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  #151  
Alt 26.01.2009, 20:03
Bremensie Bremensie ist offline
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Standard AW: An alle Hinterbliebene...

Hallo,
ich lese nun schon von Anfang an in diesem Thrad und habe auch hier u.a. über das Sterben meines Lebensgefährten berichtet. Am 17. Februar ist sein 1. Todestag. Aber dies nur nebenbei. Je länger ich in diesem Thrad lese um so mehr Gedanken mache ich mir. Stefan hat uns ja u.a. ausführlich über das Sterben seiner Frau berichtet. Wenn uns ein Angehöriger sagt er möchte zu Hause im Kreis seiner Familie sterben frage ich mich welches sterben schwebt ihm da vor. Das friedliche einschlafen und loslassen wie es ja auch bei einigen ist oder auch das Sterben so wie es unter anderem Stefan mit seiner Frau erlebt hat. Das Sterben so wie es Stefan mit seiner Frau erlebt hat möchte ich persöhnlich meinen Angehörigen sprich meinen Kindern in häuslicher Umgebung nicht zumuten. Dann lieber Krankenhaus oder Hospitz. Bei Bedarf ist es mir auch lieber ich werde sediert. Ich denke meine Kinder werden so eine Kraft wie Stefan sie aufgebracht hat nicht aufbringen können. Auch ich hätte die Kraft bei meinem Lebensgefährten nicht aufbringen können zumal es für mich das erste Mal war dass ich einen Sterbenden begleitet habe. Meine Kinder(30 und 33 Jahre alt) ebenfalls noch nicht. Mein zweiter Mann ist mit 68 Jahren so gestorben wie er es sich gewünscht hat. Er ist am plötzlichen Herztot gestorben. Und wenn ich ehrlich bin würde ich dies für mich auch so wünschen. Ich muss zugeben dass dies für die Angehörigen auch nicht ganz einfach ist weil dass mit dem Abschiednehmen eben mehr oder weniger unter den Tisch fällt.
Meine Mutter wird dieses Jahr 86 und wohnt noch alleine 50KM von mir in dem Haus dass sie mit meinem vor fast 20 Jahre verstorbenen Vater gebaut hat. Ich habe mir jedenfalls vorgenommen sie beim nächsten Besuch zu fragen wie sie sich den entgültigen Abschied vorstellt. Ich hoffe ich habe den Mut dazu.
So nun wünsch ich allen noch eine Gute Nacht.
Erika
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  #152  
Alt 27.01.2009, 00:12
Benutzerbild von HelmutL
HelmutL HelmutL ist offline
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Daumen hoch AW: An alle Hinterbliebene...

Hallo Stefan,

was ich überhaupt nicht verstehen kann, ist die Schärfe, die du in die Diskussion hier einbringst. Eine Diskussion lebt von kontroversen Meinungen aber nicht von Intolleranz. Du hast ganz sicher in manchen Dingen recht aber ebenso nicht das Recht die Ansichten Anderer als "dumm" zu bezeichnen. Du vertrittst deine Ansicht, andere die ihre. Wer letztendlich recht hat, wirst weder du noch ich noch andere entscheiden können. Vielleicht haben ja alle recht???

Was mich jetzt, nach dem Lesen deiner und der anderer Postings, besonders interessiert: Wer oder was hat dich eigentlich so verletzt, dich so hart getroffen, dass du so ungeduldig, so agressiv geworden bist? Ist es der Verlust deiner Frau oder vielleicht doch die Art und Weise, wie sie gestorben ist? Ist es die Trauer um den Verlust, den du erlitten hast? Ist es die Wut, dass sie dich verlassen hat und du jetzt mit all deiner Trauer, deinen Sorgen und Nöten alleine fertig werden musst?

Wir alle hier haben einen schweren Verlust erleiden müssen und leiden immer noch. Jeder für sich geht damit anders um. Muss er oder sie auch. Jeder von uns gesteht dir das Recht zu, so zu denken und zu handeln, wie du willst, wie es für dich gut ist.

Der Tod eines geliebten Menschen, sei es die Frau, die Mutter, der Vater oder sonst wer, ist immer schwer und geht nicht leicht über die Bühne. Dass ein Mensch in Frieden und auch friedlich sterben durfte, heisst doch noch lange nicht, dass es ein schöner Tod war.

Der Tod, zumindest durch diese sch... Krankheit, kommt nicht plötzlich. Nein, er kommt schleichend, zieht sich oftmals über Monate hinaus. Glaubst du, dass ein solcher Mensch so einfach mirnichts, dirnichts in den Tod hineingeht? Da ist nichts "Schönes" dran. Nicht für die Angehörigen und schon garnicht für die Betroffenen selbst. Es ist ein langer, quälender Kampf auf verlorenem Posten. Wenn du denkst, es gäbe keine Steigerung mehr, sei versichert, sie kommt.

Was ich persönlich an dem Ganzen schlimm finde, ist, dass man(n) oder frau in diesen letzten Stunden nicht die Hilfe annimmt, die angeboten wird. Ich finde es im Gegensatz dazu NICHT entwürdigend, wenn man gewickelt oder was weiss ich noch werden muss. Da laufen ganz natürliche Vorgänge ab (wie du gesagt hast, das Kleinkind schämt sich ja auch nicht). Es sind die seelischen und körperlichen Schmerzen angesichts des Todes, die entwürdigend sind. Und genau da ist meiner Meinung nach der Ansatzpunkt zum Nachdenken und Handeln.

Nochmals: Dass deine Frau gestorben ist, tut mir von Herzen leid und ich hoffe, du kannst es irgendwann verstehen und wenn es erst dann ist, wenn du ihr drüben wieder begegnest.


Rosita,

so ganz unbekannterweise wohl nicht. Wir sind uns doch schon öfter mal über den Weg gelaufen. Also: nicht ganz unbekannte Grüsse an dich zurück.


Euch allen wünsch ich viel Kraft, viel Sonnenschein im Herzen und Gottes Segen

Helmut
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  #153  
Alt 27.01.2009, 08:08
gaertner gaertner ist offline
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Standard AW: An alle Hinterbliebene...

Hallöchen an alle,

ich habe die folgenden Zeilen gestern schon geschrieben, wollte es aber noch etwas „sacken“ lassen. Zwischenzeitlich hat @HelmutL ein paar Zeilen reingestellt .Wie immer passend und ruhig, so wie es deine geschätzte Art ist, Helmut. Mit meinen Zeilen möchte ich ebenso nur einen Denkanstoß geben ohne das eigentliche Thema allzusehr anzuheizen.


Die Phasen des Umgangs mit dem Verlust sehen bei jedem anders aus. Vielleicht einig in einem bestimmten Ablauf, je näher das Geschehen, desto stärker all die damit verbundenen Gefühle. Gefühle in einem selber, Gefühle für eine Person, die nicht mehr da ist. Klare Strukturen im Kopf, was will ich, was nicht und dann doch Barrieren, die einen Handlungsweisen aufzwingen, die andere und man selber nicht versteht.


Im Umgang mit dieser Situation hinterfrage ich mich immer wieder, was ist jetzt wichtig, für mich und andere sinnvoll. Was und wie viel gebe ich von mir tatsächlich preis in diesem Forum. Wenn ich dies mache, sollte ich gerade hier überlegen, was ich schreibe. Ein „normales“ Gespräch am Stammtisch gibt mir die Möglichkeit, mein eigenes „Dahergerede“ sofort im vertrauenvollen Konsens zu korrigieren, ist es erstmal geschrieben, kann ein „unbedachtes“ Wort zu schnell missverstanden werden.

Vor 4 Jahren habe ich einen Sohn verloren.
Wir hatten wenig Zeit über das Sterben zu reden. Drei Tage nach der endgültigen medizinischen Bestätigung starb er in der Klinik. Trotzdem blieb Zeit für ein Gespräch mit den Ärzten, mit dem Hausarzt, alle , die eventuell etwas dazu hätten beitragen können, damit das Sterben nicht in der Klinik stattfindet. Klare Aussage war, zu Hause kann er gehen, wenn die Zeit kommt, in der Klinik ist der Arzt/Personal angehalten, das Leben (und somit das Sterben) zu verlängern.
Gleichzeitig wurde uns nahe gebracht, in dieser Angelegenheit nichts zu überstürzen , da bei ungenügender Vorbereitung das Sterben zu Hause , die damit angestrebte Würde, das Gehenlassen, das Verabschieden in dem Kreis der Familie und Freunde auch sehr problematisch werden kann.
Dass Köperflüssigkeiten da eine Rolle spielen, war nicht das entscheidende. Entscheidend war, ob für meinen Sohn alles technisch vorbereitet war, ihm überhaupt diese Möglichkeit zu geben und dazu gehörte z.B. eine lückenlose Erreichbarkeit von Fachkräften, die starke Schmerzmittel verabreichen dürfen.

Um diese Problematik zu verstehen, muß mir niemand in aller Ausführlichkeit, Öffentlichkeit und detailgetreu erzählen, wie ein Sterbeprozeß im einzelnen abläuft.
Und dies ist ja wohl der Grundsatzgedanke, um den es hier geht.

„Indem wir über sie reden, bleiben sie lebendig“.

Dies möchte ich für mich. Ich will mich an die schönen Seiten erinnern, die ich vor dem Verlust hatte. Ich will daran glauben, dass nicht alles vorbei ist mit dem „körperlichen“ Dahinscheiden. Indem ich an diesem Punkt gekommen bin , gestehe ich mir auch ein, mein Sohn sieht mich jetzt, er kann auch noch immer zwischen gut und böse, Moral und Unmoral unterscheiden.
Deswegen möchte ich nichts von meinem Sohn erzählen, wovon ich denke, es ist einfach zu intim, dies anderen mitzuteilen.
Dass er gestorben ist, gibt mir noch lange nicht das moralische Recht dazu.

@stefans
Dies sind in meinen Augen sehr bedenkliche Aussagen Deinerseits
Zitat:
“ dass ich nicht verstehen kann, wieso das Sprechen über etwas, das völlig normal ist und zum Leben gehört, posthum die "Würde" desjenigen verletzen kann, der aus dem Leben geschieden ist“ .
Ok, kann ich nachvollziehen, ich versteh auch nicht alles, versuche es aber zu akzeptieren.
Doch davor die Zeilen.
Zitat:
„Die Würde deines Mannes kann es nicht mehr verletzen, wenn posthum über sein Sterben gesprochen wird. Zu dem Zeitpunkt war er schon tot und wird hier kaum mitlesen. Mag sein, dass es deine Erinnerung an ihn beschädigt - aber das ist etwas völlig anderes;…“
Wer gibt Dir das Recht , über die Würde eines Anderen, ob zu Lebzeiten oder nach dem Tod zu urteilen ?

Es gehört auch zum Leben dazu auf die Toilette zu gehen. Ich möchte Dein Gesicht sehen, wenn ich Dir anschließend haarklein erzähle, wie dieses Geschäft mal besser und mal schlechter verlaufen ist.
Und selbst wenn ich es DIR erzählen würde, weil Du mein Arzt oder sonst wie Vertrauter bist, welche Moral gibt Dir dann das Recht, es anderen weiterzuerzählen, ob vor oder nach meinen Tod ?

Es sei denn, die Person, über die Du erzählst, ist es Dir nicht wert. An diesem Punkt beginnen meine Bedenken. An dieser Stelle solltest Du auch die Zeilen von Helmut sehr ernst nehmen, denn ich weis auch nicht, was Dich zu manch scharfen Äusserungen treibt. Deshalb auch eingangs meine Zeilen über die Gefühle. Natürlich gehören sie zur Trauer und jeder hat das Recht sie auszuleben. Vielleicht helfen alle diese Zeilen hier, damit der eine oder andere sich klarer wird, woher die Gefühle kommen und schafft es dann, sich selber und anderen mehr zu verzeihen.


P.S.
Laut Wikipedia : Würde (von althochdeutsch wirdî; mittelhochdeutsch wirde) ist sprachgeschichtlich verwandt mit dem Wort „Wert“ und bezeichnete anfänglich den Rang, die Ehre, den Verdienst oder das Ansehen einer einzelnen Person.

LG
Gaertner
__________________
Jede Lebensphase hat ihren eigenen Wert

und ihr eigenes Glück.


daraus das Beste zu machen

ist der Schlüssel zur Zufriedenheit.

Geändert von gaertner (27.01.2009 um 08:17 Uhr)
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  #154  
Alt 27.01.2009, 11:40
Geske Geske ist offline
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Standard AW: An alle Hinterbliebene...

Es geht mir nicht um das „Haar-kleine-Beschreiben“ körperlicher Vorgänge. Wie detailliert beschrieben wird, bleibt dem Einzelnen vorbehalten, dennoch bin ich der Meinung, dass das „Unter-den-Tisch-Kehren“ der physischen Seite des Sterbens nicht unabdingbar zur Würde gehört.

Diese einseitig Ausrichtung auf das Schöne in der Erinnerung, kann zur Belastung für Schwerkranke werden.
Ich habe meinen Mann zu Hause begleitet, die äußeren Bedingungen waren dafür vorhanden, es hätte sich niemand vor dem Ort (unserer Wohnung, komfortabel) fürchten müssen. Was ich (schmerzlich) vermisst habe, war die persönliche Anteilnahme von nahen Angehörigen.
Durch die Fokussierung auf das „Schöne in der Erinnerung“ besuchen einige ihren Kranken gar nicht mehr, um ihn „so wie er war“ in Erinnerung zu behalten. Es ist zweifelhaft, ob diese Ansicht dem aus dem Leben Scheidenden in seinen letzten Stunden hilft, bzw. dessen Würde unterstützt. Ich hinterfrage auch jetzt noch, was wichtig und sinnvoll für den Todkranken sein kann, der spätere Hinterbliebene ist an dieser Stelle noch nicht so wichtig.

Es gibt hier zahlreiche Threads, die sich auf die psychische Verarbeitung Hinterbliebener konzentrieren, aber nur sehr wenige Beiträge, die sich mit dem körperlichen Ablösungsprozess des Sterbenden auseinander setzen. Die Resonanz auf Stefans direkte Ausdrucksweise zeigt, dass klare Worte für die Aufmerksamkeit auf ein Tabuthema durchaus von Vorteil sein können.
Das Lesen hier im Thread ist freiwillig, jeder hat die Möglichkeit weg zu klicken. Das Thema zu ersticken, wäre meines Erachtens der falsche Weg um der Würde des Menschen gerecht zu werden.

Beste Grüße
Geske
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  #155  
Alt 27.01.2009, 11:48
Stefans Stefans ist offline
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Standard AW: An alle Hinterbliebene...

Hallo Helmut,

Zitat:
Zitat von HelmutL Beitrag anzeigen
was ich überhaupt nicht verstehen kann, ist die Schärfe, die du in die Diskussion hier einbringst. Eine Diskussion lebt von kontroversen Meinungen aber nicht von Intolleranz. Du hast ganz sicher in manchen Dingen recht aber ebenso nicht das Recht die Ansichten Anderer als "dumm" zu bezeichnen.
Stopp. Ich habe nicht die Ansichten von Andrea als dumm bezeichnet, sondern genau diese eine Bemerkung. Und das ist eine dumme Bemerkung, nach wie vor. Andreas Ansichten habe ich hinterfragt. Das ist etwas anderes.

Warum ich da "Schärfe" reinbringe. Weil jeder halt seine Reizthemen hat, auch ich. Und eines meiner Reizthemen ist, wenn Menschen anfangen, mit Moralbegriffen zu arbeiten. Und in diesem Fall noch mit der "Würde" von Menschen, die tot sind und sich dazu nicht mehr äußern können. Das ist bequem, da kann keiner widersprechen. Die großen Volkskirchen in D finden es z.B. "unwürdig" für die Verstorbenen, wenn diese im Friedwald bestattet werden (wollen) statt auf dem Friedhof.

Solche Dinge sind mir suspekt, und dann erlaube ich mir wirklich eine konkrete Nachfrage. Und wenn ich beim Nachfragen auf keine Substanz stoße, sondern auf den traurigen Umstand, dass jemand seine eigene Meinung mit moralischen Hinweisen auf Verstorbene verbrämt, dann stößt mir das übel auf. Jeder kann Denken und Handeln wie er will. Aber er sollte IMHO das Rückgrat haben, es auch so zu benennen. Ich tue das und das, weil ich das so denke und richtig finde. Aber sich nicht zu Lasten anderer rausreden, die sich nicht mehr dazu äußern können.

Zitat:
Was mich jetzt, nach dem Lesen deiner und der anderer Postings, besonders interessiert: Wer oder was hat dich eigentlich so verletzt, dich so hart getroffen, dass du so ungeduldig, so agressiv geworden bist? Ist es der Verlust deiner Frau oder vielleicht doch die Art und Weise, wie sie gestorben ist? Ist es die Trauer um den Verlust, den du erlitten hast? Ist es die Wut, dass sie dich verlassen hat und du jetzt mit all deiner Trauer, deinen Sorgen und Nöten alleine fertig werden musst?
Ach, Helmut. Musst du jetzt auch auf dem Verlogenheits-Geleis landen? Lies dir deine Frage nochmal durch. Fällt dir was auf? Wenn nicht, dann sag' ich's dir:

Du stellst eine Frage, deren Antwort du schon vorweg nimmst. Deswegen ist es auch gelogen, wenn du meinst, es interessiert dich. Was dich interessiert, ist, deine Hypothese bestätigt zu bekommen, dass Stefan irgendetwas so verletzt hat, dass er sich deswegen so und so verhält. Dass eine "Verletzung" ursächlich ist, ist für dich klar. Nur, welche, würdest du gerne wissen.

Diese Frage ist für mich sehr merkwürdig, weil wir uns nicht kennen. Du kannst mich gerne fragen, warum ich so und so handle oder mich äußere. Aber die Antwort schon vorwegzunehmen, steht dir nicht zu. Das stünde dir vielleicht zu, wenn wir seit vielen Jahren persönlich befreundet wären und ein besonderes Vertrauensverhältnis hätten. Haben wir aber nicht. Und was du tust, ist genau das, was mich an denen, die Anette hier so angegriffen haben, massiv stört: du psychologisierst ohne Kenntnis der Person. Das ist Arroganz pur.

Ich frage lieber ganz penetrant ganz, wenn ich eine Meinung nicht verstehe, als das, was ich mir so im stillen darüber denke, als gegeben zu nehmen. Dabei geht es nicht um Recht haben. Sondern darum, die eigene Position und die anderer zu hinterfragen. Um herauszubekommen, inwieweit sie reflektiert ist oder inwieweit sie auf Worthülsen basiert. Wenn ich das nicht täte, sondern - so wie du oben - ganz selbstverständlich von der Richtigkeit meiner Hypothesen ausgehen würde, dann würde ich dir jetzt sagen:

"was ich überhaupt nicht verstehen kann, ist der Harmonie-Zwang, den du in die Diskussion hier einbringst. Was mich jetzt, nach dem Lesen deiner und der anderer Postings, besonders interessiert: Wer oder was hat dich eigentlich so verletzt, dich so hart getroffen, dass du so harmoniesüchtig, so scheinbar abgeklärt geworden bist? Ist es der Umstand, dass du dir immer deinen Mund mit Seife auswachsen musstet, wenn du etwas Böses gesagt hast? Oder vielleicht doch die Art und Weise, wie deine Frau reagiert hat, wenn du mal konfrontontativ (re)agiert hast. Ist es die Trauer um deine Eltern, die sich nur noch mehr gestritten haben, wenn du mal widersprochen hast? Ist es die Wurt, dass sie dich verlassen haben, als du dir erlaubtest, du selbst zu sein, und du jetzt mit all deiner Trauer, deinen Sorgen und Nöten alleine fertig werden musst?

Findest du lächerlich? Ja, ist es. Aber nicht mehr als deine Spekulationen über meine Person. Also spare ich mir diese Hausfrauen-Psychologie im Sinne aller (hier Mitlesenden, nicht der nicht-mehr-lesen-Könnenden).

Viele Grüße,
Stefan
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  #156  
Alt 27.01.2009, 12:50
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tinchen71 tinchen71 ist offline
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Standard AW: An alle Hinterbliebene...

Hallo zusammen,

ich fände es, auch sehr schade, wenn dieser Thread erstickt würde.

Ich kann Geske da nur voll unterstützen.

Jeder, der sich in diesen Thread eingelesen hat, sollte wissen das Stefans polarisiert und kein Blatt vor den Mund nimmt. Knuddelsmilies sind ihm ebenso fremd, wie virtuell versendete Kraftpakete.
Wem das nicht gefällt, wegklicken!
Ich finde es gut, das hier Klartext geschrieben wird. Das dieser nicht jedem gefällt, ist doch logisch.

Ich hätte mich sicher auch besser gefühlt, wenn ich beim Sterben meines Mannes mehr über das Sterben/ den Sterbeprozeß gewußt hätte.
Durchhalteparolen habe ich zwar in seinen letzten Tagen auch nicht mehr benutzt, statt dessen war ich sprachlos.
Vielleicht hätte ich ihm das Gehen leichter machen können, wenn ich nicht so sprachlos gewesen wäre ?

nachdenkliche Grüße,
Christina.
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  #157  
Alt 27.01.2009, 13:13
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buddylady buddylady ist offline
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Hallo.
Ich habe mir auch so ziemlich alles durchgelesen und mir tut es gut zu wissen das über das Thema sterben so offen geschrieben wurde und auch hoffendlich weiter geschrieben wird. Vieles ist mir erst klar geworden als ich hier gelesen habe. Ich wäre froh gewesen wenn ich es vor dem sterben meines Mannes gelesen hätte. Ich wäre nicht so geschockt gewesen. Ich hatte die pure Panik. Ich würde auch so gerne jede Kleinigkeit davon erzählen, aber im Moment kann ich es noch nicht. Ich war die ganze Zeit mit meinem Mann allein. Von der Diagnose bis nach seinem Tod. Niemand war da der mir etwas vom sterben erzählt hat. Über alles konnte ich mich informieren über alles was es über diese sch... Krankheit gibt, aber wie das sterben ablaufen kann...............nicht ein Wort. Es hätte mir in meiner Panik doch so sehr geholfen. In nächster Zeit würde ich gerne hier schreiben wie alles war.....es mir von der Seele reden. Es belastet mich sehr stark das ich mit keinem Menschen darüber sprechen kann....es frißt mich förmlich auf.

Lieben Gruß Elke
__________________
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  #158  
Alt 27.01.2009, 15:13
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liebe elke,
es tut mir sehr leid, daß du diesen schweren weg mit deinem mann alleine gehen mußtest, daß er den kampf gegen diese krankheit verloren hat. ein sehr unfairer gegner.
auch ich bin dankbar für die erfahrungen, die hier geschildert werden, da ich denke, es könnte mir im fall des falles einiges leichter machen.
liebe grüße, tina.
__________________
Du kannst nie tiefer fallen, als nur in Gottes Hand,
die er zum Heil uns allen barmherzig ausgespannt.

Mein geliebter Hase: 14.10.1923 - 28.04.2009
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  #159  
Alt 27.01.2009, 15:55
gaertner gaertner ist offline
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Hallöchen,



die physische Seite des Sterbens ........

Ich glaube, da gibt es auf jeden Fall zwei unterschiedliche Sichtweisen. Die des Sterbenden und die der Angehörigen. Als naher Angehöriger sollte ich im Normalfall das Vertrauen des Sterbenden haben, dass ich ihn in diesem Prozess begleiten darf. Dieses Vertrauen setzt er in mich, und folgerichtig sollte ich später genau überlegen, wie ich mit diesem Wissen und Vetrauen umgehe. Dass ich einen direkt Betroffenen meine Erfahrung mit dem Tod weitergeben kann ist dann ohne Zweifel hilfreich für denjenigen. Es bleibt nur die Frage, in welchem öffentlichen Rahmen dies für mich vertretbar ist. Vertretbar ist dies für mich in einem persönlichen Gespräch, denn wer alles hier mitliest weiß ich nicht.
Genauso wird es nahe Angehörige geben, die es von vornherein ablehnen, den Prozess des Sterbens (und auch die Zeit der "Erkrankung") teilen zu wollen. Vielleicht weil es Ihnen zu unangenehm ist, es Streit gab in der Familie etc. ....
Dass dies zur Belastung des Kranken führt habe ich auch zum Teil erkennen und erfahren müssen.Es gab aber auch Freunde, die noch nie freiwillig einen Fuß in die Klinik gesetzt haben, die dann regelmäßig zu Besuch kamen.(in der Klinik und zu Hause)
Es kommt darauf an, was man dem Kranken mitbringt, nicht an Geschenken, sondern im Herzen.

Meinem Sohn war es sehr wichtig, im Herzen seiner Lieben so zu bleiben, wie er "gesund" war. Er hat geplant, wer zu seiner "Abschiedsparty" kommen sollte. Er hatte während seiner Krankheit mit so vielen Kontakt, dass er die Besuche planen mußte. Trotzdem hat er auch einer sehr nahestehenden Person eine SMS geschickt, sie solle ihn nicht besuchen. Dies war am Tag seines Todes. Er wollte nicht, dass dieses Bild (er fühlte sich sehr schlecht und sah auch so aus)als letztes bleibt und wußte bestimmt nicht, dass es die letzte Möglichkeit gewesen wäre, mit diesem Menschen zu sprechen. Wie gesagt, es war geplant, sich zu Hause mit einer Party zu verabschieden, so wollte er , dass er in den Gedanken bleibt. Wir haben diese Party nach der Beerdigung gemacht, eingeladen nach seiner Liste. Persönliche Dinge von ihm an die verschenkt, wo wir wußten , es hilft dem Beschenkten bei der Erinnerung an ihn.Wenn ich gefragt wurde, wie er gestorben ist, habe ich gesagt, er hat gekämpft, dass er gehen konnte und schließlich gewonnen.
Diejenigen, die sich während seiner Krankheit zurückgezogen haben, haben durch die Anwesenheit bei der Trauerfeier auf dem Friedhof ihm und der Familie Ihre Anteilnahme gezeigt und somit sich auch mit ihm versöhnt.

Es ist richtig, dass es nie zu schaffen ist, dass alle eine Meinung über eine Sache haben. Doch gehört es gerade hier dazu, dann diesen Disput miteinander zu führen und nicht gegeneinander. Schade, wenn dann die helfende Hand seziert wird, um die Knochen blosszulegen , statt die Wärme zu spüren , die sie bringen kann. Vielleicht ist es einfach nur zu zeitig, diese Hilfe anzubieten. Die Würde den Lebenden gegenüber halte ich auch für sehr wichtig, ebenso wie einen Hinweis darauf, die Moral nicht aus den Augen zu verlieren, denn gerade dies verlangt meiner Meinung ein so sensibles Forum wie dieses.Persönliches Unbehagen sollte dann doch wie gehabt per P.N. abgeklärt werden.

LG Gaertner
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ist der Schlüssel zur Zufriedenheit.
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  #160  
Alt 27.01.2009, 18:07
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Hallo zuerst mal,

wenn dieses Thema nicht auch mir so wichtig wäre, würd ich hier nicht schreiben. Aus diesem Grund hab ich dieses Thema ja auch abonniert.

Stefan,

ich schreibe nicht wild in der Gegend rum. Menschen, die ich namentlich anschreibe, sind mir wichtig. Dafür brauch ich sie nur hier im Rahmen des KK zu kennen. Nicht aber privat. Warum sollte ich sonst überhaupt schreiben?

Meine Frage an dich hab ich nicht auch gleich selbst beantwortet, sondern dir offen meine Gedanken dargelegt mit Fragezeichen dahinter. Ist ne Frage eine Antwort? Nö, isse nicht. Es steht dir frei, mit offenen, klaren Worten darauf zu antworten oder sag einfach: "Das geht dich nichts an!" Auch das würde ich einfach akzeptieren, weil es dein Wille ist. Mein Wort darauf. OK?

Was dir aber nicht freisteht, pseudopsychologisch meine Fragen an dich in's lächerliche zu ziehen, indem du mich als "Haufrauenpsychologen" hinstellst. Noch etwas spreche ich dir absolut ab: mich als Lügner zu bezeichnen. Dazu müsstest du mich auch privat kennen, um das beurteilen zu können.

Wer sagt UNS denn, dass das, was DU hier schreibst, der Wahrheit entspricht? Ginge ich mit solch einem Misstrauen in`s Forum, ich wüsste nicht, was ich eigentlich hier tun soll. Also hat schon mal von Anfang an grundsätzlich jedes Mitglied hier im Forum einen gewissen Vertrauensbonus. Anders geht es ja garnicht. Ob du das so siehst, oder nicht, ist dein Ding. Aber dann sei so ehrlich und sag das auch. Naja, eigentlich hast du es ja bereits getan.

Versuch doch einfach mal, deine Texte so zu lesen, als wären sie an dich gerichtet und überdenk die Wortwahl. Man kann seiner Ausssage auch mit anderen Worten Gewicht verleien.

Eins möchte ich allen schreiben:

Dieses Thema ist unbequem und heikel und viel zu wichtig, als dass es aus den Gleisen gerät. Niemand von uns weiss, was auf ihn zukommt, sei es als Angehörige/r oder als Betroffene/r. Ich persönlich finde es OK, über dieses Tabuthema zu sprechen. Wo denn sonst, wenn nicht hier? Viele Betroffene wünschen sich ja, zu Hause su sterben, im Kreis ihrer Lieben.

Aber kaum irgendjemand macht sich im Voraus Gedanken darüber. Umso besser, wenn man/frau hier mitlesen kann. Für einige kann es durchaus eine Hilfe sein und der eigene Wunsch wird revidiert. Oder auch nicht. Es ist der freie Wille des/der einzelnen Person.

Nachdem ich hier gelesen habe (und durch eigene Erfahrung als Angehöriger geprägt), habe ich meine Einstellung dazu überdacht. Ich persönlich bleibe dabei: wenn es irgendwie geht, möchte ich meinen Kindern und allen anderen meiner Angehörigen, genau das, was Stefan beschreibt (und ich finde das gut so, dazu gehört Mut), ersparen. Wozu? Nicht um meinen Tod "schön" zu machen, sondern um ihnen diese zusätzlichen Qualen zu ersparen. Der Tod ansich ist doch schon schlimm genug.

Was ich auch ganz bestimmt nicht will: ihnen als ablebendes Beispiel dienen. "Schaut her, so geht's vielleicht auch mal euch". Welchen Sinn hätte das? Wenn sie wissen wollen, wie ein Mensch sterben kann, so müssen sie sich selbst informieren. Nicht an meinem Beispiel.

Was nicht heissen soll, ich möchte alleine sterben. Ganz gewiss nicht. Ich möchte sie alle um mich herum haben. Wie das zu verwirklichen ist? Keine Ahnung. Im Gegenteil, vielleicht liegt die Entscheidung darüber sogar bei ihnen selbst. Ich habe für den Fall der Fälle eine Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung unterschrieben. Den Ausweis dazu hab ich immer bei mir. Schon jetzt. Ein Unfall ist schnell passiert und wer weiss, wie lange ich noch gesund bin.


In diesem Sinne

Helmut
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http://www.krebs-kompass.org/howthread.php?t=31376
http://www.krebs-kompass.de/showthread.php?t=48070

Die von mir im Krebs-Kompass verfassten Texte dürfen auf anderen Homepages und in anderen Foren ohne meine ausdrückliche Zustimmung weder verwendet noch veröffentlicht werden. Auch nicht auszugsweise.
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  #161  
Alt 27.01.2009, 20:40
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Hallo Anette,
Du musst wirklich schreckliches erlebt haben!
Tatsächlich ist es nicht Sinn der Sache, darum zu "betteln", dass Freunde oder Angehörige Dein krankes Kind besuchen.
Wie traurig ist das Alles?
War das denn immer schon so? Oder hat sich die Menschheit dermaßen verändert? Kann man das alles damit "abtun", dass die Freunde einfach nicht damit zurecht kommen?
Natürlich werde ich Dir keine psychologische Behandlung nahelegen. Jeder weiß von sich aus, ob und wie er damit zurecht kommt.

Als meine Mutter an Lungenkrebs erkrankte, dachte ich, die Welt geht unter, schlimmer kann es nicht mehr kommen. Mit allem habe ich gehadert,mit Gott und der Welt.
Dann erkrankte mein Mann an Krebs. Da wusste ich, es kann tatsächlich noch schlimmer kommen.
Später dachte ich an meine Kinder und verdrängte den Gedanken. Dieser Gedanke war für mich unerträglich.
Und somit denke ich auch an Gaertner und an Dich!
Ich wünsche Euch wirklich von Herzen, dass Euer Leben trotz dem Geschehenen einigermaßen lebenswert ist.

Wie meine Mutter letztendlich verstorben ist, bleibt unser "Familiengeheimnis".
Das hätte meine Mutter niemals gewollt, dass ich nähere Einzelheiten beschreiben würde.
Ich würde es auch nicht wollen, wenn meine allerletzten "Züge" hier veröffentlicht werden würden. Aber so ist jeder Mensch verschieden. Zum Glück!
Herzliche Grüße
Sanne
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  #162  
Alt 28.01.2009, 00:01
Geske Geske ist offline
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Zitat:
Zitat von sanne2 Beitrag anzeigen

Wie meine Mutter letztendlich verstorben ist, bleibt unser "Familiengeheimnis".
Das hätte meine Mutter niemals gewollt, dass ich nähere Einzelheiten beschreiben würde.
Ich würde es auch nicht wollen, wenn meine allerletzten "Züge" hier veröffentlicht werden würden. Aber so ist jeder Mensch verschieden. Zum Glück!
Dieser letzte Absatz scheint mir an die Adresse aller Leser gerichtet zu sein. Natürlich kann jeder sein „Familiengeheimnis“ wahren.
Sanne Du schreibst in einem vorhergehenden Beitrag,, dass du exarmierte Krankenschwester bist. - Wie aus vielen Beiträgen in diesem Thread hervorgeht, ist die positive Resonanz auf Stefans Offenheit gerade bei zu Hause pflegenden nichtprofessionellen Angehörigen groß.

Eine exarmierte Krankenschwester wird nicht vor den Problemen der "pflegenden Laien" stehen und kann deren Unsicherheit möglicherweise nicht nachvollziehen –leider, so sind die Laienpfleger wieder mal auf sich allein gestellt, mit dem Hinweis auf den Weg geschickt, dass jeder Mensch zum Glück verschieden sei.

Hier wird den weitgehend auf sich allein gestellten unprofessionellen Angehörigen auch noch das Missfallen der offen Beschreibung über das Sterben zu Bedenken gegeben. – Gerade das Verstehen, dass man kein Einzelfall ist, macht aber Mut in einer Situation, in der man meint, in einem Raum der frei von der Erdanziehungskraft zu sein scheint, mit festen Füssen auf dem Fußboden stehen zu müssen. Es gibt hier so viele Threads mit tröstenden Beiträgen, mit Berichten über neue Möbelkäufe vor oder gleich nach der Bestattung, neue Anfänge usw. Wäre es nicht möglich, in einem Tread mal auf sich alleingestellt betreuende Angehörige, ohne moralische Bedenken, ihren Kummer von der Seele schreiben zu lassen. - Es muss ja nicht jeder mitlesen.
Gruß
Geske

Geändert von Geske (28.01.2009 um 00:05 Uhr)
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  #163  
Alt 28.01.2009, 00:11
gaertner gaertner ist offline
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Hallöchen,

@AnetteP

mein Sohn war 14, als die Krankheit begann und ein alterslos gereifter junger Mann, als er mit 16 Lebensjahren diese Welt verlassen mußte. Sein Abiturjahrgang hat mich zur Abschlusssfeier eingeladen. Die Entscheidung, dorthin zu gehen, ist nicht in 5 Minuten gefallen. Mit Nachdruck kam der Wunsch, von Lehrern, von Schülern. Seine Abi-Gabe habe ich erhalten, das Jahrgangsbuch.
aus der Rede der Schulleiterin:
Zwei Ereignisse, scheinen mir, haben eure Schulzeit aber besonders geprägt:
das eine war der Krebstod eures Mitschülers r.t., der uns allen auf so nachdrückliche Weise die Endlichkeit unseres Seins und die Unverfügbarkeit unseres Lebens vor Augen geführt hat.Viele von Euch hatten ihn während seiner Zeit im Krankenhaus begleitet und mit ihm bis zuletzt gehofft.Dass der Kampf gegen die Krankheit dann verloren ging, war ein schwerer Schlag. Gemeinsam ist es euch aber gelungen, wieder mutig vorwärts zu schauen, indem ihr euch gegenseitig gestützt und getröstet habt.
(das zweite war eine Fahrt nach Chile, wobei alle Schüler das Geld aufbrachten , obwohl nur die Spanischklasse gefahren ist)
Ich glaube, das es das ist, was euch als Jahrgang auszeichnet: euch war immer das Miteinander wichtig und habt ein Auge für die Sorgen und Nöte eurer Mitschüler gehabt.

Warum schreib ich das ?

Es war für die Entwicklung dieser sozialen Kompetenz nicht nötig, alle Einzelheiten des Todes zu wissen. Und es ist nicht heuchlerisch, das Andenken des Mitschülers in Würde zu bewahren. Allerdings waren die Schüler alt genug, eigene Entscheidungen zu treffen. Bei dir lese ich heraus, das viel die Eltern der Freunde entschieden haben. Von den ca. 50 Schülern waren nicht alle Freunde und von diesen hätten allerdings auch nur nicht mal eine Handvoll engster Freunde die letzten Stunden mit meinem Sohn verbringen dürfen. Es ist nicht ein Problem der Jugend, der Kinder, es sind die Älteren, die umdenken müßten.
Kinder nehmen "das Grauen" garnicht so wahr, wichtig ist das Blitzen der Augen, das Lächeln aus dem sabbernden Mund.
Leider weiß ich auch nicht den Weg, dies zu ändern. Sicher bin ich mir allerdings, wenn man den Älteren in aller Ausführlichkeit den "Schmutz" des Sterbens vor Augen führt, werden sie Ihre Kinder noch mehr vor diesem "Greul" schützen wollen.
Zu diesem Thma finde ich auch folgenden Text von Gerhard Schöne sehr passend:

Als mein gelber Wellensittich aus dem Fenster flog,
hackte eine Schar von Spatzen auf ihn ein,
denn er sang wohl etwas anders und war nicht so grau wie sie,
und das passt in Spatzenhirne nicht hinein.

Auf dem Weihnachtsmarkt läuft einer,
nach dem sich die Leute umdrehn.
Etwas Grünes hat er sich ins Haar geschmiert.
Er trägt eine Glitzerhose und am linken Ohr Geschmeide,
etwas Wangenrouge, der Hals ist tätowiert.
Träge Menschen werden munter. Stille Bürger sind entrüstet.
Dreckparolen wirft man, wo er geht und steht.
Einer sagt: Das ist der Abschaum! So was müsste man erschießen!
Wenn das mein Sohn wär, ich wüsste, was ich tät.
Jemand sagt: Der ist entlaufen! Jemand sagt: Hau ab! Zieh Leine!
Irgendwo ruft einer halblaut: Schwules Schwein!
Jemand spuckt ihm vor die Füße. Jemand wirft nach ihm ein Brötchen.
Ein Besoffener packt ihn und schlägt auf ihn ein.

Als mein gelber Wellensittich aus dem Fenster flog,
hackte eine Schar von Spatzen auf ihn ein,
denn er sang wohl etwas anders und war nicht so grau wie sie,
und das passt in Spatzenhirne nicht hinein.

Fünf Soldaten auf der Bude. Vier sind sofort dicke Freunde.
Nur der fünfte ist ne Pfeife, das steht fest.
Alle waren schon blau, nur er nicht, hat von Fußball keine Ahnung.
Abends liegt er mit `nem Buch in seinem Nest.
Täglich schreibt die Pfeife Briefe und kriegt Post aus anderen Ländern.
Alle prahlen mit ihren Weibern, nur er schweigt.
Er versaut die ganze Stimmung, wenn sie Witze sich erzählen.
Es wird Zeit, dass man ihm mal die Meinung geigt!
Sonntagnacht, die Pfeife schläft schon. Unsre Vier sind stockbesoffen.
In der Dunkelheit zerren sie ihn aus dem Bett.
Eine Flasche braunen Fusel flößen sie ihm ein und lachen.
Uns sein Buch wird eingeschmiert mit Stiefelfett.

Als mein gelber Wellensittich aus dem Fenster flog,
hackte eine Schar von Spatzen auf ihn ein,
denn er sang wohl etwas anders und war nicht so grau wie sie,
und das passt in Spatzenhirne nicht hinein.

Im Lokal ist Kinderfasching. An der Tür gibt es Getuschel.
Eine Mutter bringt ihr Sternentalerkind.
Das ist geistig schwer behindert, kann nicht sprechen, nur so brummeln,
doch es strahlt, weil hier so viele Kinder sind.
Und die Mutter setzt sich mit ihm an die lange Kaffeetafel,
kleiner Sternentaler klatscht zu der Musik.
Keiner schenkt ihnen Kakao ein, niemand setzt sich in die Nähe,
ab und zu nur trifft sie ein verstohlener Blick.
Als die Kinder tanzen, schwingt sie auch ihr Kind herum im Kreise.
Manche tanzen weiter, andere bleiben stehn.
Jemand sagt: Das ist geschmacklos. Mann, wir sind doch keine Anstalt.
Unsre Kinder sollen so etwas nicht sehn.

Als mein gelber Wellensittich aus dem Fenster flog,
hackte eine Schar von Spatzen auf ihn ein,
denn er sang wohl etwas anders und war nicht so grau wie sie,
und das passt in Spatzenhirne nicht hinein.

Damit bin ich hoffentlich nicht zu weit vom eigentlichen Thema abgekommen.
Dein Kind ist für mich auf jeden Fall der Wellensittich und ich kenne ein paar, die diesen Wellensittich auf seinem Flug begleitet hätten. Es wäre schön , wenn es mehr dieser Menschen gäbe, Hospizarbeit ist ein Weg dazu, keine Frage. Ein Umbruch in dieser Richtung in der Gesellschaft ist sicherlich nicht durch "Schocktherapie" zu erreichen, vielleicht hat der eine oder andere Mitleser ja eine Idee, wie diese Thematik weiter in die Öffentlichkeit gebracht werden kann.

@geske

ja, dies wäre eine Alternative,
"Wäre es nicht möglich, in einem Tread mal auf sich alleingestellt betreuende Angehörige, ohne moralische Bedenken, ihren Kummer von der Seele schreiben zu lassen. - Es muss ja nicht jeder mitlesen."
Dies ging mir als erster Gedanke durch den Kopf, als ich zum erstenmal hier mitgelesen habe.

Genauso kann ich dann im Kellerchen ein Briefchen schreiben war der Zweite.

Ich habe mich jetzt auch "festgebissen" in diesem Thema und meine anfängliche völlig ablehnende Haltung durch die Beiträge hier teilweise revidiert. Warum sollte jemand das Sterben eines Angehörigen so detailgenau öffentlich darstellen? Ich fange an zu verstehen, was den einen bewegt es zu schreiben und den anderen, der diese Information haben möchte.

Dies auf die reine Information zu reduzieren bedeutet eigentlich einen rein medizinisch, sterilen , kalten Thread zu eröffnen, ohne Raum für die Menschlichkeit, die dieses Forum an sich auszeichnet. Ist dies dein Ziel ?



LG Gaertner
__________________
Jede Lebensphase hat ihren eigenen Wert

und ihr eigenes Glück.


daraus das Beste zu machen

ist der Schlüssel zur Zufriedenheit.

Geändert von gaertner (28.01.2009 um 00:41 Uhr) Grund: Ergänzung
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  #164  
Alt 28.01.2009, 09:42
Geske Geske ist offline
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Zitat:
Zitat von gaertner Beitrag anzeigen
Hallöchen,

@geske
Genauso kann ich dann im Kellerchen ein Briefchen schreiben war der Zweite.

Ich habe mich jetzt auch "festgebissen" in diesem Thema und meine anfängliche völlig ablehnende Haltung durch die Beiträge hier teilweise revidiert. Warum sollte jemand das Sterben eines Angehörigen so detailgenau öffentlich darstellen? Ich fange an zu verstehen, was den einen bewegt es zu schreiben und den anderen, der diese Information haben möchte.

Dies auf die reine Information zu reduzieren bedeutet eigentlich einen rein medizinisch, sterilen , kalten Thread zu eröffnen, ohne Raum für die Menschlichkeit, die dieses Forum an sich auszeichnet. Ist dies dein Ziel ?
LG Gaertner
@ Gaertner
Mein Ziel ist nicht das stille Kämmerlein, mir wäre diese Platzierung aber egal.

Was hier in diesem Thread passiert, ist ja nichts Ungewöhnliches. Die „Forums-Elite“ hat ihn für sich entdeckt – und deckt schreibgeübt mit langen, nur an spezielle Personen gerichteten Postings, die zaghaften und kürzeren Beitrage der Wenigschreiber zu, dies ist für mich schon eine Kellerposition.

Die Anfrage von Cindy war allgemein gehalten, aber Stefans Direktheit hat dem Thread für diejenigen geöffnet, die sich hier im KK nicht nur „händchenhaltend und kraftspendend“ äußern möchten. Diese Ansätze zur Offenheit scheinen mir nun verdeckt zu werden mit den langen Postings (von mir so empfunden), die mit „unsichtbar“ erhobenen Zeigefinger auf diejenigen ausgerichtet scheinen, die schon glaubten endlich mal einen Thread gefunden zu haben, der sich ehrlich mit dem physischen Sterben direkt und den dadurch entstehenden seelischen Nöten für den pflegenden Laien befasst – stattdessen werden hier wieder die moralischen Konventionen bemüht, die das Thema zu ersticken drohen.

Gruß
Geske
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  #165  
Alt 01.02.2009, 22:26
gaertner gaertner ist offline
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Hallöchen,

ich finde es gut, das trotz verübergehender Ruheverordnung, die sicherlich auch von Nöten war, der Gedankenaustausch um das Sterben an sich unter einer anderen Überschrift weitergeht.
Wie schon geschrieben, kann ich es jetzt auch besser verstehen . Nach wie vor bleibt in mir das Gefühl, nicht überall mit "drastischen" Schilderungen des Geschehens (Todes) die Hilfe und Aufklärung zu erzielen, die anfänglich wohl auch gewollt war.

Für die Hilfe des einzelnen kurz davor und für die Seele des gerade Hinterbliebenen ist die Direktheit hier sicherlich von Hilfe.

An die , die mehr Abstand haben, wobei Zeit kein Maßstab sein soll, stelle ich nochmal folgendes in den Raum:

"...Hospizarbeit ist ein Weg dazu.Ein Umbruch in dieser Richtung in der Gesellschaft ist sicherlich nicht durch "Schocktherapie" zu erreichen, vielleicht hat der eine oder andere Mitleser ja eine Idee, wie diese Thematik weiter in die Öffentlichkeit gebracht werden kann."

Dies ist für mich eine Erkenntnis dieses Disputes, was kann ich machen, um mehr Verständnis für dieses Problem in angemessener Form bisher Unbeteiligten nahe zu bringen. Gleichzeitig ist es für mich ein Anliegen, unfreiwillig Beteiligten in der bevorstehenden Zeit beiseite zu stehen.

Im Elternhaus habe ich versucht durch "körperliche" Hilfe die Zuwendung und Unterstützung für mich "zurückzugeben". Es wird nie gelingen, die Hilfe und Zuwendung durch meine kleine Unterstützung nur ansatzweise zur Geltung zu bringen, diese Menschlichkeit ist einfach durchs nichts zu "bezahlen".

Trotzdem ist es wichtig , in meinen Möglichkeiten Hilfe geben zu können.
Ein Möglichkeit ist es, das Kinderhospiz hier vor Ort mit "körperlichen" Einsatz zu unterstützen. Gespräche über das Sterben sind dort nicht von belang.


Welche Möglichkeiten gibt es dennoch, dieses Thema weiter in die Öffentlichkeit zu bringen ?


Vielleicht ist dies auch besser unter der Thematik "Umgang mit Krebs und Krankheitsbewältigung" aufgehoben.

Lg gaertner
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daraus das Beste zu machen

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