Die Zeit heilt alle Wunden? - Krebs-Kompass-Forum seit 1997

Mae-Geri · #1 09.04.2008, 09:43

Heute sind es schon 6 Monate ohne Dich...

Heute Morgen direkt in Deiner Todesstunde bin ich wach geworden - hast Du mich kurz besucht / oder lediglich ein Zeichen meiner Angespanntheit? Ich weiß es nicht.

Was ich aber weiß ist, dass ich Dich jeden Tag vermisse!

Liebe Grüße von Deiner traurigen Tochter
Sandra

Ich hab Dich lieb!

"Segen der Trauernden"

Gesegnet seien alle,
die mir jetzt nicht ausweichen.
Dankbar bin ich für jeden,
der mir einmal zulächelt
und mir seine Hand reicht,
wenn ich mich verlassen fühle.

Gesegnet seien alle,
die mich immer noch besuchen,
obwohl sie Angst haben,
etwas Falsches zu sagen.

Gesegnet seien alle,
die mir erlauben,
von dem Verstorbenen zu sprechen.
Ich möchte meine Erinnerungen
nicht totschweigen.

Ich suche Menschen,
denen ich mitteilen kann,
was mich bewegt.

Gesegnet seien alle,
die mir zuhören,
auch wenn das,
was ich zu sagen habe,
sehr schwer zu ertragen ist.

Gesegnet seien alle,
die mich nicht ändern wollen,
sondern geduldig so annehmen,
wie ich jetzt bin.

Gesegnet seien alle, die mich trösten
und mir zusichern,
daß Gott mich nicht
verlassen hat...

Marie Luise Wölfing

Mae-Geri · #2 09.04.2008, 13:02

Ihr Lieben,

es hat mich heute morgen echt zerrissen.

NIE wollte ich hier im Hinterbliebenen Forum einen eigenen Thread haben und heute musste es einfach sein.

Heute vor einem halben Jahr um diese Zeit... Mir ist ganz elendig zu Mute und ich muss schon den ganzen Tag über meine Tränen unterdrücken.
Ich werde heute zum Friehof gehen.

Ich würde meinen Papa so gerne in den Arm nehmen...

Sandra

stella29 · #3 09.04.2008, 17:54

Liebe Sandra,

ich weiss soooo sehr wie du fühlst, bei mir sind es ja grad mal 6 wochen, aber mein Papa fehlt mir so unendlich !

Durch einen "eigenen" Thread hat man doch SEINE Geschichte, ich finde das gut für mich zum verarbeiten. Und wenn ich dann die vielen Postings lese, die Anteilnahme, dann freu ich mich soo sehr darüber. Es tut einfach nur gut.

Nehm dich mal in den Arm

Ela4811 · #4 09.04.2008, 20:05

Liebe Sandra,

ich nimm dich einfach mal in die Arme!!!

Es tut so weh und ich hoffe, dass es mit der Zeit besser wird.

Ich schick dir ein paar Tröste-

Ela

Desi · #5 10.04.2008, 07:29

Hallo Sandra! Ich hatte dir in einem anderen Thread auch schon mal geantwortet. Ich hab leider noch keinen eigenen. Hab noch nicht so ganz rausgefunden wie das funktioniert.

Es tut mir sehr leid für dich. Ich kann gut nachvollziehen wie du dich fühlst. Ich habe meinen geliebten Dad am 08.02.08 verloren. Ich denke jeden Tag an ihn. Den Schmerz kann dir leider keiner nehmen. Aber ich hoffe das er irgendwann erträglicher wird. Ich wünsche dir einen schönen Tag mit ganz viel Kraft und Sonnenschein. Fühl dich

Liebe Grüsse Desi

stella29 · #6 10.04.2008, 19:42

...auf deine Frage :

die Zeit heilt keine Wunden - sie vernarben nur, sind aber stänig present.

Tanni2006 · #7 10.04.2008, 20:37

Liebe Sandra,

endlich hast du deinen Thread eröffnet und fängst mal an zu verarbeiten. Hier musst du nicht "die Starke" sein, hier kannst du rauslassen was dir gerade auf der Seele liegt, egal was es ist.

Das man in der Todesstunde wach wird kenne ich zu gut, wer weiß was es bedeutet, Zufall ist das sicher nicht.

Viele liebe Grüße

Tanja

Mae-Geri · #8 10.04.2008, 21:48

Ihr Lieben,

ich hätte nicht gedacht, dass es so befreiend ist ein eigenes Thema zu eröffnen!

Vielen Dank für Eure Antworten - jede einzelne hat mir so gut getan!

Nun stand ich gestern also am Grab meines Vaters und habe eine geschlagene Stunde nur geheult. Ging gar nicht. Zum ersten Mal seit einem halben Jahr habe ich quasi durch die Erde durchgeguckt - ich hatte genau vor Augen wie mein Papa in seinem Sarg liegt. Ich hatte solche Sehnsucht. Ich habe ihn jetzt schon ein halbes Jahr nicht mehr gesehen, gehört, gerochen oder gefühlt. Und ich werde es nie wieder tun! Deshalb auch mein Threadthema. Es müsste doch irgendwann mal erträglicher werden. Aber nö - momentan habe ich eine Phase in der nur jemand Papa sagen muss und ich hab Tränen in den Augen...

Heute kam der Grabstein, bin also heute zum Friedhof... Da stand ich nun hab seine Daten gelesen und konnte das gar nicht so ganz aufnehmen. Vollkommen surreal. Hatte ich doch solche Angst vor diesem Moment so habe ich das Gefühl, es entweder a) doch nicht so dramatisch war oder aber b) das Bild irgendwie nicht verarbeiten konnte. *seufz* Ich weiß es nicht!

Meine liebe Annett Du Forumsengel! Über Deine Antwort habe ich mich ganz besonders gefreut. Da hast Du soviel eigenen Kummer und schaffst es mich mal schnell hier zu trösten.
Du hast meinen Gefühlen Worten gegeben. Ja ich fühle mich meiner Basis beraubt! Und wiedermal stelle ich mir die Frage wie Du Dein Schicksal so meisterst.
Und ich warte auf die Zeit die da kommen mag in der das Unheilbare nicht mehr Mittelpunkt ist. Danke für diesen wunderbaren Zeilen.

Liebe Tanja Ja, Du hast Recht. Ich habe mich lange "geweigert" den Thread zu eröffnen. Aber auch ich muss reden und ich bin so dankbar hier nicht stark sein zu müssen!

desi Habe schon gesehen, dass Du rausgefunden hast wie man ein Thema eröffnet, werde gleich mal rüberschauen. Ich finde die Seele fliegen lassen so schön. An so was nettes haben wir irgendwie nicht gedacht.
Aber auch wir hatten meinen Papa noch den ganzen Tag über zu Hause und das war so schön. Ich konnte immer wieder zu ihm hingehen und ihn anfassen berühren und streicheln. Viele Leute sind erschrocken, wenn ich erzähle wie sein Todestag war. Aber sein Todestag war wirklich sehr schön. Wir waren wirklich ein Trauerhaus wie man das so aus Büchern und Fernsehen kennt. Jeder der kommen wollte ist gekommen, jeder hatte die Möglichkeit meinen Vater in seiner Umgebung zu sehen, es wurde geweint, geredet, sich in den Arm genommen. Aber auch Dankbarkeit und Erleichterung lag in den Räumen. Denn mein Vater sah so friedlich aus, dass man nicht anders konnte als vor Erleichterung aufzuatmen. Mein Bruder u. ich haben die Eingangstreppe mit Kerzen und Blumen geschmückt. Das Bestattungsunternehmen hat seinen Körper sehr würdevoll behandelt...

stella Danke - ich guck jetzt mal zu Dir... und auch ela lieben Dank für die Tröstengel!

Sandra

stella29 · #9 11.04.2008, 08:13

Das mit dem Grabstein und den Daten kann ich nur zu gut verstehen. Stand gestern auch vor der Urne mit den Daten und das schmerzte sehr.

Auch kann ich es gar nicht wirklich verarbeiten, daß Papa nun ein Häufchen Asche ist. Damit kann ich mich gar nicht anfreunden !! Mir wäre wohl einen Erdbestattung lieber gewesen... aber er wollte es so.

Jemand hat mal geschrieben, man solle es doch mal auch so sehen, somit wird auch der verdammte Krebs verbrannt. Der, der alles angerichtet hat !

Leider bin ich heute mich Magen-Darm notgezwungen auf der Couch. Gehts gar nicht gut ..

Lieben Gruß

Desi · #10 11.04.2008, 11:44

Huhu Sandra!
Das mit dem nicht begreifen können wenn man vor dem Grab steht, kann ich verstehen.
Aber für mich liegt in dem Grab nur die Hülle von meinem geliebten Dad.
Das wichtigste, das was ihn ausgemacht hat, seine Seele, ist oben im Himmel.
Genau wie dein Dad.
Und glaub mir sie schauen immer auf uns herunter und beschützen uns, daran glaube ich ganz fest.
Das hilft ein bisschen.
Das ihr das auch so gemacht habt das ihr den ganzen Tag euren Vater noch bei euch hatte finde ich sehr schön.
Ich konnte einfach so besser Abschied nehmen und es war einfacher für mich.
Das dein Dad so fiedlich aussah lag wahrscheinlich auch daran das er in Frieden sterben konnte und ihr ihm dies ermöglicht habt.
Ihr habt alles richtig gemacht.
Mein Dad hatte auch einen ganz friedlichen Gesichtsausdruck.
Das hat auch die Dame vom Beerdigungsinstitut gesagt.
Das hat mich dann schon ein bisschen beruhigt.

Mae-Geri · #11 11.04.2008, 20:26

Ich war um den Gesichtausdruck meines Vaters so froh und glücklich. Denn als ich ihn ein paar Stunden zuvor verlassen hatte war er alles andere als ruhig...

Das letzte was ich von meinem Papa lebend gesehen habe waren seine panische Augen und wie er wild vor Panik gestikulierend im Bett lag bzw. saß nach Luft rang...
An dem Sonntag verschlechterte sich sein Zustand und wir haben gedacht, er geht... Aber er hat sich in der Nacht berappelt. Am nächsten Tag bin ich arbeiten gegangen und abends wieder zu ihm. Ich war so kaputt und so fertig, ich war langsam in einer Situation wo ich gemerkt habe, dass ich es langsam nicht mehr schaffe. Ich hatte also beschlossen diese Nacht bei mir zu schlafen. Als ich mich von meinem Papa verabschieden wollte um ihn eine Gute Nacht zu wünschen fiel er mir wild röchelnd und gestikulierend in die Arme.
Ich wollte ihn Diazepam geben, meine Mutter weigerte sich. Mit Hilfe unserer lieben Nachbarn ist es dann doch gelungen. Ich bin derweil zusammen gebrochen. Ich war die ganze Zeit immer stark, ich habe meinen Vater während der Kriese am Sonntag immer wieder ins Gesicht gelächelt weil ich wollte, dass er sich auf den Weg macht. Er hat doch nur noch gelitten. Aber an dem Montag habe ich nur noch geweint. Meine Mutter - ausgerechnet meine Mutter wollte mich trösten. Ich konnte nicht anders als sie sehr schroff von mir zu weisen. M. - der liebe Nachbar hat gesagt ich soll fahren es ist o.k. Ich bin gefahren, das Bild meines Papas vor Augen. Ich weiß nicht wie ich nach Haus gekommen bin. Zu Hause bin ich dann richtig zusammen gebrochen und irgendwann in einen komaartigen Schlaf gefallen. Um kurz nach 5 klingelte mein Handy. Ich sah im Display das Bild meiner Ma und wußte es ist vorbei.

Als ich meinen Vater dann sah war ich sehr erleichtert. Meine Ma versichert mir, dass er sich beruhigt hat. Sie selbst schlief als er starb ist aber wohl quasi in der Minute als er starb aufgeschreckt.

Stella Ich kann Dich verstehen. Ich hätte auch Probleme mit einem Urnengrab. Allerdings ist die Vorstellung alle Krebszellen verbrannt zu haben wirklich tröstlich.

Ich fahre jetzt am WE weg, weiß nicht ob ich mich Sonntag noch anmelde. Ich freue mich wahnsinnig darauf hier für 1,5 Tage die Türen zu schließen.

Sonntag wäre mein Papa 60 geworden...

Ich wünsche Euch ein schönes Wochenende!

Sandra

stella29 · #12 11.04.2008, 21:02

Hallo Sandra,

lese jetzte erst DEINE Geschichte, du schreibst, wie du deinen Papa zuhause hattest und ihr sooo liebevoll Abschied genommen habt. Ihr wart wirklich ein Trauerhaus, wie es sich jeder wünschen würde. Dein Papa wäre mächtig stolz af Euch gewesen . Ich stelle es mir allerdings auch sehr schmerzhaft vor, kann es leider nicht beurteilen, denn Papa starb im KH - genau dort,wo er nie sterben wollte

Habe genauso wie du die ängstlichen Augen in erinnerung mit diesen schlimmen an Luft röchelnden Geräusch. Sein Gesichtsausdruck als er starb war ängstlich. Leider blieben wir nur eine halbe Std. noch an seinem Bett, ich musste weg, es lag da nicht Papa. Er sah so fremd aus. Heute, bereue ich das sehr, ihn allein gelassen zu haben. Wäre ich doch nur länger bei ihm geblieben - evtl. hätte ich auch einen friedlichen Gesichtsausdruck erlebt. Nur ich hatte Angst, Angst vor noch schlimmeren Bildern. Hatte noch nie jemanden beim Sterben begleitet oder tot gesehen. Heute schäme ich mich für meine Angst. Das belastet mich ein bisschen.

Das mit dem Verbrennen der Krebszellen ist mein einziger Trost, ansonsten find ich die Vorstellung einfach grausam. Aber ebenso Erdbestattung.

Aber genug nun - du sollst die dieses WE entspannen und auf andere Gedanken kommen. Ich drück dich und bin Sonntag in Gedanken bei dir - du schaffst das !

ganz lieben gruß