Was passiert wenn nur noch eine Transplantation übrig bleibt?

[Julia76]

Hallo,

ich bin neu hier. Hab mir viele Beiträge durchgelesen und ich muß furchtbar weinen. Denn alles scheint auf den Tod hinaus zu laufen. Das macht mir so Angst.

Mein Papa ist 56 und seit Anfang Januar wissen wir, er hat Leberkrebs. Der Krebs ist bereits 13 cm gross und die Ärzte können nicht mehr operieren. Auch eine Chemo kommt nicht mehr in Frage. Meine Eltern sind jetzt seit 2 Wochen in einer Uniklinik aber es passiert nichts. Mein Papa wird komplett untersucht und man sagte uns, das uns die Zeit davon läuft. Die einzige Möglichkeit wäre, eine Substanz in die Leber zu spritzen, um die Blutzufuhr zu stoppen. Aber der Arzt, der das machen soll sagt, es wäre viel zu riskant. Der andere sagt, es müßte in vielen kleinen Attappen gemacht werden, damit mein Papa dies überlebt. So wollte man die Zeit überbrücken, bis er vielleicht eine Spenderleber erhält. Aber es gibt so viele, die auf eine Spenderleber warten. Wird mein Papa dies überhaupt noch erleben? Der Krebs wächst so erschreckend schnell. Es muß doch eine Frage der Zeit sein, bis dieser anfängt zu streuen. Und dann gibt es doch keine Spenderleber mehr, oder?

Ich weiß einfach nicht weiter. Ich lese so viel und es macht mir so Angst. Ich versteh das alles nicht. Ich möchte meinen Eltern doch nur helfen. Ich schreibe Sender und Zeitungen an, damit das Thema " Organspende " wieder mehr aufgegriffen wird. Aber meine Mama sagte mir gestern, für Papa wird das wohl zu spät kommen. Mein Papa sagte mir gestern, er hätte noch so viele Wünsche. Darüber wollte er mit mir nächste Woche sprechen, wenn er aus dem KH kommt. Ich sollte dafür sorgen, das diese erfüllt werden, falls er stirbt. Er meint, für meine Mama wäre das jetzt zuviel und ich wäre die Stärkste von allen. Das macht mich so fertig. Ich bin nicht so stark, wie er glaubt. Ich versuche ihm immer wieder zu sagen, er ist noch nicht dran!!! Aber langsam verliere ich den Glauben. Hat jemand Erfahrungen? Kann mir jemand Mut machen und mir den Glauben zurück geben?

Julia

[sissy]

Liebe Julia,

Ich sende euch (dir) ein großes Kraftpaket.

Wie ist der Zustand bei deinem Vater jetzt? Ist er schon sehr gelb und hat er Wasser im Bauch?
Leider kann ich dir auch nicht viel dazu sagen, weil die Beurteilung von außen so schwer ist.
Frag aber die Ärzte, weil meist wollen oder trauen sie sich nicht, einem die volle Wahrheit zu sagen. Es ist meiner Meinung aber schon sehr wichtig, weil man dann dementsprechend handeln kann. Ist die Hoffnung noch berechtigt? oder soll man sich mit der Abschied-nehmen vertraut machen. Das sind Fragen, die für das weitere Handeln so wichtig sind. Es kann bei Leberkrebs nämlich sehr schnell gehen.

Alles Liebe und viel Kraft

Sissy

[Julia76]

Hallo,

vielen Dank für deine Antwort. Meinem Papa sieht man gar nichts an. Er hat auch noch keine Schmerzen oder so. Zum Glück. Die Ärzte verstehen das auch nicht. Sie sagen nur, uns läuft die Zeit davon. Aber es macht auch keiner etwas. Ich telefoniere täglich mit meinen Eltern. Meine Mum ist fast am Ende Ihrer Kräfte. Die zuständigen Ärzte sind nicht erreichbar und auf die Frage " sollten wir schon Abschied nehmen " sagte man nur, sie wollen ja helfen und aufgeben wäre noch zu früh. Aber warum passiert dann nichts? Eine Spenderleber zu bekommen, das kann mind. ein halbes Jahr dauern. Keine glaubt, das mein Papa dann noch lebt.

[Limette07]

Hallo,

kann mich Dani II nur anschließen. Pack Deinen Vater ins Auto und hol Dir eine Zweitmeinung an einem großen Zentrum (Transplantationszentrum). Hier sind alle Zentren gelistet:

www.transplantation-information.de

Nicht alles nur hinnehmen. Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, man muss das selbst in die Hand nehmen, sich nie abwimmeln lassen. Was ist das denn für eine Aussage der Ärzte: Uns läuft die Zeit davon. Mann oh Mann.......

Also nicht aufgeben und sucht ein Zentrum bei Euch in der Nähe und vereinbare einen Termin. Nimm alle Befunde mit!

Viel Glück
Limette

[Julia76]

Hallo,

das ist furchtbar lieb von euch, danke. Es tut gut, mit Leuten darüber zu sprechen, die wissen, was man empfindet. Meine Mum hat solange beim Arzt gesessen, bis die ihre Termine verlegt haben. Sie hat gesagt, sie fährt nicht eher mit meinem Papa nach Hause, bis nicht etwas gemacht wurde. Jetzt bekommt er gerade die erste Behandlung, mit dieser Substanz, die direkt in die Leber gespritzt wird. Dann kommen die beiden vielleicht am Freitag nach Hause und in 2 Wochen sollen sie dann wieder kommen. Ich wollte heute hinfahren. Aber nach 2 Stunden Autofahrt mußte ich umdrehen. Die Straßen sind sowas von glatt, ich wär nie angekommen. Dabei wollte ich doch da sein für meine Eltern. Jetzt sitze ich zuhause und starre aus dem Fenster. Wie ein schlechter Traum. Nur leider wacht man nicht auf. Gibt es jemanden, der vielleicht Erfahrung mit diese Liste hat, auf die man gesetzt wird und auf eine Spenderleber wartet? Oh man, ich drücke mich wie ein kleines Kind aus. Aber das ist alles noch so neu. Hab heute einen Organspendeausweis aufgefüllt. Ich wußte vorher nicht, wie wichtig soetwas ist. Man hat sich mit soetwas irgendwie nie beschäftigt. Jetzt hab ich ein schlechtes Gewissen, das ich das nicht schon eher gemacht hab.

[sissy]

Liebe Julia,
weißt du, ich würde auch alles in Bewegung setzen. Das mit der Liste wegen der Organtransplantation das ist auch nicht ganz richtig.
Wir waren auch noch vor stellig. Uns wurde gesagt, die Wartezeit wäre so um die 9 Monate, a b e r (und das ist das wesentliche), wenn es gleich erforderlich ist, wird man auch sofort drangenommen. Natürlich mit den entsprechenden Untersuchungen und nur wenn es noch möglich ist.
Bei uns war es leider nicht mehr möglich.

Alles Gute und viel Kraft

Sissy

[Limette07]

Hallo Julia,

mit der Liste hat es folgendes auf sich: Wenn man geeignet ist für eine Transplantation meldet ein Arzt die Daten an Eurotransplant. Vorher muss durch eine sogenannte Evaluierung festgestellt werden, dass die Voraussetzungen gegeben sind, damit die Transplantation auch Erfolg verspricht.
Ich habe das hinter mir, war 14 Tage im Krankenhaus, man wird total auf den Kopf gestellt. Und wie jemand eingestuft wird in dieser Liste hängt vom jeweiligen Gesundheitszustand ab. Also wenn man schlimm dran ist, also total schlechte Blutwerte hat etc. bekommt man den Status: HU (high urgent)auf deutsch sehr dringend.
In meinem Fall, ich habe viele Tumore auf beiden Leberlappen, Hepatitis C und Leberzirrhose im Anfangsstadium (Child A nennt sich das) ist eine "normale" OP wo man den Tumor wegschneiden kann (nennt sich Resektion) nicht mehr möglich. Leider habe ich Blutgruppe 0 (sehr häufig) und somit sind die Chancen bald ein Spenderorgan zu bekommen, nicht sehr gut. Auch meine Leberwerte sind noch ziemlich gut.

Mein Lebenspartner wird mir die rechte Hälfte seiner Leber spenden. Meine Transplantation ist für den 10.03. geplant. Also das ist auch eine Möglichkeit wie man jemandem aus dem engsten Familienkreis helfen kann. Ich warte seit 12 Monaten auf ein Spenderorgan und habe mich jetzt entschlossen das Geschenk meines Partners anzunehmen.

Eines möchte ich Dir noch sagen: Mach Dir keine Vorwürfe dass Du Dich nie mit diesem Thema Krebs und Organspende auseinandergesetzt hast. Wer hat das schon?? Nicht so viele möchte ich mal behaupten, weil ansonsten mehr Organe zu Verfügung stehen würden. Alle denken, Transplantation??? Das brauch ich nie, oder.....Krebs kriegen immer die anderen, wir doch nicht!! Also Du bist in guter Gesellschaft mit Millionen anderer Menschen.

Falls Du noch Fragen hast, kannst Du mir gerne eine email schreiben. Übrigens diese Behandlung die Dein Papa bekommt hatte ich auch, das hält das Wachstum des Tumors auf. Leider kann man mit diesem Verfahren den Krebs nicht heilen, nur aufhalten.

[Julia76]

Ich werde an diesem Tag ganz fest die Daumen drücken und beten. Irgendwie bin ich damit wieder angefangen. Man erhofft sich ja jeder Unterstützung.

Gestern Nacht ist ein Wunder geschehen. Meine Eltern waren bereits auf dem Rückweg und fast zu Hause. Da rief das Krankenhaus an. Eine Spenderleber war auf dem Weg. Meine Eltern drehten sofort um. Die OP ging um 0 Uhr los und endete um halb 9. Meine Papa hat eine neue Leber. Ich kann das gar nicht glauben. Wir hatten so Angst weil man uns nach den Untersuchungen sagte, das vielleicht etwas auf dem Lymphdrüsen wäre. Dann hätte er die Leber ja nicht bekommen. Man konnte ihn aber nicht aufschneiden und nachsehen, das wäre zu riskant mit dem Krebs gewesen. Man sagte uns nur, das man dies nur bei einer Transplantation feststellen könnte. Entweder mein Papa bekommt eine oder man macht ihn sofort wieder zu und es wäre vorbei. Aber es hat geklappt, mein Papa hat ein neues Leben bekommen. Meine Mum sagt zwar, wir müßten noch abwarten, die Leber könnte ja auch noch abgestoßen werden aber daran kann ich im Moment gar nicht denken. Ich bin einfach nur froh. Gestern mittag war mein Papa sogar wieder ansprechbar. Meine Schwester sagte, er lag da und machte den Daumen nach oben. Und dann sollten die Schläuche ab, schließlich müßte er abends Bundesliga gucken. Mein Papa, egal was kommt, auf Fußball kann er nicht verzichten. Mir ist so ein Brocken vom Herzen gefallen. Ich hatte morgens nur gedacht, es darf nichts passieren. Mein Papa wollte mir doch noch seine letzten Wünschen sagen, die ich umsetzen sollte. Aber er war doch noch gar nicht wieder zurück und wir haben darüber doch noch gar nicht geredet. Ich hätte es mir nie verzeihen können. Ich bin betend eingeschlafen und wieder aufgewacht. Ich hab in Gedanken immer wieder gesagt, Papa wenn du mich hören kannst, du mußt kämpfen. Und er hat es getan.

Ich freu mich so. Andererseits muß ich an die denken, für die es zu spät ist. Das tut mir so unendlich leid. Jeder, der einen lieben Menschen verloren hat. Ich sitz hier und freu mich, woanders weint gerade jemand weil er jemanden verloren hat. Das ist so ungerecht. Ich wünsche allen viel Kraft und an diejenigen die das noch vor sich haben, einen starken Glauben. Ich habe oft gezweifelt aber ich habe mir immer wieder eingeredet, mein Papa ist noch nicht dran. Vielleicht freu ich mich im Moment zu sehr. Passieren kann noch so viel aber im Moment bin ich einfach nur erleichert.

[sissy]

Liebe Julia,

das ist wirklich ein sehr schöne Nachricht.
Ich denke auch, für deinen Papa ist die Zeit noch nicht gekommen.
Er darf noch leben und das ist auch gut so.

Alles Gute und viel Glück und es ist wirklich schön für euch


L. G.
Sissy

[Limette07]

Liebe Julia,

ja das ist doch eine so tolle Nachricht. Ich freue mich für Dich und Deine Familie. Mach Dir nicht so viele Sorgen, es gibt viele gute Medikamente, die eine Abstoßung verhindern!

Liebe Grüße
Limette

[Julia76]

Hallo,

vielen lieben Dank euch allen. Ihr habt mir wirklich sehr geholfen. Außer meinem Partner hatte ich niemanden, mit dem ich wirklich reden konnte. Die Familie möchte man nicht zu sehr in Angst und Schrecken versetzen. Meine Oma und Opa haben so sehr geweint und hatten so Angst. Da hab ich immer nur gesagt, Papa schafft das schon. Wir müssen ihm jetzt Kraft von uns abgeben. Die meisten wußten nur die Hälfte. Die Ärzte sagten uns, ein halbes Jahr könnte mein Papa nicht mehr auf eine Spenderleber warten. Das würde er dann nicht mehr erleben. Wir wollten ihm alle einen Teil unserer Leber abgeben. Mein Onkel sagte sogar, er könnte doch seine bekommen, er wäre Single und das wär dann doch nicht so schlimm. Oh man, was für Gedanken. Aber eine halbe Leber reichte leider nicht. Der Krebs war zu gross und wuchs von Tag zu Tag. Aber jetzt wird alles wieder gut. Ich fahr morgen mit dem Zug nach Münster und bleib 2 Tage. Ich freu mich ja so. Hab meine Eltern so lange nicht gesehen. Gestern verschickten meine Eltern ein Bild von meinem Dad. Er saß aufrecht im Bett und der Daumen ging nach oben. Ich mußte so weinen. Mein Freund und ich sind an dem Tag umgezogen, an dem mein Papa eine neue Leber bekommen hat. Jetzt wohnen wir in der Nähe meiner Eltern. Sie müssen nur noch wieder kommen. Jetzt kann ich mich auch auf Jobsuche machen. Wurde gekündigt als wir die Nachricht von meinem Papa erhielten, das die Ärzte nicht mehr operieren können. Aber was solls. Mir war noch nie so klar, das es schlimmeres gibt. Man kann auf viel verzichten und der einzigste Wunsch, der wirklich zählt ist Gesundheit und das die Familie gesund ist. Das Leben an sich ist einfach das wichtigste. Bin mittlerweile pleite weil meine Chefin mir mein Gehalt nicht zahlt, arbeitslos und innerhalb von 2 Tagen komplett umgezogen. Mein Freund und ich haben alles allein gemacht, bis zur kompletten Erschöpfung. Aber das ist alles sowas von egal geworden. Mein Papa kommt wieder und wird leben. Es gibt nichts schöneres. Mehr hab ich mir nicht gewünscht. Und ich glaub, ich werd mir auch nichts anderes mehr wünschen. Ich wünsche allen, das es noch viele Wunder geben wird, so wie bei uns. Ich wünsche es jedem einzelnen. Und ich werde mich stark dafür machen, mehr Aufklärung im Bereich der Organspende zu machen. Jeder sollte einen Organspendeausweis haben, damit es noch viele Wunder geben wird.