatte ich selbst dann einen Termin mit einem Arzt vereinbart, dem ich alles berichtet habe, und der dann Schwiegermutter sofort an eine Infusion gehängt hat (dafür kam dann jetzt genau eine Woche lang ein Pflegedienst), meiner Frau den Kopf gewaschen hat, ...
Trotzdem liegt der Antrag auf Pflegeleistung (obwohl von mir bereits vorausgefüllt) immer noch auf dem Schreibtisch, und nachdem es in den letzten Wochen teilweise wirklich auf Messers Schneide stand und wir schon viel getrauert haben, ist meine Frau jetzt (in Kenntnis der Prognose) wieder ganz obenauf und freut sich einfach, dass es ihrer Mutter "wieder besser" geht und sie Freitag nach Hause kommen soll.
Vorgestern gab es mal wieder einen Riesenstreit, weil ich erneut den Komplex Privatleben/Unterversorgung angeschnitten habe und ihr ein wenig die Flausen über den weiteren Lauf der Dinge ausgetrieben habe und ganz deutlich gesagt habe, dass wir in der Endphase Schwiegermutter einfach jetzt nicht mehr halbe bis ganze Tage werden allein lassen können und das ein Pflegedienst, der maximal dreimal am Tag kurz reinschaut auch für einen totkranken Menschen keine ausreichende Versorgung ist und es nicht damit getan ist, Mutters Bett anders hin zu stellen, damit man besser an sie ran kommt. Wie sich die Situation einer stundenlang allein gelassenen Demenzkranken mit Anus Praeter im Endstadium ihres Krebsleidens hier in den nächsten Wochen entwickeln wird, wage ich mir gar nicht auszumalen.

Alle Freunde, Bekannte und fachlich Qualifizierte geben mir doppelt Recht damit, dass meine Frau sich so an ihrer Mutter versündigt und unsere Ehe gleichzeitig auch noch ruiniert, aber sie reagiert auf entsprechende Hinweise Dritter immer nur pberflächlich einsichtig (damit man sie in Ruhe lässt), handelt aber weiterhin vollkommen uneinsichtig. Ich möchte ihr natürlich einerseits so weit es geht helfen, kann aber andererseits auch die Verantwortung für dieses Handeln nicht übernehmen (insbesondere in der Zeit in der ich alleine mit Schwiegermutter im Haus bin, aber eben nicht zur Pflege, sondern weil ich mein Büro in einem weit entfernten Teil des Hauses habe) und merke auch, dass ich nach zwei Jahren "Vernachlässigung" auch langsam vor die Hunde gehe. Und wenn mir dann beim Anschneiden des Themas immer nur eigennützige Motive vorgeworfen werden, hebt das meine Stimmung auch nicht gerade. Bin ich wirklich zu egoistisch, wenn ich sehe, dass eine der Situation angemessene professionelle Pflege für Schwiegermutter auch für unser Privatleben entlastend wäre?

Gruß

Christian
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  #2  
Alt 03.03.2004, 16:12
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Standard Schwiegermutter im Endstadium, Gefühle sortieren

Hallo Christian,

Ob ich Dir beim Sortieren Deiner Gedanken/Gefühle helfen kann, das weiß ich nicht. Aber ich möchte Dir trotzdem auf einige Deiner Fragen antworten, welche man oft weder mit einem klaren Ja oder Nein beantworten kann.

Du bist nicht egoistisch, wenn Du Anspruch auf ein Privatleben hast. Doch gerade in der kommenden Situation, wirst Du damit keinen Erfolg haben. Deine Frau sieht "ihre" Aufgabe im Moment aus anderen Blickwinkeln, wobei ihr wahrscheinlich auch klar ist, daß es ein Festhalten ist, wo man nicht mehr festhalten kann. Doch sie kann es nicht umsetzen.
Aus meiner Begleitungserfahrung kann ich nur sagen, es wird eine harte Zeit auf Euch zukommen, denn, wie Du den Zustand Deiner Schwiegermutter beschreibst, wird sie rund um die Uhr Hilfe benötigen. Eine Person alleine kann das nicht. Ein kurzer Besuch vom Pflegedienst, wie waschen, Wunden und Stoma versorgen reicht da nicht aus.
Könntest Du Deine Frau überzeugen, daß Ihre Mutter nichts von ihr hat, wenn sie sich jetzt schon damit am Rande ihrer Kräfte bewegt? Daß dann eventuell die Mutter außer Haus gehen muß für ihre letzte Zeit?

Ich weiß, Du bist ebenso am Ende Deines Lateins, aber versuche die Zeit, die noch gegeben ist, mit Rücksicht anzugehen. Es ist nicht leicht, wenn die Partnerin so in ihren Gedanken gefangen ist. Versuche Dir vorzustellen, daß diese harten Jahre auch vorüber gehen werden und für Euch dann Türe und Tore für die erneute Zweisamkeit geöffnet sein könnten.
Christian, auch ich habe meinen Mann vernachläßigt, während wir nacheinander meine Eltern begleiteten, er stand an meiner Seite wo er nur konnte. Oft habe ich seine traurigen Augen gesehen, konnte rationell verstehen, aber emotionell nicht danach handeln.

Ich wünsche Dir das kleine Quentchen Kraft aufzubringen, das Du jetzt noch benötigst. Spreche auch immer wieder mit dem Arzt Deiner Schwiegermutter, daß er Deiner Frau klipp und klar sagt, daß sie sich mehr damit schadet, und im Besonderen der Mutter, wenn sie keine externe Hilfe zuläßt. Daß sie damit eigensüchtig handelt, und der Mutter nicht das zukommen läßt, was sie in den letzten Wochen/Monate so dringend braucht.

Würde mich freuen, wenn Du auch weiterhin Deine Gedanken hier mit uns teilst. Hört sich schwach an, aber geteiltes Leid und ein wenig den Druck rauszulassen, kann schon enorm viel helfen.

liebe Grüße
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  #3  
Alt 03.03.2004, 16:45
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Standard Schwiegermutter im Endstadium, Gefühle sortieren

Hallo Christian,
deine Überschrift "sortieren der Gedanken" trifft es gut.
Wir können dir hier nur Hilfestellung geben.
Dein Verhalten kann ich wirklich nicht egoistisch nennen, zumal du dir ja auch offensichtlich Sorgen um die Betreuung deine Schwiegermutter machst.Ich verstehe dich-und deine Frau. Sie möchte ALLES geben, ist aber in einer Situation, in der sie gar nicht meht rational denken kann.
Versuche du vielleicht, euer Problem anders zu verpacken. Frage sie, ob SIE sich in diesem Bett mit der jetzigen Pflege wohl fühlen würde. Sage ihr z. B. auch, dass du unsicher bist, wenn du mit der Schwiegermutter alleine bist.
Versuche erstmal deine Sätze und Wünsche neu zu formulieren ( nicht:du bist, du machst etc )und parallel dazu auch, wie Jutta schon schreibt, durch den zuständigen Arzt an ihr Gewissen zu apellieren.

Ich war in einer ähnlichen Sitation, wollte auch für meine Mutter alles gegeben, hatte in dieser Zeit auch wenig Verständnis für meinen Mann.

Ich wünsche dir bzw. euch alles Gute und lass vielleicht auch hier deinen Dampf ab, es hilft ungemein
Liebe Grüße Tanja
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  #4  
Alt 03.03.2004, 18:10
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Hallo Christian,
auch ich hatte überlegt, meinen Freund im Endstadium nach Hause zu holen. Alle rieten ab, obwohl es hier einen sogenannten Hospitz Pflegedienst gibt.

"Was machst Du, wenn er einen Schmerzanfall bekommt?" Ich, Du, Ihr dürft kein Morphium spritzen...

Wir hatten dann einen Hospitzplatz bekommen... Es soll dort "wohnlicher" als im Krankenhaus sein, außerdem kann immer jemand dort bleiben.

Leider haben wir damals den Platz nicht mehr benötigt...

Ich hoffe, dass Deine Frau verstehen wird, dass man leider irgendwann loslassen muss... Sie hilft ihrer Mutter sehr viel mehr, wenn die Mutter richtig gepflegt wird. Und im Hospitz sind die Personalschlüssel viel besser. Gibt es in dem Krankenhaus kein Sozialdienst????????

Ich hatte es geschafft. Es ist sehr schwer einen Sterbenen gehen zu lassen, es hat mir aber total geholfen, dass wir uns verabschiedet hatten... Jetzt nach dem Tod...

Ich hoffe, dass Du das irgendwie hinbekommen kannst!

Gruß

Götz
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  #5  
Alt 04.03.2004, 13:43
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Standard Schwiegermutter im Endstadium, Gefühle sortieren

Hallo zusammen,

Danke für Eure Antworten. Morgen ist es soweit und die Luft wird immer dünner. Ich habe gestern noch mal nach Rücksprache mit einer Fachfrau ganz vorsichtig das Thema Versorgung darüber angesprochen, dass ich nach einiger Webrecherche nun etwas schlauer bin, wie die Sache enden wird. Demnach sieht es ja wohl so aus, dass einerseits ein sanfter, schleichender Tod durch Nieren- oder Leberversagen eintreten kann (hierfür können wir nur beten) oder aber auch ein erneuter Darmdurchbruch mit Sepsis o.ä. hässliche Dinge passieren können, die dann ganz plötzlich und ohne Vorwarnung mit großen Schmerzen einhergehen.

Ich habe meine Frau dann gefragt, ob sie damit leben könne, wenn ihre Mutter in einer solchen Situation dann für Stunden ganz alleine im Haus wäre (da wir beide arbeiten und der Pflegedienst gerade durch ist). Für mich habe ich es ausgeschlossen diese Verantwortung ihrer Mutter gegenüber zu tragen, und dass ich dies auch als Betroffener nicht wollen würde. Ich habe sie dann auch ganz konkret gefragt, ob sie als Betroffene in einer solchen Pflegesituation leben könnte, bekam aber keine Antwort.

Als vermittelnde Lösung zwischen Unterversorgung zu Hause und stationärer Pflege z.B. in einem Hospiz habe ich dann noch einmal das Thema Tagespflege angesprochen. Ich wurde gleich wieder abgebügelt, dass sie diesen Stress ihrer Mutter in den letzten Wochen nicht mehr zumuten wolle und bekam dann den Auftrag den Telefonanschluss in Mutters Wohnung ins Schlafzimmer zu verlegen. Sie wolle dann jetzt stündlich anrufen (wie sie das als Leiterin einer großen Behörde die selbst ich oft den ganzen Tag nicht erreichen kann, schaffen will, ist mir ein Rätsel). Im Übrigen müsse man darüber ja nicht ausgerechnet heute abend diskutieren (wann dann?), sie sei gerade so happy, dass Mutter wieder nach Hause käme.

Zum Glück kommt morgen auch noch mal der Hausarzt vorbei und wird ihr hoffentlich noch mal den Kopf gerade rücken. Ansonsten spüre ich, wie sich mir stündlich der Hals mehr zuzieht. Werde mich jetzt noch mal bzgl. Tagespflege umhören und sehen, ob es nicht auch Angebote gibt, bei denen es nicht so früh losgeht, Hauptgegenargument war nämlich, dass ihre Mutter ja so gerne lang schlafe und man ihr jetzt nicht in den letzten Wochen noch zumuten könne, dann regelmäßig früh aufstehen zu müssen.

Das Thema Privatleben habe ich übrigens eigentlich hauptsächlich deshalb mit in die Problematik eingeführt, weil es natürlich offensichtlich ist, dass eine bessere, anderweitige Pflege für mich/uns eben auch das Privatleben verbessern würde und ich mir von meiner Frau oft genug anhören musste, dass mein Interesse sich ohnehin ausschließlich hierauf richten würde. Selbstverständlich sehe ich auch diesen Vorteil, betrachte ihn aber eher als nicht gerade unerwünschten Nebeneffekt. Im Kern geht es mir wirklich gerade in diesen Tagen vor allem um die Frage einer angemessenen Versorgung von Schwiegermutter, bei der ich mich nicht mit Gedanken über "unterlassene Hilfeleistung" zusätzlich belasten muss.

Gruß

Christian
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  #6  
Alt 04.03.2004, 14:34
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Hallo Christian,

Ich hoffe sehr, daß Dir der Hausarzt ordentlich zur Seite steht. Denn er muß entscheiden, ob seine Patienten eine angemessene Pflege erhält. Würde er das nicht tun, wäre es unterlassene Hilfeleistung. Er darf sich nicht auf "Zwischenlösungen" oder Halbheiten einlassen.

liebe Grüße
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  #7  
Alt 11.03.2004, 11:59
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nun ist es also soweit. Seit letztem Freitag ist absoluter Ausnahmezustand und es wird von Tag zu Tag schlimmer. Klar, der Pflegedienst kommt zwei- bis dreimal täglich, aber dazwischen sind eben doch genug Pausen und nach dem letzten Termin kommt natürlich auch die Nacht. In der ersten Nacht hatten wir plötzlich Besuch im Schlafzimmer (unsere Wohnungstür hat eine Klinke von außen und ist bislang noch nie abgeschlossen gewesen). Meine Frau hat ihre Mutter dann wieder ins Bett gebracht und dabei festgestellt, dass der Stomabeutel trotz Pflegedienst vor wenigen Stunden schon wieder gefüllt war und gewechselt werden musste. Kam dann eine halbe Stunde später wieder ins Bett und war am nächsten Morgen natürlich ganz shcön durch den Wind. Zum Glück war Wochenende und es gab keine offiziellen Termine. Über die letzten Tage wurde dann nach Schmerzen im Bauch mit einer Pflaster-Therapie begonnen, die jetzt zu ständiger Übelkeit und Erbrechen führt. Sie bekommt hiergegen zwar jetzt zusätzliche Medikamente, aber sie liegt momentan trotzdem nur noch apathisch im Bett mit dem Eimer nebenan und seit gestern einem Tropf.

Wenn sich an diesem Zustand nicht bald etwas ändert, wird es sicher nicht mehr lange dauern, aber ertragen kann ich dies trotzdem kaum. Insbesondere weil meine Frau immer noch auch bei längerfristigen Planungen mit absoluter Sicherheit und Selbstverständlichleit davon ausgeht, dass ihre Mutter hierbei zu berücksichtigen ist. Sie schafft es offenbar trotz des sich ihr täglich bietenden Bildes immer noch nicht, Abschied zu nehmen und sich auf den bevorstehenden Tod ihrer Mutter seelisch vorzubereiten.

Vorgestern war (von mir organisiert) unser Gemeindepastor da, mit dem wir beide eng befreundet sind, aber leider hatten wir kaum Zeit für ein Gespräch ohne Schwiegermutter. Dies fand dann leider im Treppenhaus auf dem Weg nach draußen statt. Er fand eigentlich ganz gute Worte für meine Frau, aber nachdem er gegangen war, verschwand sie zunächst auf der Toilette und dann sofort wieder zu Schwiegermutter und kam erst nach einer Stunde wieder zurück und tat so, als ob nichts gewesen sei. Als ich sie dann hierauf ansprach, war sie wieder vollkommen sachlich, objektiv, aber natürlich nur wieder, um das leidige Thema abzukürzen. Ich kann sie natürlich auch nicht ständig hierzu bearbeiten, denke aber, sie wird den Abschied so noch viel schlimmer erleben, als wenn sie sich damit einmal richtig auseinandersetzen würde.

Mal sehen, unser Pastor will jetzt für uns Mitarbeiterinnen des Hospizdienstes organisieren, die einerseits die Zeiten der Betreuung überbrücken sollen, wenn weder wir noch Pflegedienst im Haus ist, und andererseits sicher auch für uns Ansprechpartner sein sollen. Vielleicht finden die einen besseren Zugang.

Danke für die Unterstützung

Christian
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  #8  
Alt 11.03.2004, 12:18
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Hallo Christian,
schade, dass der Pastor keine Zeit für Euch hatte!

Ich denke, Ihr seid zurzeit die wichtigsten Personen, die das Chaos, seelisch wie auch organisatorisch, irgendwie in den Griff bekommen müssen.

Weiterhin wünsche ich Euch viel viel Kraft, das braucht Ihr!

Kann sich Deine Frau nicht beurlauben lassen für ein paar Wochen????

Gruß

Götz
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  #9  
Alt 11.03.2004, 18:54
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Hallo Christian,

Ich bin froh zu lesen, daß sich der Pastor um weitere Unterstützung für Euch umsieht. Wünsche mir für Euch, daß daraus etwas Ruhe und ebenso gute Gespräche entstehen werden. Die Begleiter des Hospizdienstes sind ja nicht nur zur sogenannten Sitzwache, sondern auch für anstehende oder erwünschte Gespräche ausgebildet. Vielleicht findet von ihnen eine Person mehr Zugang zu Deiner Frau.

Auch ich wünsche Euch weiterhin sehr viel Kraft, Christian, ein Mensch ist sich manches Mal garnicht im Klaren, wie ungeheur groß diese sein kann.

liebe Grüße
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  #10  
Alt 12.03.2004, 10:02
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Die Vorschreiber haben eigentlich schon alles gesagt.
Nochmal explicit zu Deiner Frau: Sie hat von mehreren Seiten jetzt die "Wahrheit" gehört. Daß sie diese anscheinend komplett verdrängt, liegt in der menschlichen Natur. Jeder geht mit Katastrophen anders um. Du augenscheinlich eher rational, sie eher verdrängend. Vielleicht wäre sie sonst gar nicht in der Lage, etwas zu tun, ihrem Beruf und ähnlichen Dingen nachzugehen.
Daß sie jedes Gespräch darüber abblockt, zeigt das ja deutlich.
Vielleicht möchte sie sich einfach gar nicht mit dem Gedanken befassen, daß es zu Ende gehen könnte. Idealerweise wünscht man sich ja ein intensives Gespräch aller Angehörigen, das Für und Wider wird abgewogen, jeder sagt offen und ehrlich, was er denkt - und gemeinsam wird die bestmögliche Lösung getroffen. Die Tränen fließen, aber alle ziehen an einem Strang.
Leider sieht die Realität anders aus. Ein dichtes Geflecht aus Abhängigkeiten, Schuldgefühlen, Halbwahrheiten, Angst, Verdrängung und Liebe!!!!! umfängt alle, die mit dem Patienten verbunden sind.
Wenn ich an Deiner Stelle wäre, würde ich wie Du es schon machst, die Sorge um eine angemessene pflegerische Betreuung in den Vordergrund stellen. Und die Sorge um den gesundheitlichen Zustand Deiner Frau, die ja zur Zeit auf vielen Hochzeiten tanzt.Wie lange will sie das aushalten?
Wenn sich eine Beurlaubung im Beruf nicht machen läßt, sollten die Ehrenämter eben vorübergehend eingestellt werden.

Eine gute Freundin von mir hat metastasierenden Brustkrebs, noch ist sie zu hause und wird von ihrer Familie liebevoll umsorgt. Alle wissen, wie es um sie steht, sie selber ist ziemlich deprimiert, verdrängt vieles, hält sich wacker. Aber man muß jedes Wort auf die Goldwaage legen. Sie hat Schmerzen, sie ist viel allein. Da sie lange Jahre als Krankenschwester gearbeitet hat, kann man ihr mit Morphintabletten, ambulantem Hospizdienst u.ä. nicht kommen. Sie würde uns ins Gesicht springen.
Das nur zu meinem Background-- Dein Dilemma zwischen helfen-wollen und nichts-tun-können/sollen kann ich gut verstehen.
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  #11  
Alt 19.03.2004, 13:32
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Hallo nochmal,

Danke für die zwischenzeitlichen neuen Beiträge. Zu Götz: Es ist nicht so, dass der Pastor keine Zeit für uns hätte, ganz im Gegenteil, er ist immer für uns ansprechbar und versucht zu helfen wo er kann. An besagtem Tag mangelte es einfach rein praktisch an einer Gesprächsgelegenheit ohne Schwiegermutter, bzw. meine Frau hat mal wieder dafür gesorgt, dass eine passende Situation erst gar nicht entstehen konnte.

Zwischenzeitlich bekomme ich von allen Seiten ganz massiv zu hören, wie schlecht meine Frau aussieht und alle haben die Befürchtung, dass sie selbst bald flach liegen wird, wenn sie nicht ganz dringend mal an sich selbst denkt. Vor ein paar Tagen wollte sie sogar von mir ins Büro gefahren werden, weil sie sich selbst hierzu nicht in der Lage sah, und gestern und heute geht es ihr rundrum körperlich so richtig schlecht und ich musste sie eben aus dem Büro abholen. Aber nicht um dann den Rest des Tages mal Pause zu machen, sondern um sich nach einer Stunde wieder zur nächsten Veranstaltung abholen zu lassen. Es soll dann den Rest des Tages mir drei weiteren Veranstaltungen weitergehen und ich habe ganz konkrete Angst, dass ich heute noch einen Anruf bekomme, dass sie sich irgendwo langgelegt hat.

Jedes Ansprechen auf das Thema Urlaub wird mal wieder mit ausweichenden Planungen für den St. Nimmerleinstag begegnet und ich bekomme dann zu hören, dass Wegfahren ja auch nur Stress bedeuten würde und sie ja mal wieder in einer Woche einen Tag frei hätte. Wobei wir hier nicht von Arbeitstagen, sondern Wochentagen sprechen, denn selbst die Wochenenden sind momentan ständig dicht. Morgen ist ein "freier Tag", aber da ich auswärts unterwegs bin, weiß ich natürlich ganz genau, dass sie sich dann wieder nicht erholen, sondern den ganze Tag rumhamstern wird. Sonntag hat sie dann schon wieder drei Termine, ...
Einerseits will ich ihr natürlich das Leben nicht noch zusätzlich schwer machen, aber tatenlos zusehen, wie sie sich vollkommen ruiniert, kann ich auch nicht. Und da ja auch eigene Arzttermine schon seit Wochen von ihr für unmöglich erklärt werden, sind meine Sorgen zu ihrer Gesundheit sicher auch nicht ganz von der Hand zu weisen.

Heute stehe ich mal wieder so richtig mit dem Rücken an der Wand. Muss ich wirklich warten, bis meine Frau mit den Notarztwagen ins Krankenhaus kommt?

Gruß Christian
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  #12  
Alt 22.03.2004, 12:56
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Hallo Christian,
Deine Schwiegermutter hat doch sicherlich einen Hausarzt, der zu Besuch kommt, oder????

Spreche mit dem doch mal über Deine Frau und dass er sie mal ansprechen solle...

Natürlich, ohne, dass er sagt, dass Du da Deine Hand im Spiel hast...

Viel Erfolg!!!!

Götz
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  #13  
Alt 25.03.2004, 17:30
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Hallo Christian,

Wie geht es Euch inzwischen?
Kann es sein, daß Deine Frau sich auch bewußt so viel aufhalst, damit sie sich nicht wirklich mit dem Abschied nehmen auseinandersetzen muß? Sie mit all ihrer Geschäftigkeit ihre Angst um den Verlust so stark unterdrückt?

Ich wünsche Dir, daß Du ein kleines Stück weitergekommen bist. Bist Du bei demselben Hausarzt wie Deine Frau? Könntest Du mit ihm reden?

liebe Grüße
Jutta
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  #14  
Alt 09.04.2004, 20:11
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Hallo Christian,
habe gerade mal ein bisschen gelesen und mit Entsetzen festgestellt, dass ihr euch im absoluten Ausnahemzustand befindet.So kann es nicht weitergehen - irgendwann bleibt eure Beziehung auf der Strecke, ihr macht euch kaputt - das hat nichts mehr mit Elternliebe zu tun - ich liebe meinen Vater auch sehr.....
Habt ihr schon mal über einen Hospizplatz nachgedacht? Mein Vater (Lungenkrebs im Endstadium, 100% Pflegefall) ist seit letzten Dienstag dort-und ich kann nur sagen, er hat es wunderschön da. Nur 8 Gäste im Haus, pro Schicht mind. 2 Schwestern + 2 Nonnen, dazu noch weitere ehrenamtliche Helfer - es fehlt ihm an nichts..........und ich kann wann immer ich möchte bei ihm sein. Eine solche hervorragende Pflege und optimale Betreuung könnte ich nicht leisten, zumal ich auch Familie habe und einen Fulltime-Job dazu.Wenn du Fragen dazu hast - lass es mich wissen.

Alles Liebe und ein schönes Osterfest
Babs
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  #15  
Alt 09.04.2004, 22:30
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Jeder Fall hat zwei Seiten. Mit Liebe und Verständnis würde wahrscheinlich mehr erreicht werden, als nur auf (m)einer Meinung pochen.
Und das (Liebe u.Verständnis) fehlt hier vollkommen. Probleme ja, und eindeutig erkennbar, und aller Wahrscheinlichkeit auch ohne Mutter, deshalb auch keine Zweisamkeit/Einigkeit auf der ganzen Linie.
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