Krebs-Kompass-Forum seit 1997  


Zurück   Krebs-Kompass-Forum seit 1997 > Spezielle Nutzergruppen > Forum für Angehörige

Antwort
 
Themen-Optionen Ansicht
  #1  
Alt 06.02.2013, 12:40
Sheygetz Sheygetz ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 23.01.2013
Ort: Düsseldorf
Beiträge: 15
Standard Potentiell operabel--trotzdem verzichten?

Ein sicher eher philosophisches Thema, mich würde interessieren, wer vor dieser Abwägung stand und wie/ warum entschieden wurde.


Mein Vater ist zwar potentiell R0 resektabel--also ohne Tumorreste, und das wird sicher für manchen hier als der Super-Glücksfall erscheinen.

Aber
- wir wissen, daß als R0 geplante Whipples sich intraoperativ oft als R1 oder gar inoperabel herausstellen. Dann ist außer Bauchschnitt nix gewesen. Andererseits sind ca. 10% überflüssig, weil gutartig. Nun gut, daß könnte man durch eine Feinnadelbiopsie eingrenzen.
- er ist halt 80, matt, sehr wenig vital und ohne besonderen Lebensantrieb (Enkel, geplante Reisen, etc.). Er will nicht um jeden Preis noch länger leben. Wie übersteht so jemand eine der schwereren OPs plus noch die folgende Chemo?
- mental ist er nicht auf exotische, räumlich weit entfernte, experimentelle Alternativen oder so ansprechbar. Also für Onkolytische Viren an den Bodensee fahren (von Düsseldorf), oder Cybernknife, etc. Protonen scheinen wg der Kompression der Pfortader nicht geeignet.

Da halte ich einen Entscheid, nein danke, OP plus Chemo will ich nicht, für durchaus denkbar. Wobei abwarten, Tee trinken ja auch nicht gerade ein nettes Ende verspricht. Leider ist es schon schwierig, einen beratenden Arzt zu finden, der das auch "denken" kann. Die Chirurgen haben in der Regel nur schneiden im Sinn. Deshalb bin ich gespannt auf Eure Überlegungen und Erfahrungen.

Hendrik
Mit Zitat antworten
  #2  
Alt 06.02.2013, 12:55
cicabohna cicabohna ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 13.10.2012
Beiträge: 391
Standard AW: Potentiell operabel--trotzdem verzichten?

Hallo Hendrik

Ich bin in der umgekehrten Situation. Mein Mann ist betroffen und erst 30ig Jahre alt. Ich kann dir nur aus Erfahrung sagen: Mein Mann wurde gewhippelt, leider nur R1 (aber nur wenig in den Schnitträndern), hat sich relativ schnell erholt, aber 20 Kilo abgenommen! Vor seiner OP war er topfit! Er hat mit der Chemo Gemzar 3 Wochen nach OP begonnen. Was sicher sehr früh ist. Normal ist so nach 6 Wochen. Geplant sind mind. 6 Monate Chemo und er hatte noch Bestrahlung im Winter. Ohne Bestrahlung ist die Chemo recht gut auszuhalten. Aber mein Mann war topfit und jung! Ich konnte manchmal kaum zusehen wie es ihm nach OP ging. Und er hatte keine grossen postoperativen Probleme. Nur eine Entzündung beim Nahtrand, welcher wieder geöffnet werden musste und von innen nach aussen zuwachsen musste, um eine erneute innere Entzündung zu vermeiden.
Also...ich kann dich sehr gut verstehen, wenn du das alles deinem 80ig jährigen Vater nicht zumuten möchtest. Ich bin ehrlich, es ist heftig. Du kannst aber überall nachlesen, dass die OPVariante nicht vom Alter abhängig gemacht werden soll. Aber sehr wohl vom Allgemeinzustand bei Erstdiagnose, wie Gewichtsverlust etc.
Schlussendlich muss dein Vater entscheiden, was er sich wünscht. Wenn er wirklich nicht "unbedingt" noch lange leben will, dann halte ich eine solche Operation für unsinnig. Das würde ihm das letzte bisschen Lebensfreude rauben. Und wenn er keinen Überlebenswillen hat ist es schwer. Versuche ihm einfach beide Möglichkeiten offen zu halten. Gib ihm das Gefühl, sich frei entscheiden zu dürfen und nicht euch zuliebe kämpfen zu müssen...
und dann musst du seine Entscheidung ohne Wenn und Aber akzeptieren und mit ihm seinen Weg gehen.
Viel Kraft!
lg cica
Mit Zitat antworten
  #3  
Alt 08.02.2013, 08:26
Benutzerbild von Enibas27
Enibas27 Enibas27 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 12.04.2012
Ort: Münsterland
Beiträge: 95
Standard AW: Potentiell operabel--trotzdem verzichten?

Hendrik,

Du hast Recht! Natürlich sollte der Arzt Deines Vertrauens "um die Ecke" wohnen wenn´s brenzlig wird.
Vor Allem wenn man ein so betagtes Alter hat wie Dein Papa.
Da sind wohl die Pferde mit mir durchgegangen. Aber manchmal denke ich halt bei diesem Thema nicht ganz rational...

Mein Bruder hat wohl auch das Glück im Unglück, dass wir in Münster wohnen und somit er bei uns wohnen kann, was er derzeit ja auch tut.

Nichts für ungut, ich wünsche Dir viel Erfolg, aber eine Empfehlung habe ich trotzdem noch. Das soll um Gottes-Willen keine Negativ Werbung sein, nur aus eigener -Brudererfahrung - und eines anderen Mitstreiters, nicht die Praxis Plingen.

LG, Sabine
Mit Zitat antworten
  #4  
Alt 12.02.2013, 15:15
Sheygetz Sheygetz ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 23.01.2013
Ort: Düsseldorf
Beiträge: 15
Standard AW: Potentiell operabel--trotzdem verzichten?

Der Stand:

Ein schweizer Arzt, den ich kurzerhand wegen seines Fachartikels zur Autoimmunpankreatitis angeschrieben hatte, schrieb mir in einer späteren Mail auf die titelgebende Fragestellung
"Meine Erfahrung ist schon die, dass sehr selten Patienten diesen Weg wählen, den Gedanken des "nichtstun" (keine Operation) nicht aushalten können."

Ja, das ist was dran. Mein Vater tendiert aktuell zur OP--ich denke so á la "Besser ein Ende mit Schrecken ...". Wir wollen aber auf jeden Fall so weit als möglich ausschließen, daß es doch etwas Gutartiges ist (stellt sich immerhin in 10% der Whipples raus, aber dann ist der halbe Bauchraum geräumt) oder doch inoperabel (in 25 bis 30% wird geöffnet und unverrichteter Dinge wieder zugemacht, weil doch Lebermetas oder Peritonealkarzinose oder Arterien-Befall oder ...).

Es kommt hinzu, daß es zwar zu den OP-Folgen einige üble Geschichten gibt. Aber eben auch für die Chemos--mal davon abgesehen, daß deren "Wirksamkeit" ja erschreckend gering ist. Das Protonen Zentrum in M werde ich halt anschreiben für einen ersten Check wegen Machbarkeit (Metallstent? Pfortader-Kompression?).

Hendrik
Mit Zitat antworten
  #5  
Alt 15.02.2013, 12:14
Sheygetz Sheygetz ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 23.01.2013
Ort: Düsseldorf
Beiträge: 15
Standard AW: Potentiell operabel--trotzdem verzichten?

Im Grunde haben wir es hier mit zwei Denkmodellen, zwei Währungen zu tun:
* Die eine ist die Leitlinie,
die misst Wahrscheinlichkeiten, 5-Jahres-Überleben, medianes Überleben. In Prozenten, in Monaten. Wie die Leute überleben, was sie vorher durchgemacht haben, das entzieht sich dem Messen. Da kann man den Ärzten nicht mal einen Vorwurf draus machen. Das ist evidenzbasierte Medizin.

* Das andere sind "Einzelschicksale,
so wie sie hier stehen, wie sie uns von befreundeten Ärzten und Pflegern geschildert werden. Wenn man dann davon genug liest, dann läuft man Gefahr, dass sich das im Kopf zu einer "Quasi-Statistik" verdichtet. "Huch, ich lese eigentlich nur von Leuten, die nach der OP nie wieder richtig auf die Beine kamen." Aber man muß schon auch sehen, daß die glatt ausgehenden OPs z. B. eher selten in Foren auftauchen. Insofern ist diese Quasi-Statistik verzerrt.

Und einen Modus, Statistik mit persönlichem Erleben zu "verrechnen", den gibt es leider nicht. Insofern muß man fürchte ich, einmal entscheiden, in welcher Währung man entscheiden möchte.

Hendrik
Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen


Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)
 

Forumregeln
Es ist Ihnen nicht erlaubt, neue Themen zu verfassen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, auf Beiträge zu antworten.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Anhänge hochzuladen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Ihre Beiträge zu bearbeiten.

BB-Code ist an.
Smileys sind an.
[IMG] Code ist an.
HTML-Code ist aus.

Gehe zu


Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 11:49 Uhr.


Für die Inhalte der einzelnen Beiträge ist der jeweilige Autor verantwortlich. Mit allgemeinen Fragen, Ergänzungen oder Kommentaren wenden Sie sich bitte an Marcus Oehlrich. Diese Informationen wurden sorgfältig ausgewählt und werden regelmäßig überarbeitet. Dennoch kann die Richtigkeit der Inhalte keine Gewähr übernommen werden. Insbesondere für Links (Verweise) auf andere Informationsangebote kann keine Haftung übernommen werden. Mit der Nutzung erkennen Sie unsere Nutzungsbedingungen an.
Powered by vBulletin® Version 3.8.7 (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2024, vBulletin Solutions, Inc.
Gehostet bei der 1&1 Internet AG
Copyright © 1997-2024 Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V.
Impressum: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Eisenacher Str. 8 · 64560 Riedstadt / Vertretungsberechtigter Vorstand: Marcus Oehlrich / Datenschutzerklärung
Spendenkonto: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Volksbank Darmstadt Mainz eG · IBAN DE74 5519 0000 0172 5250 16 · BIC: MVBMDE55