Anaplastisches Astrozytom Grad II - Wer weiß mehr?

Hallo an alle, habe vor zwei Wochen vom Hirntumor meines geliebten Bruders (35 J.) erfahren, Anaplastisches Astrozytom Grad II soll es wohl sein. Die Diagnose bekam er im Mai letzten Jahres. Da wir uns vor ca. einem Jahr im Streit getrennt hatten, habe ich Ihn erst gestern das erste Mal wieder gesehen. Ich war total geschockt, habe es mir aber nicht anmerken lassen. Er sieht einfach furchtbar aus. Vom Cortison total aufgeschwemmt und das Schlimmste ist seine Aussprache. Ausser ja und nein kann er kaum mehr sprechen. Der Tunor sitzt wohl direkt am Sprachzentrum. Und wenn er dann versucht etwas zu sagen dann sucht er in seinem Gedächtnis nach den richtigen Worten, findet diese aber meist nicht und resigniert dann, da ihn ja doch keiner versteht. Ich bin total verzweifelt, es tut so unendlich weh ihn so zu sehen. Mein Bruder ist 1,98m groß, war immer sehr sportlich und kerngesund und nun kann er nicht mal mehr sprechen und seinen rechten Arm kann er auch nicht mehr bewegen. Was kann ich nur tun??? Kann mir nicht irgendjemand helfen??? Die Ärzte sagen eine OP ist nicht möglich, da der Tumor so verzweigt wächst. Im Moment ist er im 7. Zyklus seiner Chemo-Tabletten. Diese verträgt er relativ gut, er hat keine der typischen Chemo-Reaktionen, keine Übelkeit u.s.w. Kennt sich irgendjemand mit anderen Heilmethoden aus?? Wir können doch unmöglich nur rumsitzen und warten. Bitte, bitte helft mir. Ich weiß einfach nicht weiter. Mein Bruder ist mit all seinen Ängsten und Sorgen in seinem Körper eingeschlossen und kann sich nach aussen einfach nicht mitteilen. Er muss unendlich einsam sein, auch wenn noch so viele Leute um ihn rum sind. Ich kann das einfach nicht mit ansehen. Helft mir!!!

Danke für`"zuhören"

Silke

Ich kann es sehr gut verstehen, war gerade wieder 2 Tage im Krankenhaus,nach mehreren ep. Anfällen wurde wieder eine Aphasie ausgelöst (Ausfälle des Sprachzentrums). Auch mein Tumor liegt im Sprachzentrum, bin gerade dabei zu forschen wer in dem Fall opperieren kann. Wie groß ist der Tumor deines Bruders und kann nicht evtl. bestrahlt werden? Bei mir sind wahrscheinlich die Ep.-Medikament zu niedrig dosieren gewesen. Hoffe, daß es jetzt besser geht. Kann er schreiben? Nach Übung ist bei mir alles wieder besser geworden, nach kurzer Zeit. Ist das Sprachzentrum zerstört oder nur verdrängt? Alles Liebe S.

Hallo S. ich weiß nicht genau wie groß der Tumor meines Bruders ist. Er soll wohl irgendwie total verwurzelt wachsen, sodas nicht operiert und wegen diesem konfusem Wachstum auch nicht bestrahlt werden kann. Wenn er doch nur schreiben könnte!!! Rein körperlich versucht er es nun mit der linken Seite, da er ja den rechten Arm nicht mehr bewegen kann. Aber immer wenn er etwas sagen möchte, kann er die Worte einfach nicht mehr "finden". Sie sind wie ausgelöscht. Er weiß zwar was er uns mitteilen möchte, aber er bringt es nicht zusammen. Und somit kann er uns seine Gedanken, Gefühle und Ängste nicht mitteilen. Er muß furchtbar einsam sein. Ich stelle mir das immer so vor: Er sitzt in einem riesigen Glaskasten, kann alles sehen und hören, aber nichts von dem was er von sich gibt dringt zu uns durch. Es ist zum heulen!!! Er sitzt halt nur da mit seinen riesigen Cortison-Pausbacken und seine einzige Teilnahme an Gesprächen besteht aus ja oder nein. Es tut so weh ihn so zu sehen. Wie bewältigt man so etwas??? Ich habe das Gefühl daran zu zerbrechen meinen über alles geliebten Bruder so leiden zu sehen. Liebe Grüsse! Silke

Liebe Silke, Bei mir ist es so, das ich dann nicht sprechen und schreiben kann. aber ich kann lesen und damit auf Worte zeigen. Bei mir ist es allerdings auch bisher immer nur verdrängt gewesen und immer wieder gekommen (die funktion der Sprache und das Schreiben). Hole mehre Meinungen ein, im Übrigen, das Cortisongesicht habe ich auch, mußt das Cortison wegen einem Ödem nehmen, dies ist aber Gott sei dank momentan weg, deshalb bin ich am Ausschleichen. Im Übrigen es ist wirklich ein furchtbares Gefühl sich nicht mitteilen zu können, es hilft sehr, wenn die Angehörigen geduldig zeigen und fragen, damit man nicken und selbst zeigen kann, denn im Kopf ist alles da, es hat mit der Intelligenz nichts zu tun!!!Vielleicht könnt ihr Bilder anfertigen, wenn er nicht mehr lesen kann.S.

Hallo S. sag mal darf ich Dich was fragen? Ich trau mich irgendwie nicht meinen Bruder danach zu Fragen. Wenn mein Bruder uns etwas sagen will, und verzweifelt nach den Worten sucht, wie kann ich ihm dann am besten Helfen? Fange ich an ihm Wörter vorzusagen, oder warte ich einfach bis er evtl. doch von allein drauf kommt, oder wie soll ich mich verhalten?? Ich will ihm nicht weh tun. Genauso ist es wenn er dann was sagt, dann versteht man ihn nur sehr schlecht frage ich dan nochmal nach oder hoffe ich einfach das er nicht bemerkt das ich ihn nicht verstanden habe? Wie war das bei Dir? Es ist mir irgendwie ziemlich blöd einfach nur da zu sitzen und meinen Bruder anzustarren wenn er nach Worten sucht, oder dann ziemlich genuschelt etwas hervorbringt. Ich habe das Gefühl wenn alle ihn ansehen und darauf warten das da nun endlich etwas raus kommt, dann bringt er erst recht nichts hervor. Aber wie mache ich es richtig? Ich hoffe Du hälst mich jetzt nicht für völlig daneben, das ich Dir solche Fragen stelle. Sollte es zu daneben sein, dann sag es mir einfach, ich möchte niemandem weh tun. Viele, liebe Grüße, viel Kraft und Hoffnung!!!

Silke

Hallo S. nochmal eine kurze Frage. Mein Bruder hat mir eine e-Mail geschrieben. Nur zwei kurze Sätze, aber immerhin ein Anfang. Ich versuche ihn jeden Tag dazu zu bewegen, damit er evtl. auch ein wenig Übung hat. Entweder mit der linken Hand zu schreiben, oder aber die rechte zu trainieren. Aber nur leider verstehe ich nicht was er mir geschrieben hat. Es ist irgendwie ohne Zusammenhang. Frag ich jetzt nochmal nach, oder lass ich es dabei??? Mein Bruder ist im Moment einfach so weit unten das ich ihn nicht noch mehr frustrieren möchte. Sondern gerade irgendwie versuche ihn aus seiner Letargie zu befreien. Danke!!!

Silke

Liebe Silke, bei mir ist es so, daß ich sehr froh bin, wenn man mir dann die Zeit gibt, selbst drauf zu kommen. Ich habe immer wieder selbst trainiert, schon kurz nach meinem erneuten Sprachausfall versucht immer wieder Worte zu schreiben. Ich sehe und höre selbst ganz genau was falsch ist. Gut finde ich, wenn mir nach einer gewissen Zeit (wenn ich selbst nicht drauf komme)Worte vorgesagt werden und ich dann nicken kann. Bei mir ist es noch so, daß die Sprache und damit auch das Schreiben immer wieder kommen, da mein Sprachzentrum momentan nur immer wieder durch die Anälle verdrückt wird. Das Schreiben ging immer schneller als das Sprechen. Zu der zusammenhanglosen Mail kann ich dir selber berichten, daß er sicher nicht anders kann, da er es als richtig liest. Mir ist bei mir selbst aufgefallen, daß in meinen Aufzeichnungen (ich habe ein Heft, wo ich immer nach einem Anfall reinschreiben-trainiere)Sätze stehen, die ich selbst kaum noch lesen kann, aber nach einem Anfall für völlig richtig gehalten habe. Ich glaube, das ist genau das Problem, daß man die Buchstaben nicht mehr ordnen kann. Ich habe z. B. auch immer meinen Namen falsch geschrieben. Ich hoffe ich kann Dir helfen. Für mich ist es wirklich sehr wichtig, daß meine Angehörigen sich nicht von mir abwenden und Geduld haben, ich weiß es ist sehr schwer,aber man bleibt der gleiche Mensch, ich verstehe alles, und merke auch Gefühle der Menschen um mich rum, also ich denke Dein Bruder merkt genau, ob Du ihn verstehst oder nicht, frag nach, er merkt dann, ob er Dir wichtig ist. Alles Liebe!. S.

Liebe(r) S., ich danke Dir sehr für deine so offenen Zeilen. Du weißt gar nicht was das für mich bedeutet, jemanden zu haben mit dem ich darüber "reden" kann. Ich hoffe nur ich bin nicht zu indiskret Dir gegenüber, sollte dies der Fall sein, dann möchte ich mich dafür entschuldigen. Aber es ist so wohltuend von erlebten Erfahrungen zu hören. Zu wissen das man mit seiner Sorge um einen geliebten Menschen nicht allein ist. Und es Menschen gibt die solche Situationen meistern, es immer irgendwie schaffen sich und andere zu motivieren. Ich möchte mich ganz lieb bei Dir bedanken, Du gibst mir sehr viel Hoffnung, welche ich in den letzten 14 Tagen sehr vermisst habe. DANKE!!! Ich wünsche Dir all die Kraft die Du auf diesem schweren Weg noch brauchst, viele, liebe Angehörige die dir zur Seite stehen und vor allem Mut weiter so positiv durchs Leben zu gehen!!!

Silke

Liebe Silke, ich bin weiblich, ist vielleicht einfach für Dich dies zu wissen. Jetzt bin ich ab morgen erstmal eine Woche weg, wir fahren in den Skiurlaub. Hoffe wenige Anfälle zu haben, melde mich danach wieder bei dir. Wünsche dir alles Liebe. S.

Liebe S. Ich wünsche dir einen wunderbaren, erholsamen Urlaub. Viel Spaß, und genieße die Tage. Alles, alles Gute für Dich und Deine Familie. Ich werde Dich hier vermissen!!!

Silke