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  #1  
Alt 06.02.2005, 21:33
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Standard Hinterbliebene sind Aliens

Liebe Leute,

ich bin so froh, dieses Forum endlich gefunden zu haben! Denn ich habe immer wieder den Eindruck, als müsse man Trauernde, vor allem solche, die im Angesicht des Ablebens nicht voller Schiss weggelaufen sind, so schnell wie möglich zum Schweigen bringen, damit die heile Welt der anderen keinen Schaden nimmt. Manchmal habe ich das Gefühl, an dieser Ignoranz innerlich zu zerbrechen.

Vor drei Monaten habe ich meinen besten Freund im Alter von nur 23 Jahren verloren. Nach der ersten Diagnose (schwarzer Hautkrebs) vergingen nicht einmal sieben Monate, bis er Ende September auf die Palliativstation kam. An jenem Tag habe ich alles stehen und liegen lassen und bin in meine Heimatstadt gefahren, wo er nun von seinen Eltern betreut wurde. Ahnungslos, was eine Palliativstation sei, glaubte ich zunächst seinen Beruhigungen, er würde dort nur wieder aufgepäppelt werden. Fünf Wochen später war er tot.

Ich bin die ganzen fünf Wochen nicht von seiner Seite gewichen, habe mein eignes Leben samt aller Verpflichtungen auf Eis gelegt (Erstaunlicherweise geht das!), um täglich zehn Stunden an seinem Bett zu sitzen. Nach zwei Wochen im Krankenhaus konnte er nach Hause verlegt werden, wo er schließlich gestorben ist. Das bedeutete natürlich, dass alle mit anpacken mussten. Es waren nicht einfach Krankenbesuche, sondern teilweise harte Pflegearbeit. (Viele von Euch werden das kennen.)

In dieser Zeit war ich wie betäubt. Ich hatte eine Aufgabe und musste stark sein, für eine emotionale Bewältigung der Situation blieb keine Zeit. Auch in den Wochen danach war ich noch so betäubt von dem "Arbeitseinsatz", dass an Trauern kaum zu denken war. Als ich fünf Wochen später endlich mit dem Trauern beginnen konnte, kam mein Vater mit einer schweren Krankheit ins Krankenhaus. Also wieder zurück zu den Eltern, wieder vier Wochen jeden Tag ins Krankenhaus gehen. Es kam Weihnachten, Silvester, Intensivstation, wieder innerlich Abschied nehmen. Mein Vater hat es geschafft, doch das Erlebnis, die Nerven, die Angst, waren wieder die gleichen. Wieder blieb für Verarbeitung keine Zeit, stattdessen kam noch ein Horror-Erlebnis dazu.

Seit Mitte Januar versuche ich nun, wieder gemäßigt zu leben und all das hinter mir zu lassen. Ich hätte großen Redebedarf, doch wer will das schon hören? In dieser gesamten Zeit habe ich mehrere Freunde verloren, da sie mit meiner Situation völlig überfordert waren. Ich musste nicht einmal ins Detail gehen, einzig der Fakt hat sie in die Flucht geschlagen. Anrufe und Emails werden nicht beantwortet. Schweigen. Missachtung. Feigheit.

Die Freunde, die nicht weggeblieben sind, verliere ich nun Stück für Stück, weil sie kein Verständnis dafür aufbringen können, dass ich mich in den letzten vier Monaten sehr verändert habe. Das Resultat ist, dass ich mich in meinem Alltag fühle wie ein Alien.

Die Trauer, der Verlust, das Abschiednehmen und Gehenlassen - das ist eine Sache. Das allein braucht schon genug Kraft. Doch die Erfahrung, die damit darüber hinaus verbunden ist, ist eine ganz andere: Wochenlang zu sehen, wie ein geliebter Mensch leidet. Sich die Seele aus dem Leib kotzt, nicht mehr aufstehen kann, nicht mehr essen, nicht mehr trinken. Wie das Morphium ihm jeden Tag etwas mehr den Verstand vernebelt, bis schließlich gar kein Gespräch mehr möglich ist. All das zu erleben. Nicht wegzusehen. Dazubleiben. Das prägt. Manchmal fühle ich mich mit 24 Jahren wie eine alte Frau. Was dazu führt, dass mich schlichtweg niemand mehr versteht! Aber wie auch, wenn sich keiner traut, richtig zuzuhören? (Dass jemand versucht, sich einzufühlen, will ich schon gar nicht erwarten, das halte ich für nahezu unmöglich.)

Ich war neulich richtig erschrocken, als ich feststellte, dass erst drei Monate vergangen sind. In der Zwischenzeit ist so viel passiert, dass es mir wie eine Ewigkeit vorkommt. Doch nun, wo ich wieder etwas zur Ruhe komme, kommt auch immer mehr das Bedürfnis nach aktiver Verarbeitung. Im Moment habe ich das Gefühl, einfach nur über alles reden zu wollen. Über das Erlebte, die Konsequenzen, die Schwierigkeiten im Alltag, meine veränderte Weltsicht usw. Doch die wenigen Möglichkeiten, die sich dazu bieten, enden damit, dass man kluge Ratschläge bekommt. Wohlgemerkt von Leuten, die nicht die leiseste Ahnung haben, weil sie selbiges nie erlebt haben! Dass ich stark sein kann und nach genug Weinen und Schluchzen mich da selbst wieder rausziehen kann, brauche ich eigentlich keinem mehr zu beweisen. Aber ich will keine Ratschläge! Ich will keine Zauberformel! Ich will einfach mal erzählen! Mich anlehnen und einfach mal schwach sein.

Schön, dass das hier wenigstens möglich ist.

Vielen Dank fürs Zuhören!

Was habt Ihr für Erfahrungen gemacht mit den Nachwirkungen von Sterbebegleitung?
Wie hat sich dieses Erlebnis auf Euch ausgewirkt?
Wie hat Eure Umwelt auf Eure innerlichen Veränderungen reagiert?
Gibt es irgendwelche sinnvollen Ratschläge, wie man mit dem Unverständnis und der Taubheit der anderen klarkommen kann, ohne sich selbst dabei zu verkapseln?

Liebe Grüße und einen guten Wochenstart wünscht Euch


jabka
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  #2  
Alt 06.02.2005, 22:20
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Hallo Jabka,
Du sprichst mir aus der Seele. Es ist, wie wenn ich diese
Zeilen geschrieben hätte. Leider kann ich Dir auch keine
Ratschläge geben. Es gibt auch in meiner Umgebung nur wenige,
die von meiner Trauer hören wollen. Bei vielen, vor allem
die nächsten Verwandten, ist es so (mir scheint es jedenfalls
so), dass sie einfach nicht darüber reden wollen, weil sie
Angst haben ihre Trauer zu zeigen und wieder an alles erinnert werden. Dass das für mich grausam ist, verstehen sie alle nicht. Sie wollen alle weiterleben und tun es auch, als sei
nichts geschehen. Vielleicht sind wir in dieser Richtung aber alle auch ein wenig "empfindlich". Vielleicht können "diese"
Leute einfach nicht ihre Trauer zeigen oder denken sie erinnern uns nur an alles. Ist aber absoluter Blödsinn, da unsere Gedanken Tag und Nacht sowieso nur um unsere/n Liebsten
schwirren.
Jetzt noch kurz zu meiner Person. Mein Mann (34 Jahre) verstarb am 19.09.2004 an einem metastasierenden malignen
Melanom (genau wie dein Freund). Wir waren 18 Jahre zusammen, davon 13 verheiratet.
Primärtumor war 03/2002.
Kein Lymphknotenbefall. 18 Monate Interferontherapie. Nach 2 Monaten ging die ganze sch... Krankheit wieder los. Was ich/
wir in den letzten Monaten durchgemacht haben (2 superschwere Operationen, 3 verschiedene Chemos, BLuttransfusionen) brauch ich Dir sicher nicht ausführlich schreiben.Auch wie ich mich fühle, ist Dir sicher klar. Bin immer froh,
wenn ich hier im Kompass jemand finde, der als Angehöriger oder Freund so etwas miterleben mußte. Warum gibt es nur so
eine sch... Krankheit?
Schlimm für mich ist auch, wenn ich manche höre, die sich über ihre vermeintlichen Wehwechen oder für mich Miniprobleme austauschen. Da möchte ich am Liebsten immer nur schreien und wünsche mir (entschuldigt bitte alle vielmals, aber ich denke es geht vielen ähnlich) heimlich, dass diese Menschen auf irgend eine Art und Weise so etwas auch mal erleben müßten.
Dann erst wissen sie, was Probleme sind.
So nun liebe Grüße und gute Nacht
Heike
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  #3  
Alt 07.02.2005, 00:58
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Hallo Jabka,

deinen Ausführungen ist eigentlich absolut nichts mehr hinzuzufügen. Ich kann alles so bestätigen, wie ich es von dir lese. Die Umwelt kann nicht damit umgehen, keiner, der es nicht selbst erfahren und fühlen muss/te wird es verstehen.

Wenn zu diesem nicht wissen, was es bedeutet auch noch mangelnde Herzensbildung kommt, bist du als Hinterbliebener oftmals in Situationen, dass es dir die Sprache verschlägt.

Leere Floskeln "sei froh, dass er nicht mehr leiden muß" (natürlich bin ich froh, dass er nicht mehr leiden muss, aber warum musste er überhaupt leiden? ) Schrecklich sind auch diese "du musst dies, oder du sollst das nicht" Ratschläge, Ich weiß selbst, dass ich muss, schließlich habe ich Kinder, die mich brauchen, aber w i e ich es schaffen kann, dafür sind dann die Ratgeber nicht mehr zuständig. Und das kalte Kotzen (entschuldige) bekomme ich, wenn ich mir anhören muss, dass es für ältere Paare ja noch schlimmer sein muss, wenn ein Partner geht. Weißt du wie ich mich dann fühle. Es ist so eine Art Wertigkeit von Trauer, ich war ja "nur" 28 mit meinem Mann zusammen, also ist es ja nicht ganz so tragisch. Warum stelle ich mich also so an, warum wache ich morgens mit dem Gedanken an meinen Mann auf und mein letzter Gedanke gilt ihm ?Warum könnte den ganzen Tag weinen, warum? Mein Schmerz kann ja gar nicht so schlimm sein, wir waren ja noch so jung! Noch ne Floskel: Du hast ja noch deine Kinder! Klasse! Mal schön Äpfel mit Birnen "ersetzen" oder was? Klar ist es toll, dass ich meine Kinder habe, sie geben mir den Sinn dafür, überhaupt noch etwas zu wollen, sie lassen gute Gefühle in mir zu, sie lassen mich lächeln, mich freuen und weiterhin dankbar sein. Aber sie können die Leere in mir nicht füllen, die sich seit dem Tod meines Mannes und besten Freundes in meinem Herzen breit macht. Sie können die Sehnsucht nicht stillen, die ich jede Sekunde am Tag nach ihm habe...

Heike, es wird sie treffen, irgendwann und irgendwie, jeden einzelnen. Jeder hat in diesem Leben sein Päckchen zu tragen. Und was glaubst du wie tief der Absturz wird bei all jenen, die unüberlegt und ohne jedes Einfühlungsvermögen ihren Müll verbreiten, weil sie keinen Gedanken an überhaupt irgendetwas verschwenden, was glaubst du, wie unvorbereitet und heftig es die alle treffen wird...

Mein Herz ist nicht nur traurig und einsam, z.Zt. auch wieder fürchterlich verbittert, ich hoffe, ihr seht es mir nach...

Liebe Grüße
Andrea
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  #4  
Alt 07.02.2005, 09:11
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Hallo Jabka, Heike, Andrea und alle anderen,

in euren Worten finde ich mich wieder.
Jabka, genau man kommt sich vor wie ein Alien.
Morgen ist es 15 Wochen her, nur drei Wochen nach der Diagnose Krebs, starb mein geliebter Vater.
Ich habe die drei Wochen mein Leben (wie Jabka es ausdrückte) auf Eis gelegt und war nur noch für meinen Vater da.
Jeden Tag kam eine schlimmere Diagnose. Keiner von uns hatte auch nur annähernd Zeit, irgendetwas von dem was passiert ist zu realisieren.
Wir handelten, wie uns unser Herz befahl. Gaben meinen Vater in seinen letzten Tagen und Stunden, Liebe und Zuwendung, waren stark bis zum Schluss. Es gibt für uns alle nichts Schlimmeres. Er ist nicht mehr da.
Bis heute ist es für mich nicht real geworden. Ich lebe nach aussen hin mein Leben weiter, gehe aus, lache, lebe. Aber innerlich bin ich zerbrochen. Der Gedanke daran das mein geliebter Vater nie mehr wieder kommt und wie er die letzten Tage erlebt hat – das macht mich wahnsinnig.

Wisst ihr und dann kommen auf eine Äußerung wie z.B. „mir geht’s heute schlecht“ – Äußerungen wie: „wieso was ist denn“ – „wie immer noch wegen deinem Vater“ – „jetzt muss es doch auch mal gut sein!“

Das alles macht mich traurig, so dass ich aufgegeben habe über meine Gefühle zu reden.

Meine Mutter und mein Bruder und alle übrigen Verwandten halten es auch so wie Heike die Erfahrung gemacht haben. Am liebsten nicht drüber reden.

Aber ich, ich möchte den Namen meines Vaters sagen, von ihm erzählen, von ihm hören. Er fehlt mir so unendlich.

Manchmal denke ich, ich bin egoistisch, denn alle fragen mich immer: „Und, wie geht’s Mutter??“ Und was ist mit mir??? Ich weiss, einen Partner zu verlieren, ist das Schlimmste was einem passieren kann. Aber ich habe meinen Vater verloren, und das ist das Schlimmste für mich. Irgendwelche Wertigkeiten festlegen – das geht einfach nicht.

Ich glaube, Menschen die diese Erfahrung noch nicht gemacht haben, haben eh keinen Plan, wie man sich fühlt!.

Aber hier fühle ich mich, Gott sei Dank, gut aufgehoben und verstanden.

Sorry, ich musste mich mal auskotzen.

Lieben Gruß
Petra
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  #5  
Alt 07.02.2005, 09:12
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Liebe jabka,

schön dass du dieses Forum gefunden hast. Es tut einfach gut, sich in dieser Schweren Lage mit anderen Menschen auszutauschen, die unseren Schmerz nachvollziehen können – auch wenn die Umstände so traurig sind und man sich natürlich lieber auf andere Weise kennen lernen würde... Ich finde, alle hier sind doppelt schwer getroffen – nicht nur der Verlust eines geliebten Menschen sondern auch die schmerzliche Zeit davor. Zu erleben, wie man letztendlich machtlos, natürlich nicht tatenlos!, Stück für Stück dieser sch.. Krankheit das Zepter übergeben muß ist unbeschreiblich.

Man denkt schon während des Krankheitsverlaufes einige Male zu zerbrechen, schöpft aber dennoch immer wieder Kraft um die Hoffnung, manchmal auf ein Wunder einfach nicht aufzugeben und das ist auch gut so.

Es tut mir sehr leid für dich dass du deinen besten Freund verloren hast, es gibt wirklich nichts was nun trösten könnte. Fühl dich unbekannterweise umarmt und gedrückt von mir. Vielleicht magst du ja etwas mehr schreiben, auch wie alles anfing und dann weiter ging?

Ja, es ist richtig – als ‚Trauernde/r’ kommt man sich schon oft vor wie ein Alien. Die Reaktionen sind sehr unterschiedlich, die meisten sind einfach überfordert. Ich könnte mir z.B. vorstellen, das einige deiner Freunde öfter versucht haben, deine emails zu beantworten aber einfach nicht die richtigen Worte fanden – und bevor sie sinnloses unpassendes Zeug schreiben haben sie einfach nix geschrieben?

Von einigen meiner bzw. unserer Freunde/Bekannten habe ich nach dem Tod meines über alles geliebten Schatzes auch gar nichts mehr gehört. Ich nehme ihnen das aber nicht übel, es ist mir lieber als diese oberschwachsinnigen Ratschläge oder Äußerungen von denen auch ich die Nase mehr als gestrichen voll habe (..das Leben muß ja weitergehen, .... du bist ja noch jung und findest sicher einen neuen Partner,....eigentlich war es ja eine Erlösung,...sei froh dass es dann doch so schnell ging, ...hast du denn das Cabrio noch,...gehst du auch auf die Karnevalsfeier,....und und und). Oft habe ich auch erlebt, dass nach kurzer Frage wie es mir geht dann die eigenen Leidensgeschichten ausgesprochen und ausgebreitet werden.... (wie bei älteren Leuten im Arztwartezimmer, dem einen geht es schlechter als dem anderen und das muß dann übertrumpft werden?!) ...oder auch wieder nur Hilflosigkeit und fehlende passende Worte (die es ja auch nicht so richtig gibt??).

Aber es gibt einige wenige Lichtblicke unter Freunden, Arbeitskollegen und in der Familie; auch sie mussten irgendwie mit durch und standen hilflos zur Seite, haben einiges ertragen müssen weil mir natürlich ab und an die Nerven blank lagen...! Dafür bin ich mehr als dankbar und denen werde ich das nicht vergessen. Ich drücke dir sehr die Daumen, das du auch solche ‚Lichtblicke’ in deinem Umfeld haben wirst, manchmal dauert es eine Weile und dann meldet sich jemand, bei dem man spürt dass es ihm ernst ist mit seinem Mitgefühl.

Es ist gut für dich dass du dich jetzt mit deiner Trauer auseinandersetzt und dich nicht davon abbringen lässt, auch wenn du andere Menschen damit in die Flucht schlägst. Denke daran, es ist für DICH wichtig DICH damit auseinanderzusetzen, damit es ein Überleben für DICH gibt.

Glaube mir, ich kann dich verstehen! Oh, jetzt hab ich einen Roman geschrieben obwohl du eigentlich nur jemanden zum Zuöhren brauchtest.

Du fragtest nach einem Ratschlag; meiner wäre lasse dir und anderen Zeit, erwarte nicht zu viel und freue dich, falls etwas darüber hinaus geht.

Nochmals, fühl dich umarmt!

Auch ein Hallo an Heike und Andrea(da bist du ja schon wieder )),

ich war auch ‚nur’ fast 18 Jahre mit meinem Schnucki zusammen, und ‚nur’ fast 12 Jahre verheiratet...aber dafür sehr intensiv und glücklich. Ich möchte niemanden verletzen, für mich bin ich aber sicher es wäre mir leichter gefallen mein Schatz hätte mit 90 Jahren nach einem erfüllten langen Leben auf das man zufrieden zurückblicken kann von mir gehen müssen als viel zu früh und unter solchen schrecklichen Bedingungen mitten aus dem Leben, das wir uns gemeinsam aufbauten gerissen zu werden.

Ich wünsche EUCH alles Liebe und wünsche MIR dass Ihr trotz allem nicht verbittert sein müsst (Andrea natürlich sehe ich es nach!!), auch wenn es schwer fällt – das ist doch nur negativ für uns, hilft uns nicht weiter und diejenigen wegen denen man verbittert sein möchte spüren es eh nicht.

Alles Liebe,
Bärti
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  #6  
Alt 07.02.2005, 09:22
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Guten Morgen,
ehrlich gesagt, macht es mich traurig und betroffen, dies hier von Euch zu lesen.
Es erscheint mir ein wenig ungerecht, wie hier über Menschen, die wohl nur ihr Bestes geben und ihr Mitgefühl ausdrücken möchten, geurteilt wird. Sicherlich ist man unbeholfen und sagt nicht immer - wahrscheinlich nie - das Richtige. Dies liegt aber wohl eher daran, dass man einfach unsicher ist, nicht weiß, welches die richtigen Worte bei solch großem Leid sind. Wäre es besser, keiner würde sein Mitgefühl, sein Beileid äußern?
Ich nehme an, wir alle kennen diese Hilflosigkeit, dieses nach Worten suchen, die dann doch nur oberflächlich und leer wirken und wohl auch nie richtig sein können.
Aber sie kommen von Herzen und ich denke, nur das zählt!
Es hat wohl keiner verdient, einen geliebten Menschen so jung und so leidvoll zu verlieren, aber wir dürfen doch anderen nicht den Vorwurf machen, dass sie unsere Gefühle nicht nachvollziehen können und diese grausame Erfahrung (noch) nicht gemacht haben. Auch wir konnten das vor dem Verlust unserer Liebsten nicht und das ist gut so!
Traurige Grüße
Sabine
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  #7  
Alt 07.02.2005, 09:26
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... nochmal ich.
Ich meinte übrigens nicht, dass ich nachvollziehen kann, dass man sich zurückzieht und die Hinterbliebenden meidet. Mir ging es um die Worte, die man findet (oder nicht), um sein Beileid zu äußern.
Also bitte nicht falsch verstehen.
Ganz liebe Grüße
Sabine
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  #8  
Alt 07.02.2005, 10:16
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Klar klingt das heftig und ungerecht zu sagen - ihr könnt gar nicht mitreden, ich habt das nicht mitgemacht, ihr versteht nichts von meinem Scmerz- aber das beschreibt Andrea ganz gut:
"Mein Herz ist nicht nur traurig und einsam, z.Zt. auch wieder fürchterlich verbittert, ich hoffe, ihr seht es mir nach... "
Genau das ist es!
Diese Verbitterung lässt mich auch sagen: wieso lebt dieser Mensch oder jener und meine Ma nicht mehr.
Verstehe aber auch, das man auch unsicher ist, was soll man zu einem Trauerndem sagen, da gibt es nicht tröstendes. Man will nichts falsch machen und macht es doch.
Meine Ma starb vor drei Wochen!
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  #9  
Alt 07.02.2005, 10:24
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Hallo Sabine,

es geht nicht um die unbeholfenen Versuche, zu trösten. Mein Gott, das wäre ja wirklich mehr als kleinlich . Jeder oder viele von uns war - wie du sagst - zuvor schon in der Situation, nicht wirklich zu wissen, was zu sagen ist. Aber ich glaube schon, dass man spürt, ob etwas "hilflos aber von Herzen" kommt, oder einfach dahingeplappert, weil man ja jetzt was sagen muss. Und letztere, ja, die sollten ihr scheinheiliges "Mitgefühl und ihre Beileidskundgebungen" für sich behalten.

Wenn wir auch hier nicht unsere Gefühle zum Ausdruck bringen dürfen, so wie sie sind, auch wenn sie verbittert, ungerecht und vielleicht auch "falsch" sind, wo bitte denn dann?

Herzliche Grüße
Andrea
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  #10  
Alt 07.02.2005, 10:34
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@Sabine,

habe ich es in meinem Beitrag wirklich so rübergebracht??
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  #11  
Alt 07.02.2005, 10:40
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@ Christian,

lieber Christian, es tut mir sehr leid das deine Ma gestorben ist. Ja, wie gesagt - es gibt nichts tröstendes. Daher fühl dich einfach ganz lieb gedrückt!

Alles Gute,
Bärti
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  #12  
Alt 07.02.2005, 11:14
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Liebe Mit-Aliens,

auch ich bin leider Hinterbliebene seit einigen Wochen.
Ich habe nicht nur Monate ,sondern Jahre des Mit-Leidens und Daseins hinter mir,wie Ihr es so treffend beschreibt "alles auf Eis gelegt" und habe wirklich mein letztes gegeben.
Ich teile Eure Erfahrungen mit den lieben Mitmenschen,will aber noch hinzufügen,dass ich das bereits während der Jahre der Erkrankung so empfundenn habe,nicht nur nach dem Tod.
Mitmenschen waren sehr hilflos und ich hatte stets das Gefühl,sie können sich in eine solche Grenzsituation nicht eindenken,weil sies noch nicht erlebt haben. Alles was Ihr so zutreffend beschreibt für die Zeit der Trauer , habe ich während der Krankheit noch extremer empfunden,denn da bin ich echt " oft auf dem Zahnfleisch gegangen" und hatte kaum Verständnis von Freunden oder Bekannten.Dass eine solche Situation einem verändert und man einfach reden möchte und Zuhörer braucht,auch wenn man immer dasselbe erzählt,es tut einfach gut..hier habe ich vieles vermisst und auch eure Gedanken gehabt nach dem Motto "ihr kommt auch mal in eine solche Situation"..JEDER wird das mal erleben und dann sehen es die ach so " einfühlsamen" Mitmenschen plttzlich aus dem eigenen Licht..
liebe Grüsse an alle
Claudia
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  #13  
Alt 07.02.2005, 11:50
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@ alle

Erstmal vielen Dank für Eure liebevolle Anteilnahme. In Euren Berichten und vor allem den bizarren Zitaten Eurer Umwelt finde ich mich teilweise wörtlich wieder. Zum einen ist das haarsträubend, zum anderen aber auch beruhigend.

Wenn ich Eure Geschichten so lese, werde ich allerdings ganz leise, denn was sind fünf Wochen im Vergleich zu mehreren Jahren?? Wie verändert und unverstanden ist man erst, wenn man soviel mehr Lebenszeit mit der Pflege eines kranken Menschen verbracht hat?!
Ich kann allen Betroffenen dafür nur meine Hochachtung aussprechen!

Übrigens bin auch ich ganz sicher, dass alle Feiglinge ihr Fett noch wegkriegen. Jeder verliert früher oder später geliebte Menschen, das ist die Tücke der Natur. Je länger jemand verdrängen konnte, dass das lustige Leben auch ein Ende hat und dass das Herz nicht nur lieben sondern auch verdammt wehtun kann, desto mehr wird ihn die Keule treffen.

Irrwitzigerweise gibt es leider genügend Menschen, die selbst dann noch weglaufen, wenn es sie unmittelbar betrifft! (Da könnt' ich Geschichten erzählen...) Diese wird aber irgendwann ihr schlechtes Gewissen auffressen. Die Mischung aus schlechtem Gewissen und unterdrücktem Schmerz ist ehrlich gesagt der schlimmste Gefühlscocktail, den ich mir vorstellen kann. Und ich schwöre Euch: Bei Feiglingen wirkt der so lange, bis sie endlich ihre Arschbacken zusammenkneifen und über ihren schmerzhaften Schatten springen.

Auch so tickt die Natur glücklicherweise. Da bin ich sicher. Also wenigstens in dem Punkt gibt es Aussicht auf Gerechtigkeit.

Und wo wir schon bei diesen Hasenfüßen sind:

@ Sabine (<-- kein Bezug zu den Hasenfüßen! )

Ich muss Dir auch widersprechen. Von Herzen kommt nämlich wirklich wenig! Floskeln wie "Ach Mensch, das wird schon wieder" oder "Die Zeit heilt alle Wunden" dienen erfahrungsgemäß einzig dazu, dich abzuwürgen, damit dein Gegenüber seine Ruhe hat. Mit ein bisschen empathischem Gespür erkennt man diese Ausweicher sofort.

Sicher, man kann diesen Menschen nicht gleich Böses unterstellen, denn ich hab mal gelernt, dass hinter jedem Verhalten irgendeine positive Absicht steckt. In diesem Fall ist es Selbstschutz. Sie wissen nicht, wie sie sich besser verhalten sollen, weil sie ihr Herz zumachen aus Angst, da drin könnte ihnen selbst mal was wehtun. Wer sein Herz aber zumacht, kann nicht von Herzen sprechen!

Und ehrlich gesagt hab ich auch keinen Bock mehr, ständig Verständnis für das Unverständnis der anderen aufzubringen. Sooft man von unbefriedigenden Reaktionen frustriert wird, ist man angehalten, sich selbst daran zu erinnern "Er oder sie weiß es nicht besser!" in der Hoffnung, dass man es dann von sich abprallen lassen kann. Aber wo zum Teufel soll ich denn noch DIE Kraft hernehmen?? Nein, das ist verdrehte Welt, da mache ich nicht mit.

Ich habe eine gute Menschenkenntnis und kapiere schnell, was von Herzen kommt. Das nehm' ich dann gern mit. Alles andere ist für mich inakzeptabel. Basta.


Hoffe, Ihr schreibt fleißig weiter, es ist nämlich toll, von Euch zu lesen!

Liebe Grüße,

jabka
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  #14  
Alt 07.02.2005, 12:16
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Ihr Lieben,
ich wollte mit meinem Einwand nicht in Abrede stellen, dass es Menschen gibt und dass Ihr Menschen kennengelernt habt, die ihre Spruch aufsagen und nichts dabei empfinden, ja sogar welche, die dies recht unverhohlen tun.
Mir schien es nur, dass alle, die mit Ihren hilflosen Versuchen Trost zu spenden scheitern, hier ins Abseits gestellt werden. Scheinbar habe ich das zu einseitig aufgenommen, sorry...
Ich kann nur von mir sagen, dass ich in den Situationen, in denen ich weiß, dass meine Worte nie das ausdrücken können, was ich fühle, oft sehr hilflos und traurig bin und von Herzen gern mehr tun würde.
Alles Liebe für Euch!
Sabine
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  #15  
Alt 07.02.2005, 12:30
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@Andrea,
nein, natürlich soll jeder hier seine Gefühle äußern dürfen. Das wollte ich mit meiner Anmerkung wirklich nicht in Abrede stellen. Dafür ist ja schließlich das Forum hier da. Und Recht hast Du - wo denn sonst???
Es war mir nur ein Bedürfnis Euch zu sagen, dass man auch wirkliches, ehrliches Mitgefühl haben kann, wenn das Schicksal einem selber noch nicht so grausam mitgespielt hat.
LG
Sabine
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