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  #1  
Alt 12.05.2006, 19:58
lamandarina lamandarina ist offline
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Beiträge: 16
Standard Psychische Folgen Hirntumor OP

Wer hat ähnliche Erfahrungen?

Bei meiner Mama wurden vor 2 Tagen 2 (eine in der Sehrinde, eine im Bewegungszentrum) der mindestens 4 Hirnmetastasen (die Ärzte sprechen sogar von 6-10) in einer 8stündigen OP entfernt. Sie sollte nur bis gestern auf der Intensiv-Station bleiben, nun muß sie doch länger bleiben.

Nach der OP war sie natürlich extrem erschöpft und schläfrig, aber ansprechbar und hat meinen Papa erkannt. gestern war er viele Stunden bei ihr, sie ist aber immer wieder eingeschlafen und hat nur sehr wenige Worte gesagt. Sie sagte, dass sie das Gefühl hat, es nicht noch einmal zu schaffen ... ... ... Wer meine anderen Beiträge kennt, weiss vielleicht, dass sie bisher schon 3x an Brustkrebs erkrankt war und es jedes Mal ein langer Kampf war ... Es tut so wahnsinnig !!! weh, sie so zu sehen, sie ist doch immer so stark und zuversichtlich gewesen ...

heute war mein Papa wieder viele Stunden bei ihr und sie hat ihn zwar wahrgenommen, war aber ganz verworren, hatte Halluzinationen und Angstvorstellungen ... mein Papa meinte, es kamen immer wieder Bilder von der Operation hoch ... Wie kann denn sowas sein? Ich weiß nicht ganz, wie so eine OP abläuft, habe aber gelesen, dass bei OP's in kritischen Bereichen der Patient während der OP aufgeweckt wird ... ist das wahr, kommen die Bilder vielleicht daher? Schon allein die Vorstellung ist unerträglich ... Die Ärzte haben überhaupt nicht viel dazu gesagt, nur dass das nicht unbedingt normal ist nach so einer OP ... Sie meinten auch, dass es wohl letzte Nacht so schlimm gewesen sein muss, dass sie festgebunden werden mußte ... Mein Gott, diese Krankheit ist so ein Albtraum, ich kann einfach nicht mehr, wir sind alle so sehr am Boden, die Diagnose war gerade mal vor nicht ganz vier Wochen ... Lebermetastasen hat sie ja auch noch, wie soll das nur weitergehen ... Wie soll meine arme liebe mama noch kämpfen können, wenn diese Krankheit sie so sehr unter Kontrolle hat ... Ich kann das ganze Ausmaß nicht begreifen, der Schmerz ist unendlich groß ...

Wird es ihr wieder besser gehen in den nächsten Tagen? Wer von Euch hat Erfahrungen mit den Nachwirkungen so einer schweren OP?

Ich werde morgen mit ins Krankenhaus gehen, ich will für meine Mama und auch für meinen Papa, der wirklich völlig hinüber ist (in den letzten Wochen sind all seine Haare weiß geworden und er läuft nur noch gebeugt und mit gesenktem Blick, er kann nicht schlafen und kaum essen ...) dasein, doch habe ich riesige Angst vor dem, was mich erwartet, ich weiß einfach nicht mehr damit umzugehen, trotz Beruhigungsmitteln und 1x/Woche Psychologe ...
Scheiße, wie soll das Leben jetzt weitergehn ... Sie ist doch meine Mama und noch so jung (51). Es geht doch mit einem Menschen zuende, wenn er sein Leben gelebt hat, alt ist und seine Enkelkinder aufwachsen sehen hat... Dann ist er bereit zu gehen und man kann ihn auch gehen lassen ... Ich kapiere es einfach nicht, was ist der Sinn dieser Krankheit? Es ist eine Krankheit, die mit dem menschen stirbt, also was ist der Sinn?

LAMANDARINA
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  #2  
Alt 13.05.2006, 11:09
Sabine K Sabine K ist offline
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Standard AW: Psychische Folgen Hirntumor OP

Liebe Lamandanrina,

dein Bericht über deine Mutter läßt bei mir Gänsehaut entstehen und deine Frage ist berechtigt. Wo ist da der Sinn. Nun, den werden wir wohl nie verstehen. Sicher hast du Recht, eigentlich müssen wir doch alle alt werden und unsere Enkelkinder heranwachsen sehen. Aber leider ist es manchen Menschen nicht vergönnt. Jeder hat in seinem Leben eine Aufgabe zu erfüllen und wenn diese erfüllt ist "müssen" wir gehen. Ich frage mich nur, genau wie du auch, muß es unter solcher Qual sein. Deine Mutter hat ihren Kampf sicher schon verloren, aber sie möchte oder will für euch vielleicht noch bleiben. Meine Schwester ist mit 50 J. an einem Hirntumor gestorben. Sie wollte natürlich auch gerne noch leben. Aber irgendwann habe ich den Mut aufgebracht, ihr zu sagen, dass sie auch gehen kann. Das sie für uns nicht hierbleiben muß, um sich weiter zu quälen. Ich habe ihr erzählt, dass wir alles in ihrem Sinne weitermachen. (Wir waren 3 Schwestern und hatten uns zusammen mit unseren Familien gemeinsam ein 3-Familien-Haus gekauft) Sie ist dann von uns gegangen und der Schmerz war riesengroß. Aber getröstet hat uns, dass sie nicht mehr so sehr leiden mußte.

Mein Onkel ist jetzt auch an einem Hirntumor erkrankt. Er wurde 3 mal operiert, lag lange auf der Intensiv-Station, anschließend Wach-Station. Er hat sich aber davon erholt. Aber er ist nicht mehr der Gleiche, wartet auf seinen Tod. Hat kein Interesse mehr.

Ich habe viele Bücher von Kübler-Ross gelesen. Die Schwerst-Kranken bzw. Sterbenden durchleben viele Phasen und für uns ist es schwer diese zu verstehen.

Ich wünsche deiner Mama, dass sie nicht mehr so lange leiden muß. Und dir und deinem Papa wünsche ich, dass ihr die Kraft habt, das mit ihr durchzustehen. Gib ihr all deine Liebe und sei für sie da. Das ist das, was du für sie tun kannst.

Sei lieb gegrüßt

Sabine
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  #3  
Alt 13.05.2006, 14:26
sanne2 sanne2 ist offline
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Beiträge: 1.088
Standard AW: Psychische Folgen Hirntumor OP

Liebe Lamandarina,
es tut mir sehr leid, was Ihr zur Zeit durchmachen müsst!
Der jetzige Zustand Deiner Mutter muss nicht unbedingt so bleiben.
Es ist häufig nach operativen Eingriffen am Kopf, das Menschen nach der Operaion an einem sogenannten Durchgangssyndrom leiden. Das heißt, sie leiden unter Verwirrtheitszuständen und Desorientierung. Häufig wird es durch den pysischen und psychischen Stress verursacht. Deine Mutter hatte sicherlich große Angst vor der OP , wer hätte das nicht, und hat ja auch vorher genug mitgemacht. Das muss der Körper erst einmal verarbeiten. Für die Angehörigen ist es natürlich erschreckend, aber Deine Mutter wird sich später bestimmt nicht mehr daran erinnern können, vielleicht noch Bruchstückenhaft. Es ist wohl nur ein kleiner Trost in Eurer Situation, aber was kann man Dir sonst noch sagen? Ihr werdet viel Kraft brauchen um das alles durchzustehen! Bietet das Krankenhaus, in dem Deine Mutter liegt psychologische Hilfe an? Dein Vater wird auch Hilfe brauchen!
Ich wünsche Euch, vor allem Deiner Mutter, viel Kraft und Stärke !
Herzliche Grüße!
Sanne
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  #4  
Alt 15.05.2006, 21:49
lamandarina lamandarina ist offline
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Beiträge: 16
Standard AW: Psychische Folgen Hirntumor OP

liebe sabine,

vielen dank für deine antwort, es tut wirklich gut zu wissen, dass man mit dieser schlimmen krankheit und dem ganzen leid, das damit verbunden ist, nicht allein ist. wie hast du es geschafft, das alles zu akzeptiern oder hinzunehmen? mich macht der schmerz enorm fertig. ich bin an einem punkt, wo ich denke, es geht gar nichts mehr, ich kann es einfach nicht begreifen; ich wache immer noch jeden morgen auf und bete, dass es nicht wahr ist. warum sie, sie ist so eine liebe mama, sie war immer für mich da, wenn es mir schlecht ging und hat alles wieder besser gemacht, mit ihrer liebevollen art und ihren lieben augen und händen ... die krankheit hat ihr alle würde genommen, sie hatte sich von der letzten chemo wieder so gut erholt und gekämpft, sie ist immer wieder aufgestanden und nun wird sie wieder auf den boden geworfen ... vielen dank auch für die buchempfehlung, hab mal bei amazon nachgeschaut, da gibt es ja so einige titel. kannst du mir vielleicht ein oder zwei der bücher ganz besonders empfehlen?

liebe grüße

LAMANDARINA
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  #5  
Alt 15.05.2006, 22:01
lamandarina lamandarina ist offline
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Beiträge: 16
Standard AW: Psychische Folgen Hirntumor OP

liebe sanne,

vielen dank für deine antwort. ich hoffe sehr, dass sich meine mama bald wieder besser fühlt, vorallem dass sie nicht mehr ständig so extrem erschöpft ist. es tut sehr weh, mit ansehen zu müssen, wie die krankheit sie fertig macht. mit psychologischer hilfe im krankenhaus haben wir leider sehr schlechte erfahrungen machen müssen, habe aber den kontakt einer frauenärztin herausgefunden, die auch im bereich psychoonkologie tätig ist. darum werde ich mich intensiver kümmern, wenn meine ma aus dem krankenhaus raus ist. als nächstes ist ja noch die therapie/evtl op für die lebermetastasen dran, und dann bestrahlung. ich hoffe so sehr, dass es einigermaßen erträglich sein wird und vorallem etwas bringt. ich wünschte, ich könnte ihr die nebenwirkungen ersparen. ich selbst gehe jetzt einmal pro woche zum psychologen, das hatte mir auch schon früher sehr geholfen. der psychologe ist selbst total betroffen von dem, was wir hier durchstehen müssen, oft weiß er gar nicht, was er sagen soll, aber ich denke, es bringt trotzdem etwas. mein papa lehnt psychologische hilfe leider bisher total ab, er meint, dafür ist die familie da, doch teilen wir eben alle die gleichen sorgen. ich denke, es wäre gut für ihn, wenn er mal ganz offen über seine ängste und gefühle mit einem 'professionellen fremden' reden könnte, irgendwie sagt man dort doch mehr ...

Liebe Grüße

LAMANDARINA
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  #6  
Alt 16.05.2006, 16:24
Sabine K Sabine K ist offline
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Beiträge: 113
Standard AW: Psychische Folgen Hirntumor OP

Liebe Lamandarina,

die Bücher sind, natürlich habe ich nicht alle gelesen, aber sicher alle lesenswert. Mir haben besonders gut gefallen: Interviews mit Sterbenden, Leben bis wir Abschied nehmen und Leben nach dem Tod.

Beeindruckt war ich auch von einer Kino-Dokumentation von Kübler-Ross. Sie war ein beeindruckende Frau und wenn man ihr richtig zuhört, oder auch ihre Bücher liest, dann verliert man ein klein wenig die Angst vor dem Sterben.

Aber das Alles wird Dich, logischerweise, im Moment sicher nur schwer trösten. Du bangst ja um Deine Mama und das ist ganz schön schrecklich, obwohl ich es noch nicht erlebt habe.

Nun, Du wolltest wissen, wie ich mit dieser schrecklichen Krankheit bei meiner Schwester fertig geworden bin. Eigentlich gar nicht. Erst fällt man in ein riesiges schwarzes Loch. Morgens beim ersten Gedanken daran, hofft man, dass es nur ein Traum war. Irgendwann habe ich nach Möglichkeiten gesucht, ihr doch noch zu helfen. Aber da gab es keine. Der schlimmste Moment war damals, ihr zu sagen, dass wir sie in ein Hospiz bringen. Sie hat dann garnz furchtbar geweint. Das werde ich nie vergessen. Aber sie zu Hause zu pflegen, dass hätten wir niemals bewerkstelligen können. Wir haben sie dann jeden Tag mehrere Stunden besucht. Dort waren wir dann ganz für sie da und wurden nicht durch Telefon, Kinder, Hunde u.s.w. gestört. Diese Stunden gehörten uns. Durch Anregung der Bücher und eines Seelsorgers hatte ich dann irgendwann den Mut, mit ihr über DAS GEHEN zu sprechen. (Sie war ja komplett gelähmt und konnte nicht mehr sprechen) Aber sie konnte mir Zeichen mit den Augen geben. Ich habe versucht, alles noch mit ihr zu klären. Ich habe versucht, ihr den Abschied leicht zu machen. Nur ihren größten Wunsch, noch einmal nach Hause zu kommen, den konnte ich ihr nicht erfüllen. Kein Krankentransport wollte die Verantwortung übernehmen. Aber dann hatte ich eine Idee. Ich habe ein Video aufgenommen und alles gefilmt. Ihr (unser gemeinsames) Zuhause, ihre Tiere, das Grab ihres Mannes (der 2 Jahre vorher m. 49 gestorben war), ihren Arbeitsplatz, ihre Kolleginnen -die ihr mit Kaffeebecher zugeprostet haben u.s.w. Ich kann Dir gar nicht sagen, wie glücklich sie über diesen Film war, auch wenn sie zwischendurch viel geweint hat.

Ich habe immer gebetet, dass sie endlich gehen darf. Dieses Leid zu ertragen war oftmals nicht auszuhalten. Aber ich wußte auch, wenn der Tag kommt, dann falle ich wieder in ein tiefes Loch.

Im kommenden November ist sie 3 Jahre tot. Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht an sie denke. Sie war meine allerbeste Freundin und mit ihr konnte ich über alles reden. Aber dann denke ich immer daran, wie sehr sie gelitten hat und das es egoistisch wäre, sie länger behalten zu wollen. Und nur das ist für mich ein Trost.

Und ich glaube fest daran, dass sie da oben irgendwo ist. Das sie unser Leben weiterhin begleitet, auch wenn ich sie nicht sehe. Und irgendwann wird sie mich holen, aber das kann noch ganz lange dauern, denn ich freue mich wieder üben jeden schönen Tag.

Der Schmerz vergeht nie - aber er verändert sich.

Sei für Deine Mama da und zeige (sage) ihr, wie lieb Du sie hast. Sei auch für Deinen Vater da und für Dich selbst. Man kann unendlich stark sein, wenn man gebraucht wird, das hält man manchmal gar nicht für möglich.

Sei lieb gegrüßt

Sabine
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