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  #16  
Alt 07.02.2005, 17:46
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Standard Hinterbliebene sind Aliens

@ Sabine,

weißt du, ich denke, dass dich unsere Worte eventuell getroffen haben kommt daher, dass du offensichtlich nicht zu denen gehörst, denen es im Grunde "egal" ist, wie sich dein Gegenüber tatsächlich fühlt.

<< Ich kann nur von mir sagen, dass ich in den Situationen, in denen ich weiß, dass meine Worte nie das ausdrücken können, was ich fühle, oft sehr hilflos und traurig bin und von Herzen gern mehr tun würde.>> Das ist es, was man als Trauernder sehr wohl spürt!

Du hast auch Recht, wenn du sagst, dass nicht jeder das Schreckliche erlebt haben muss, um ehrliches Mitgefühl zu empfinden. Glaub mir, ich habe den Tod meines Mannes nicht gebraucht, um zu wissen (bzw. trotz aller Einfühungsversuche war es doch eher ein "Erahnen"), welch schrecklicher Schmerz Krankheit und Tod eines geliebten Menschen bedeuten. Wahrscheinlich weil ich schon immer anders war als diese oberflächlichen Menschen, entsetzt es mich nun noch mehr.

Weißt du, bei allem Verständnis, die Situationen häufen sich, wo ich denke: Warum sagst du diesem Idiot jetzt nicht, dass er ein Idiot ist. Wieso nimmst DU jetzt Rücksicht auf SEINE Gefühle. Dann wieder resigniere ich und sage mir, wenn er es nicht selbst merkt....

Ein kleines Beispiel: Die Frau eines Cousins meines Mannes wurde kurz vor dem Tod von Claus von ihm verlassen wegen einer anderen Frau. Nach 18 Jahren Ehe einfach abserviert. Schrecklich. Es tut mir ehrlich aus ganzem Herzen leid für sie, weil es großen Kummer für sie bedeutet, ihr Herz leidet, ganz klar. Dennoch war ich fassungslos, dass sie - mit der ich ehrlich mitfühlte - zu mir sagte (1 Woche nach der Beerdigung meines Mannes, sei nur am Rande erwähnt) Ich wünschte mir, Gerhard wäre tot. Dann wüsste ich wenigstens, wo er ist und wüsste, dass er nicht bei der anderen ist....)

Ich war so fassungslos, dass ich nicht reagieren konnte. Gehts noch schlimmer? Verstehst du, da wurde mein Schmerz irgendwie schon wieder abgewertet, weggeputzt. "Sei du mal schön froh, dass dein Mann auf dem Friedhof liegt, dort kann er dich nicht betrügen". Ich hingegen würde was drum geben, wäre statt des Krebs eine andere Frau schuld an der Trennung von meinem Mann. Dieser Kampf wäre fairer!

Ich habe heute bei einem langen Spaziergang viel über diesen Thread nachgedacht. Wahrscheinlich liegt auch manches Verhalten schlicht und ergreifend an unserer Kultur. Jugend - und Schönheitswahn. Da haben Krankheit und Tod nichts verloren. Damit will man nichts zu tun haben. Und wenn man schon einem begegnen muss, den es auf die oder die Art getroffen hat, dann bitte nicht länger als unbedingt notwendig damit befassen!

Ein Segen, dass es dieses Forum gibt, auch für mich ist reden und immer wieder reden wie ein Rettungsanker, Befreiung für die kranke Seele!

Lieber Christian, liebe Claudia, liebe Petra und alle, die im Laufe der Zeit zu unserer Gemeinschaft gehören müssen, ich schließe mich Bärti an und umarme euch in Verbundenheit

Andrea
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  #17  
Alt 07.02.2005, 20:52
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Hallo Ihr Lieben,
solche Beispiele wie Andrea könnte ich Euch auch massenhaft
schreiben. Ein Beispiel nur, worüber ich mich seit Wochen ärgere, da es von meiner allerbesten Lieblingstante kam, von
derjenigen ich so etwas eigentlich nie erwartet hätte.
Sie sagte mir doch wenige Wochen nach Uwe`s Tod. Weißt Du Heike
was sollen wir sagen, wir müssen auch jeden Tag damit rechnen,
von dieser Erde zu gehen. Mir blieb die Sprache weg. Allerdings
muß ich Euch noch schreiben, dass meine Tante fast 75 Jahre alt
ist und kerngesund, wie man es halt in diesem Alter so ist.
Und außerdem bist Du noch so jung, du findest bestimmt bald
wieder jemanden. Ich könnte mich jetzt schon wieder hineinsteigern, vor lauter Wut. Es ist wohl ein Unterschied, ob
ich mit 75 Jahre schon ein erfülltes Leben hinter mir habe und
sicher bei ihrer Gesundheit auch noch vor mir. Oder ob ich mit
34 Jahre, das Leben noch vor mir, von dieser Welt gehen muß.
Es ist wirklich ein Segen, dass es dieses Forum gibt. Wem sonst
sollte ich solche Sachen erzählen können. Es hat doch sowieso
kaum einer Verständnis dafür. Wie gesagt, dass sind wenige
Ausnahmen. Oft Menschen, von denen es man eigentlich nicht
erwartet, dass sie es verstehen. Und wiederum andere, wo man
denkt sie lieben einen (siehe Tante) machen so ein sau dummes
(entschuldigt) Gequatsche.
Ja es stimmt, dass man merkt wer es ehrlich mit einem meint.
Ich glaube man wird mit der Zeit sensibel dafür so etwas zu
merken. Mittlerweile versuche ich, diese "tollen" Mitmenschen
zu ignorieren oder mich einfach nicht mehr mit Ihnen abzugeben.
Das haben wir nicht nötig. Auf solche sogenannten "Freunde"
oder Leute,die es angeblich gut mit einem meinen können wir
verzichten. Es ist eben wirklich so. In der Not erkennt man
seine wahren Freunde, vor allem welche, von denen es man nie
gedacht hätte.
Entschuldigt bitte dieses Gedankenwirrwarr manchmal von mir.
Oft kann ich meine Gefühle vor lauter Leere im Kopf nicht
in Worte fassen.
Seid alle lieb gegrüßt von
Heike
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  #18  
Alt 07.02.2005, 21:48
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Hallo Ihr Lieben!
In diesem Forum sprecht ihr mir wirklich aus der Seele. Mein Mann ist am 05.12.04
an Mundbodenkrebs verstorben. Sein Sterben dauerte 6 Wochen und ich bin immer an seiner Seite gewesen. Der Krebs hatte ihm das Unterkiefer zerfressen und er wog nur noch ca. 40 kg. Für mich war es der Horror das alles ansehen zu müssen.
Die grossen Löcher im Kiefer und sein ausgemergelter Körper werden mich immer verfolgen. Aber es ist wie ihr schreibt, man kann mit niemanden reden obwohl man es so notwendig brauchen würde. Und dann die Sätze "sei froh jetzt ist er erlöst"
ich kann es nicht mehr hören. Für die anderen ist der Alltag wieder da aber ich werde einfach nicht fertig damit, warum mein Mann so sehr leiden musste.
Im Friedhof treffe ich Witwen. deren Männer schon 75 u. 82 Jahre alt waren.
Die sagen immer für sie ist es noch schwerer weil sie schon so alt sind. Neulich habe ich verärgert geantwortet, daß sie dafür noch fast 30 Jahre länger mit ihrem Mann verbringen konnte. Mein Mann und ich hätten im kommenden Juli Silberhochzeit gefeiert. Selbst meine Familie meint es muß nun vorbei sein mit der Trauer. Meine Mutter sagte nach der Beerdigung nun hätte ich das schlimmste überstanden, aber es wird für mich immer noch schlimmer. Warum versteht das niemand. Es ist allen am liebsten wenn das Thema nicht mehr angesprochen wird.
Wie es in mir aussieht fragt keiner.
Nun habe ich hier gelesen, daß es bei euch fast genauso ist. Es hat mich etwas geströstet daß nicht nur meine Familie so oberflächlich ist.
Es hat mir sehr gut getan dies alles zu schreiben
Möchte euch alle grüßen
Britta
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  #19  
Alt 07.02.2005, 22:33
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Liebe Britta,

mein aufrichtiges Beileid!

Wenn ich in Gespräche geriet, in denen mir angedeutet wurde, es müsse doch langsam mal vorbei sein, bin ich dazu übergegangen, den Menschen die Relationen klar zu machen: Meinen Freund kannte ich seit zehn Jahren. Was wäre denn das für eine Freundschaft, wenn ich seinen Tod nach zwei oder drei Monaten verwunden hätte? Es kann erfahrungsgemäß hilfreich sein, seinen klug redenden Gesprächspartner zu fragen, wie er sich denn fühlen würde, wenn er sich vorstellt, dass seine Mitmenschen nach seinem Tod nur zwei Monate trauern würden und dann vollständig regeneriert in den Alltag übergingen. Das rückt manchmal die Relationen wieder etwas gerade.


Ich habe in diesem Zusammenhang noch eine andere Frage an Euch:

Hat jemand von Euch Erfahrungen mit einer Selbsthilfe- oder Trauergruppe gemacht? Palliativstationen und Hospize bieten so etwas in der Regel an und ich dachte mir, das könnte ein guter Ort sein, um Menschen mit ähnlichen Erfahrungen zu treffen und mal unzensiert zu reden. So sehr ich auch mit dem Gedanken spiele, hingetraut hab ich mich bislang noch nirgends. Wäre da gespannt auf Erfahrungsberichte.

Liebe Grüße an Euch alle,

jabka
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  #20  
Alt 07.02.2005, 23:30
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Hallo Jabka,
ich habe am 23.01. meinen Vater nach einer Lungenkrebs OP verloren. Da ich absolut nicht damit klar komme, überlege ich auch, ob ich eine Selbsthilfegruppe besuchen soll. Bei uns bietet das Hospiz so etwas an. Die Telefonnummer habe ich hier schon liegen, habe aber bisher noch nicht die Kraft gehabt mich dort zu melden. Wie ein Alien fühle ich mich mittlerweile auch. Mittlerweile ist jeder Spaziergang mit den Hunden für mich der reinste Spießroutenlauf, weil ich nur noch versuche den neugierigen Nachbarn mit ihren blöden Kommentaren auszuweichen. Sehr zum leidwesen meiner Hunde verkürzt das die Runden enorm. Heute hat eine Freundin mal erlebt was ich meine. Wir gingen zum Auto und wollten zum Friedhof fahren. Da kamen unsere lieben Nachbarn uns entgegen. Die haben mich angestarrt als wären mir plötzlich 3 Nasen gewachsen und blieben auch noch stehen um besser starren zu können. Danach konnte meine Freundin gut verstehen, dass ich keine Lust mehr habe vor die Tür zu gehen.
Sobald ich es schaffe mich mit der Selbsthilfegruppe in Verbindung zu setzen, gebe ich Dir bescheid.

Liebe Grüße
Marion

P.S.: In meiner Familie will schon nach 2 Wochen keiner mehr etwas hören, was häufig in Streit ausartet. Natürlich wird auch von mir erwartet, dass ich jetzt wieder zum Alltag übergehe und alles so ist wie früher. Nur ich, ich werde nie wieder die sein, die ich früher einmal war. Wie denn auch ? Mein Leben wird schließlich auch nie mehr so, wie es noch vor 1,5 Monaten war.
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  #21  
Alt 08.02.2005, 00:42
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Liebe Marion,

auch Dir mein ganz herzliches Beileid! Mir läuft es eiskalt den Rücken runter, wenn ich lesen muss, dass die Todesmeldungen in diesem Thread zum einen immer unmittelbarer werden, und gleichzeitig die Frustration über die Umwelt schon nach so kurzer Zeit einsetzt!

Vielleicht ist so etwas wie eine Selbsthilfegruppe wirklich keine schlechte Einrichtung. Ich werde mal in einem eigenständigen Thread das Forum dazu befragen, damit vielleicht noch mehr Leute ihre Erfahrungen dazu schreiben.

Liebe Grüße,

jabka
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  #22  
Alt 08.02.2005, 07:32
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Hallo Ihr Lieben,

ich habe mir auch fremde Hilfe geholt.
Ich habe durch die Krankheit und das Sterben und dem Tod meines geliebten Vaters ein posttraumatisches Belastungssyndrom. Und ich denke das wir dieses Syndrom alle haben. Keiner kann diese Erfahrungen "einfach so" wegstecken.

Auf jeden Fall mache ich jetzt eine Therapie zur Trauerbewältigung. Das heißt ich gehe einmal die Woche zu meiner Therapeutin und "kotz" mich aus. Sage was ich erlebe, erlebte, wie ich mich fühle, was ich mich frage, wovor ich Angst habe. Ich kann ihr Gedanken erzählen, die ich einem anderen Menschen nie mitteilen würde. Sie gibt mir Hilfe zur Selbsthilfe, hört mir zu, versteht mich, bringt mich auf den richtigen Weg.

Ich muss ganz ehrlich sagen, das ist für mich die beste Entscheidung gewesen.

Meine Therapeutin sagt, wenn man sich mit dem Tod eines Menschen befasst, wird einem die eigene Sterblichkeit bewusst. Vielleicht haben unsere Mitmenschen deswegen Angst davor mit uns zu reden!

Ich bin darüber sehr traurig! Ich hoffe das ich vorher nicht so "oberflächlich" war. Aber ein bisschen glaube ich es wohl.

Ich drück euch alle mal...

Liebe Grüße
Petra
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  #23  
Alt 08.02.2005, 09:26
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Hallo liebe Aliens...

es tut gut,dass andere so empfindern wie man selbst..

ich muss aber nochmal an einem Punkt nachhaken den ich ansprach..
habt Ihr all diese Erfahrungen wirklich erst in der Trauer gemacht oder schon während der Erkrankung?? ich habe mich fast mehr über andere geärgert VOR dem Tod als danach..kein Mensch verstand die enorme Belastung,die es bringt ,wenn man Jahre damit verbringt sein Letztes zu geben für Angehörigenpflege und dass man dann eben nicht gut drauf ist und nicht ausgehen mag weil mein rein körperlich ( von der Psyche mal ganz zu schweigen) fix und fertig ist.. schon der Satz " schönes Wochenende" hat mich zu letzt zur Rage gebracht.. dieses " du brauchst mal Ablenkung" hat mich echt fertig gemacht.. hat denn keiner Verständnis???? man will nicht feiern wenn es einem nahen Angehörigen schlecht geht und er leidet..gut ich gebe zu..ich war stehend KO und verletzlicher als üblich aber dennoch.. ich habe mich derart unverstanden gefühlt und einsam..natürlich mache ich die gleichen Erfahrungen wie Ihr alle jetzt auch.. aber mich wundert nichts mehr..warum sollen Leute die mich vorher blöd anguckten jetzt besser reagieren?????
Schön dass es Euch gibt!!!!!!!!!!!!!!

Liebe Grüsse
Claudia
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  #24  
Alt 08.02.2005, 09:37
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Hallo,

ich war schon aus anderen Gründen in einer Psychotherapie als mein Vater im letzten Jahr gestorben ist.

Seine letzten Wochen und dann die Zeit nach seinem Tod, aber auch viele daraus enstandene Probleme in der Familie haben mich natürlich auch sehr belastet. Mein Therapeut war in dieser Zeit meine wichtigste Stütze und er ist es noch, dort kann ich jederzeit über meine Trauer und das ganze Drumherum sprechen. Im sonstigen Umkreis ist das Verständnis und die Bereitschaft "immer wieder das gleiche Thema" mit mir durchzukauen auch eher gering. Allerdings muss ich - wie Petra - auch zugeben dass ich früher vermutlich auch nicht hätte begreifen können WIE sehr es schmerzt und einen verändert und WIE LANGE das alles dauert, dass der Alltag eben nicht so schnell wieder kommt.

Ich denke zwar schon dass ich ganz gern anderen zuhöre und auch generell vor "Problemthemen" nicht so schnell die Augen verschliesse... aber gerade beim Thema Tod habe ich auch grosse Berührungsängste gehabt. Es war in unserer Familie immer ein Tabu, und wenn man jemandem kondolieren musste war ich immer sehr unbeholfen und wusste nicht was tun, oh Gott was mache ich wenn der/die gleich losweint, usw...... habe mich im Zweifel versucht zu drücken, war auch feige,.... also kann ich mir schon vorstellen dass es bestimmt vielen anderen jetzt mit mir genauso geht vor allem wenn sie selbst die Erfahrung nicht kennen, noch nicht.... Ich denke wir die es jetzt erlebt haben reifen sehr dadurch. Ich habe mich verändert und fühle mich dadurch teilweise entfremdet von denen, denen diese Erfahrung bisher fehlt. Aber jetzt ist so vieles anders, neulich habe ich im Buchladen ein Buch angesehen, ein Bildband der das Sterben in Hospizen dokumentiert, es hat mich sehr berührt und ich will es mir auch kaufen (ziemlich teuer...). Früher hätte ich einen riesen Bogen um sowas gemacht, naja kein Wunder wenn man den Tod nur als Tabu erlebt. Ich hatte immer Angst/Grusel/Unwohlsein vor Friedhöfen und jetzt ist der kleine Dorffriedhof auf dem mein Vater liegt mein Ort der Ruhe, ich wandere dort herum, war sogar schon in der Dämmerung dort um die Kerzen anzuzünden (ich kleines Angsthäschen) und fühlte mich dort ganz sicher. Und wenn man einmal beim Bestatter gesessen hat und die ganzen Details entscheiden musste und schiebkarrenweise Graberde geschaufelt hat um den Hügel abzutragen und und und.... von dem was davor war mal abgesehen, der Krankheit und dem Sterben... dann hat man Dinge und Bilder im Kopf die man auch mal ausssprechen möchte oder muss und die viele andere Menschen nun mal nicht hören wollen. Und ich denke auch, früher hätte ich das bestimmt auch nicht verstehen können.

Viele Grüsse
Kerstin
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  #25  
Alt 08.02.2005, 10:21
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Hi Ihr.

@Kerstin_63: Seid dem mein Vater tot ist, habe ich mir unzählige Bücher gekauft über das Sterben, über den Tod, über ein Leben nach dem Tod. Ich versuche Antworten auf meine Fragen zu finden, versuche nachzuvollziehen ob wir alles richtig gemacht haben, versuche zu verstehen wie mein Vater sich gefühlt haben muss im Angesicht des Todes. Ich weiss das er wahnsinnige Angst gehabt haben muss!

Damit befasse ich mich, manchmal komme ich mir schon morbide vor. Selbst mit unserem Bestatter "verstehen wir uns prächtig", hat er uns doch letztes Jahr dreimal helfend zur Seite gestanden.

Mein Freund sagte: Wenn du mit dem Bestatter auf "Du" bist, dann ist es so weit.

Früher hat man sich mit den Lebenden befasst, heute geht die Tendenz eher zu den Leuten die mit dem Tod zu tun haben.

Das alles hat wirklich was mit einem Alien-Dasein zu tun.

@Claudia S.: Mein Vater hatte ja "nur" eine Leidenszeit von 3 Wochen - da habe ich die Erfahrung von Unverständnis nicht gemacht. Aber bei meiner Schwiegermutter. Sie war bevor sie starb 1 ½ Jahre Pflegefall. Wir konnten sie leider nicht zu uns nach Hause holen, aber wir sind jeden Tag zu ihr ins Heim gefahren und haben sie dort mitgepflegt. Und es gab nicht einen Tag wo sie alleine war. Was glaubst du wie viele das nicht verstanden haben. Oder das man „einfach“ mal anfing zu weinen. „Was ist denn?“ kam des öfteren die Frage. „Ach, wegen Mama, wieso die ist doch jetzt schon länger krank!“ – Das ändert doch nichts an der Tatsache das sie schwerkrank ist bzw. war. Natürlich wurde sie nach 1 ½ Jahren „erlöst von ihren Leiden“. Aber SIE FEHLT!

Liebe Grüße an alle „Aliens“ hier!
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  #26  
Alt 08.02.2005, 14:49
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Hallo Petra,

vielen Dank für Deine Antwort auf meine Selbsthilfe-Frage. Prinzipiell finde ich Therapie super und würde mir selbst unter anderen Umständen auch durchaus dazu raten. Der Witz ist aber, dass ich bereits in Therapie war, als der Scheiß losging. Im Grunde war ich damals sogar schon so gut wie fertig damit, aus irgendeinem Grund wollte mein Therapeut mich nur noch nicht gehen lassen. (Vielleicht hat er was geahnt, wer weiß?) Ehrlich gesagt, wäre ich damals durch die Therapie nicht schon "präventiv" so super aufgebaut gewesen, hätte ich in der Zeit ganz schnell schlapp gemacht!

Nun ist es so, dass ich in den letzten Wochen das Gefühl hatte, mit meinem Therapeuten die Trauer nicht richtig bearbeiten zu können. Er und ich verstehen uns super, vielleicht zu gut. Wir haben bis dahin auch perfekt zusammen funktioniert. Aber irgendwie hakt's an dem Punkt, sodass ich mich entschieden habe, das Thema für mich anderweitig zu klären und die Therapie ansonsten sehr erfolgreich zu beenden. Das habe ich vor zwei Wochen getan. Manchmal hätte ich nicht übel Lust, einen neuen Therapeuten auszuprobieren. Aber erstens macht da meine KK nicht mit und zweitens will ich nach 14 Monaten eigentlich auch endlich mal wieder ohne Seelenklempner leben ;-)

Aber ganz grundsätzlich kann ich so was nur empfehlen! Therapie ist eine großartige Erfindung und ich denke (unter anderen Umständen als bei mir) ist ein Therapeut für Trauernde der beste Zuhörer, den man sich wünschen kann.

Liebe Grüße,

jabka
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  #27  
Alt 08.02.2005, 16:41
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was sind Aliens?
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  #28  
Alt 08.02.2005, 17:59
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Wir. So fühlen uns wir jedenfalls. Wir, das sind hinterbliebene
die ihren Partner/in, Freund/in, Elternteile oder gar Kinder
verloren haben. Wir fühlen uns wie "Aliens", da Verwandte,
Freunde, Bekannte und Nachbarn unsere Trauer nicht verstehen
können, oder wollen? Na ihnen sollte unsere Trauer doch endlich vorbei sein. Das denken manche bereits nach 2 Wochen.
Könnte man da nicht k.....
Wenn Du unsere Beiträge hier gelesen hast, müsstest Du
uns eigentlich verstehen. Unsere Gedanken, Gefühle und
unseren "Ärger" mit unseren "Lieben" Mitmenschen.
Heike
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  #29  
Alt 08.02.2005, 21:54
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Hallo liebe Aliens,
auch ich habe die Erfahrung gemacht, daß man auch vor dem Tod des Angehörigen sehr alleine ist. Wenn ich Abends vom Krankenhaus kam, wollte ich immer mein Herz ausschütten, aber meine Angehörigen wechselten systhematisch nach 2-3 Sätzen das Thema. Wenn ich sagte daß mein Mann sterben würde bekam ich zur Antwort das wird schon wieder - die Ärzte haben sich geirrt oder sie sagten einfach daß glaube ich nicht er ist ja noch so jung. Manchmal hätte ich sie erwürgen können aber die Tatsache verdrängen ist ja für viele die einfachste Lösung. Bei meinen 2 Kindern wollte ich mich auch nicht aussprechen um sie nicht noch mehr zu belasten. Jetzt nach dem alles vorbei ist stehe ich immer noch wie unter Schock. Mich beschäftigt das Zusehen beim Sterben meines Mannes fast Tag und Nacht. Ich glaube eine Selbsthilfegruppe würde mir sehr gut tun aber leider gibt es bei uns so etwas nicht. Auch die Palliativstation auf der mein Mann verstarb bietet so etwas nicht an. Ich befasse mich seitdem auch mit dem "Leben nach dem Tod" und lese sehr viele Bücher darüber. Aber auch über dieses Thema kann ich mit meinen Verwandten nicht reden. Neulich sagte doch einer zu mir als ich mit dem Thema anffing ob es nicht besser wäre wenn ich mir einen Hund anschaffen. Es ist ja nur gut daß es solche Seiten wie diese gibt, wo man verstanden wird und auch viele Gleichgesinnte schreiben.
Ich hoffe eure Angehörigen sind nicht ganz so schlimm wie die meinen

Liebe Grüsse
Britta
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  #30  
Alt 08.02.2005, 23:12
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Hallo Jabka,

meine Mutter ist vor drei Jahren gestorben. Wir haben sie die letzten fünf Wochen zu Hause gepflegt. Ich war 26 Jahre alt und habe mein Leben auch dafür "angehalten", das habe ich nicht bereut, denn es waren die letzten fünf Wochen, die ich überhaupt noch hatte und wie lächerlich wenig Zeit ist das.

Ich habe den Kontakt zu meiner besten Freundin verloren. Am Anfang war ich froh, als ich mir nicht mehr ihre dummen Ratschläge anhören muste, dann wollte ich sehen ob sie sich wirklich gar nicht mehr melden würde. Nach sechs Monaten habe ich sie angerufen, wir haben uns getroffen und geredet, sie sagte mir, dass sie findet meine ganze Familie hätte meine Mutter zu schnell aufgegeben. Nach diesem Satz sah ich überhaupt keine Basis für eine Freundschaft mehr. Sie war in den ersten sechs Monaten nach dem Tod meiner Mutter nicht bei mir, als ich mir immer wieder die gleichen Fragen gestellt habe, ob wir alles richtig gemacht haben, was wir hätten anders machen können, immer wieder was-wäre-wen-gewesen-Fragen, auf die es keine Antwort gibt, als ich dem Tod näher stand als dem Leben. Sie hat sich in diesen sechs Monaten keine Gedanken gemacht, dass ich weiter leben muß ohne meine Mutter und nie wissen werde, was anders hätte sein können, das ich mit Schuldgefühlen nicht hätte leben können. Und das es kein richtig oder falsch gibt, weil man sich nur wahnsing machen würde und niemand weiß, was richtig ist. Und dann knallt sie mir so einen ungeheuren Satz um die Ohren.

Ich hatte mein Leben erst nach gut zwei Jahren wieder voll im Grif. Jeder sollte sich die Zeit nehmen, die er braucht.

Am Anfang, als ich die vielen Fragen hatte, hatte ich ein Gespräch mit einem ehrenamtlichen Sterbebegleiter, dass hat mir geholfen. Und dann habe ich hier im Forum zwei Freundinnen gefunden, deren Mütter auch gerade gestorben waren, wir haben uns im ersten Jahr fast täglich geschrieben und haben immernoch kontakt. Reden hilft am besten. Nach dem ich die Bilder der letzten fünf Wochen nicht mehr ständig im Kopf hatte kam die Trauer um meine Mutter.

Inzwischen bin ich nach aussen kein deutlich sichtbarer Alien mehr, aber innen immernoch. Meine Werte und Ansichten haben sich verändert, ich habe diese "mir passiert schon nichts"-Unschuld nicht mehr, ich weiß wie leicht man sterben kann. Ich mache nur noch Sachen, die ich wirklich will und versuche mir Wünsche zu erfüllen und sie nicht auf später zu verschieben. Ich habe neue Freunde gefunden und den Verlust der alten überwunden. Die Trauer hat sich verändert, aber sie wird wohl für immer zu mir gehören.

Ich hoffe du findest hier auch die Hilfe, die du suchst. Ich wünsche dir alles Gute!

Lieben Gruß
Tanja
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