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  #1  
Alt 05.08.2013, 02:01
froemken froemken ist offline
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Registriert seit: 05.08.2013
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Beiträge: 2
Frage Junge Ehe, keine Kinder und meine Psyche spinnt

Hallo Leidensgenossen,

meine Frau (Benutzer: paulllaa) ist hier schon seit längerer Zeit unterwegs und ist vor 2 Jahren an Darmkrebs erkrankt. Ich erinnere mich noch an folgende Fachbegriffe und Codeschlüssel: Rektumkarzinom T3 N1 M0.
Ich will hier nicht darauf eingehen, dass das eine wortwörtliche Scheiß Zeit war. Wir haben es gepackt, knapp 5cm vom Mastdarm sind weg, Krebs konnte nicht mehr nachgewiesen werden und sämtliche Werte sind wieder hübsch grün.

Ich möchte mich mit Euch über vergangenes Jahr unterhalten. Das Jahr nach den OPs und den Nachuntersuchungen:

Meine Frau hat sich seit der OP sehr verändert. Ich unterhalte mich mit Ihr über ein wichtiges Thema beim Spazieren Gehen und auf einmal sagt sie: "Schau mal, ein Katze". Da das Thema wichtig ist und teils auch unsere 4jährige Ehe betrifft, frage ist Sie, was ich gerade gesagt habe. Meist weiß Sie keine Antwort oder der Satz fängt mit "Irgendwas mit..." an. Das war früher nicht so und ich fühle mich "unwichtig".
Seit der OP muss meine Frau extremst häufig auf die Toilette rennen. Wie ich schon sagte, das erste Jahr war scheiße, aber nur minimale Besserungen im 2ten Jahr. Meine Frau bricht knapp 70% aller gemeinsamen Mittagessen ab, um auf die Toilette zu rennen. Immer exakt beim Mittagessen. Und dann hängt sie dort mit dem iPad hier im Forum knapp ne Stunde auf dem Klo fest. "Ohoh...der Darm ruckelt wieder". Freunde werden informiert, dass diese bei Besuch bitte keine Zwiebeln, Knoblauch, Lauch, blablabla, Malzbier, blablabla, Alkohol anbieten sollen. All das soll "angeblich" zu Problemen mit dem Darm führen. Gut OK. Demnach gibt es hier zu Hause diese Zutaten nicht. Und? Meine Frau rennt trotzdem auf Klo Klo Klo. Meines Erachtens ist überhaupt nicht geklärt, was zu diesem "Ruckeln" führt. Vielleicht ist es ja auch der Stress. Vielleicht Ängste, die vom Krebs herführen. Vielleicht ist es auch einfach ein Zeitraum innerhalb dessen der Darmabschnitt, der nun die Aufgabe des Mastdarmes übernehmen soll, sich aber noch nicht an seine neue Aufgabe gewöhnt hat.
Bei Fahrten zu Freunden muss immer abgewägt werden, wie weit das ist. Bei Strecken über einer halben Stunde wird sich grundsätzlich erstmal der Schlauch in den Darm geschoben. Dann liegt meine Frau also knapp ne Stunde im Bad auf dem Boden und macht da mit nem Liter warmen Wasser eine Spülung. Ich würde derzeit auf 1mal in 2 Wochen bis 2mal in einer Woche tippen. Und das selbst ein Jahr nach der OP.
Einfachste Fragen, werden einfach "irgendwie" beantwortet. Manchmal habe ich das Gefühl, dass die logische Kontrolle des Gesagten nicht vollständig gegeben ist. Ihr müsst Euch vorstellen, meine Frau hat in Sachen mehr Einsen von der Schule nach Hause gebracht als ich. Sie ist nicht doof, aber trotzdem irgendwie...ich sage mal "unkonzentriert".
Unser Nachbar hat Letztens einmal vergessen den Flur zu wischen. Da ruft sie mich an und kotzt sich bei mir 20 Minuten lang aus. Erzählt es der Nachbarin, erzählt es unseren Freunden und ihrer Mom. Irgendjemand macht was nicht 100%ig "rechtskonform" und schon entwickelt sich meine Frau zum Vulkan.

So war meine Frau nicht als ich sie kennen gelernt habe. Der Krebs hat sie verändert. Sie selbst sagt es liegt an den Bestrahlungen, die auch die Gebärmutter und Eierstöcke angegriffen haben, Dadurch produziert der Körper zu wenig Östrogen und das sind die darauf folgenden Symtome.

Ich werd hier Gaga. "Mir ist warm", "Ich hab Hitzewallungen", "Ich muss auf Klo" und meine Eltern schlagen uns Adoptivkinder vor. Solange der Darm ruckelt wird es mit einer Arbeitsstelle schwierig...ich bin also derzeit Alleinverdiener. Nächtliche Klogänge, 2-3 Aufgaben oder Besuch = Stressprogramm.

Meine Frau hat definitiv den schwereren Gang hinter sich und macht kleine Fortschritte. Sehr kleine Fortschritte. Ich bin damals auch ein paar Tage und einmal sogar 10 Tage krank geschrieben worden bzgl. psychischer Belastung. Ich meine nur. Das alles ist nun ein Jahr her und gerade heute kommt mir all das auf einmal extremst hoch. Mein Magen spuckt Magensäure und lässt sich auch nicht mit diesen Magentabletten bändigen. Derzeit hilft einfach nur nen Liter Wasser drauf und dann ist erstmal ne Weile Ruhe.

Ich werde das Gefühl nicht los, dass ich den ganzen Mist in mich rein fresse. Ich kann mich ja auch nicht aufregen. Der ganze Krempel ist ja nicht die Schuld meiner Frau. Es ist der Krebs...ganz klar. Aber ich irgendwie brauche ich Hilfe. Derzeit denke ich über Psychiater nach. Vielleicht latsche ich auch wieder zum Onkel Doktor und lasse mich wieder ein paar Tage erholen. Dank meiner Frau hat sich mich auf dieses Forum aufmerksam gemacht und gesagt: "Kotz Dich erstmal hier aus".

Somit hoffe ich nun auf ein paar offene Ohren und evtl. ist ja wirklich ein hilfreicher Tipp dabei.

Euer Stefan
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  #2  
Alt 05.08.2013, 10:03
Bremensie Bremensie ist offline
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Registriert seit: 25.11.2007
Beiträge: 758
Standard AW: Junge Ehe, keine Kinder und meine Psyche spinnt

Guten Tag froemken,
wie du es schon richtig erkannt hast hat deine Frau eine schwere Zeit durch gemacht und knabbert immer noch daran. Die Idee mit der Gesprächstherapie finde ich gut. Wäre gut wenn ihr beide eine machen würdet.
Ich wünsche dir viel Kraft und Durchhaltevermögen
__________________
Jeder Tag ist der Anfang des Lebens.
Jedes Leben der Anfang der Ewigkeit.
(Rainer Maria Rilke)
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  #3  
Alt 05.08.2013, 14:57
Bine 60 Bine 60 ist offline
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Ort: Berlin
Beiträge: 41
Standard AW: Junge Ehe, keine Kinder und meine Psyche spinnt

Hallo Stefan,

ich bin selber Angehörige und mein Mann hat sich auch etwas seit seiner Erkrankung verändert.
Wer glaubt, daß nur der Patient am Krebs erkrankt, der irrt gewaltig. Das gesamte Umfeld ist mit dieser ( und bestimmt auch anderen Erkrankungen) konfrontiert. Die Ehepartner und im Haus lebenden Kinder am meisten. Das mußte ich am eigenen Leib erfahren.

Ich habe große Hilfe bei Freunden und der Familie, aber die größte Hilfe habe ich bei einer Psychoonkologin gefunden. Unser Onkologe hat mir die Adresse gegeben und innerhalb von 14 Tagen hatte ich einen Termin. Seitdem habe ich wöchentlich einen Termin, den ich aber auch kurzfristig absagen kann, wenn ich mit meinem Mann zum Arzt muß. Zur Not würde die Psychologin auch einen Hausbesuch machen. Sie leitet auch Angehörigengruppen Es tut mir gut zu wissen, das der Zustand in dem wir uns befinden normal ist. Vielen anderen geht es ebenso.

Die Psychoonkologin bietet nicht nur Termine für Angehörige an, sondern auch für Betroffene selber. Vielleicht würde es euch auch helfen?

LG aus Berlin
__________________

mein Mann: nichtkleinzelliges Bronchialkarzinom // cT2a N2 M1b / Stadium IV //ED: 1.6.2012
Metastasen: linke Schulter und BWK-1 seit Juni 2012
Hautmetastase hinter dem Ohr seit April 2013

austherapiert seit 2.7.2013, seitdem wartend und hoffend

verstorben am 27.10.2013, zu Hause, in meinen Armen
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  #4  
Alt 06.08.2013, 00:17
Elisabethh.1900 Elisabethh.1900 ist offline
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Beiträge: 2.238
Standard AW: Junge Ehe, keine Kinder und meine Psyche spinnt

Lieber Stefan,
ich denke, dass Du nach fast 2 Jahren Erkrankung bei Deiner Frau an einem Punkt angekommen bist, wo es Zeit wird, das Geschehene zu verarbeiten. In der Zeit nach der Diagnose ist es der Schock, der einem keine Zeit zum Nachdenken läßt oder die Gedanken drehen sich im Kreis. Während der Behandlungen gibt es viele Termine, es ist eine Menge zu erledigen, immer gibt es etwas zu organisieren. Neben dem Erkrankten, werden auch die Angehörigen massiv gefordert, vieles wird als selbstverständlich angesehen. Dies ist aber nicht so, denn der Angehörige ist auch nur ein Mensch mit Ecken und Kanten und um seine Ängste wird sich selten gekümmert.

Zitat:
So war meine Frau nicht als ich sie kennen gelernt habe. Der Krebs hat sie verändert. Sie selbst sagt es liegt an den Bestrahlungen, die auch die Gebärmutter und Eierstöcke angegriffen haben, Dadurch produziert der Körper zu wenig Östrogen und das sind die darauf folgenden Symtome.
Ich denke, dass es nicht gut für Dich und Deine Frau ist, wenn Du ihre jetzigen Probleme mit der früheren Zeit vergleichst. Auch wenn viel Zeit vergeht, nicht alles wird sich zurückbilden oder mit Medikamenten heilen lassen. Manchmal muss man sich mit einer Situation einfach abfinden. Dies ist leider so.
Deine Frau hatte sicherlich einen Beruf, der sie ausfüllte.Heute ist sie zu Hause, so dass die Gedanken um die Krankheit und sicherlich auch massive Ängste ihren Alltag bestimmen. Mit so einer Krankheit muss man ganz neu leben lernen, dies hast Du sicherlich schon bei vielen Usern hier gelesen.

Lieber Stefan, Du warst und bist Deiner Frau eine Stütze (so ein Fels in der Brandung) während einer schwierigen Zeit. Als Angehöriger muss man aufpassen, dass man sein Akku in regelmäßigen Abständen wieder auflädt. Ansonsten besteht die Gefahr auszubrennen. Mein Rat an Dich wäre, schaffe Dir kleine Inseln im Alltag, tue Dinge, die Dir wichtig sind, wo Du auftanken kannst. Denn Dein Körper signalisiert Dir, dass Du an einer Grenze angekommen bist.
Wie Bine 60 schon schrieb, suche Dir bitte einen Psychotherapeuten mit dem Du Deine Probleme besprechen kannst. Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen die Kosten der Behandlung, bei den Privaten ist dies vom Vertrag abhängig.

Ich wünsche Dir und Deiner Frau alles Gute,
Elisabethh.
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  #5  
Alt 11.10.2013, 13:35
froemken froemken ist offline
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Standard AW: Junge Ehe, keine Kinder und meine Psyche spinnt

Hallo zusammen,

es sind nun knapp 2 Monate vergangen in denen ich nicht reagiert habe. Ich möchte Euch hier aber noch abschließend darüber informieren, dass ich Euren Rat öffentlich wie auch über PM nachgegangen bin und heute die 2te Sitzung bei einer Psychologin angenommen habe.
Bei der ersten Sitzung ist mir auch die Frage gestellt worden, ob ich mein Leben mit oder ohne meine Frau weiter führen möchte. Die Frage war einfach "mit meiner Frau", aber diese Frage hat mir auch gezeigt wie viele Ehen/Beziehung wohl geschieden werden auf Grund von Krankheit des Partners. Irgendwie erschreckend.
Heute war die 2te Sitzung. Diesmal mit meiner Frau. Naja...ich stempel das mal als Kennenlernen zwischen Psychologin und meiner Frau ab, denn innerhalb von 45 Minuten bin ich gerade mal 3 Minuten zu Wort gekommen. Die nächste Sitzung mach ich auf jeden Fall wieder alleine. Aber eine wichtige Information ist dort aufgetaucht: "Meine Frau ist durch die Bestrahlung zu 98% unfruchtbar." Gut...nein nicht gut, aber das wusste ich, aber ich dachte, dass sich das nach bis zu 7 Jahren legen würde. Vielleicht habe ich nicht richtig zugehört oder hab die Masse an Informationen falsch eingeordnet. Auf jeden Fall hat mir meine Frau gesagt, dass sich das mit den bis zu 7 Jahren rein auf den Darm und den Durchfall bezieht. Nicht aber auf die Regeneration der Eierstöcke.
Scheiße! Jetzt rege ich mich über mein "falsches" Zuhören auf und muss mich mit den "für mich" neuen Tatsachen erstmal abfinden. Meine Frau rennt hier grad rum mit so Sätzen wie "Habe ich Dir doch gesagt" und "weißt Du jetzt warum ich so am Boden zerstört bin?" Bäh...joo...aber das kann ich jetzt grad nicht gebrauchen. Kennt Ihr Bernd das Brot? Würd mich jetzt am Liebsten in die Ecke setzen und die Raufasertapete anglotzen. Aber damit löst man keine Probleme.
Naja...ich sag mal ich "freu" mich schon auf den nächsten Termin in 3 Wochen.

Ich gebe Euch völlig Recht: Ich muss eine Stütze für meine Frau sein. Einfach wird das nicht, denn von irgendwo her muss ich ja auch meine Kraft schöpfen.

Wir beide haben nächsten Monat mal 3 Tage Urlaub. Wellness hoch 3. Ich klink mich erstmal wieder aus. Muss einen Weg für mich finden diese Info zu verarbeiten.

Stefan
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  #6  
Alt 12.10.2013, 00:39
Viki Viki ist offline
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Ort: Süddeutschland
Beiträge: 175
Standard AW: Junge Ehe, keine Kinder und meine Psyche spinnt

Stefan, dir geht es jetzt so schlecht, wie es zum Zeitpunkt deines ersten postings deiner Frau erging. Sie musste sicher auch einen Weg finden, neben ihrer Erkrankung die Unfruchtbarkeit zu verarbeiten. Sicher war sie deshalb sehr mit sich beschäftigt und unkonzentriert in Gesprächen mit dir. Nicht nur dein, sondern auch ihr wurde ein Lebensplan zerstört.

Auf alle Fälle finde ich es sehr gut, dass du professionelle Hilfe in Anspruch nimmst. Und eigentlich ist es wirklich sinnvoll, dass du diese Hilfe nur für dich allein in Anspruch nimmst und nicht gemeinsam mit deiner Frau (außer ihr macht eine Partnertherapie?).

Ich war auch Angehörige und die Probleme sind da doch etwas anders gelagert als bei Betroffenen. Es ist sicher gut getrennt voneinander Hilfe anzunehmen, damit man dann gemeinsam versucht mit der Situation zurecht zu kommen.

Ich wünsche euch beiden alles Gute!

Liebe Grüße
Viki
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Stichworte
angehörig, darmkrebs, psyche


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