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Alt 16.10.2007, 01:47
Liz und Willy Liz und Willy ist offline
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Standard Mami - Inoperables malignes Meningeom

Hallo Zusammen

Wer hat Erfahrungen mit inoperablem malignem Meningeom?

Wir sind eigentlich nie hier in diesem Forum, sondern eher im Lungenkrebsforum(aktive Schreiber) und Gebärmutterkrebsforum (Mitleser), sowie im Forum für Angehörige und unter Sonstiges zu Hause.

Nun hat es uns auch mit einem Hirntumor erwischt. Seit 10 Tagen wissen wir, dass meine Mami ein inoperables malignes Meningeom hat.

Am miesten Angst macht uns im Moment die rasche Wesensveränderungen die innert Stunden ne Tagen stattfanden.

Ich muss aber etwas ausholen -

Wir sind eigentlich alte Hasen beim Thema Krebs - Willy erhielt 2002 die Diagnose Lungenkrebs (Pancoast Tumor). Er wurde operiert und hat trotz den schlechten Prognosen die prognostizierte Zeit von 2-3 Monate mit nun bald 5 Jahren überlebt. Er ist zwar seit der Op. Teilgelähmt, hat Jahre der Komplikationen hinter sich, Rezidive und ist Sauerstoffabhängig, aber er lebt. Ich erhielt Ende 2001, einen Tag vor dem Tod von meinem Schwiegervater und 4 Wochen vor dem Tod meiner Schwiegermutter als ich 2,5 Monate stationär in der Klinik lag, die Diagnose MS (Multiple Sklerose) und bin nun mehrheitlich im Rolli. 2005 dann die Diagnose Gebärmutterkörperkrebs (Gebärmutterkrebs, Uteruskarzinom oder Endometriumkarzinom). Ich konnte nicht operiert werden, war zwar geplant aber ging nicht, erhielt aber Chemo und Bestrahlung. Habe Glück im Unglück gehabt – kein Rezidiv. Vor 3 Monaten erhielten wir bei unserem jüngsten Sohn die Diagnose A1ATM, eine tödlich verlaufende Lungenkrankheit. Sehr zermürbend waren in dieser Zeit die Jahre der Warterei auf die IV Rente und die diskriminierende Situation der SH die zur Überbrückung nötig wurde. Zur Zeit leben wir immer noch nur von einer IV-Rente.

Irgendwie haben wir es bis jetzt geschafft nicht unter zu gehen, wie wissen wir nicht, ausser vielleicht unsere Liebe zueinander.

Doch nun bin ich an einen Punkt angelangt wo ich mich frage "Warum nur und wie soll das nur weiter gehen?".

Was ist der Grund dazu?

Vor 4 Wochen mussten wir mitten in der Nacht meine Mutter (73) mit Blaulicht ins Krankhaus einliefern lassen - Verdacht Herzinfarkt. Raus gekommen ist nicht ein Herzinfarkt, sondern eine Herzbeutelentzündung und eine Lungenembolie.

Durch die Tatsache, dass die Herzbeutelentzündung die Hauptsymptome ausgelöst hat war die Lungenembolie eher ein Nebenbefund, da diese im Anfangsstadium bei den Eintrittsuntersuchungen festgestellt wurde. Nach dem die Lungenembolie rechtzeitig mit einer Lyse (Blutverdünnung) aufgelöst werden konnte und somit kein schaden angerichtet wurde und die Herzbeutelentzündung ebenfalls behandelt werden konnte hiess es erfreulicherweise gute Prognose. Leider blieben aber die Sauerstoffsättigungswerte immer sehr schlecht bei ca. 65%.

Uns, aber auch ihr fiel in den letzten Wochen, aber auch schon in den letzten Monaten auf, dass sie immer wieder Wortfindungsstörungen hatte. Sie suchte nach Wörtern, sprach dann den Satz nicht mehr fertig, weil sie das Wort nicht fand. Uns fiel auch auf, dass sie noch weniger sah als vorher (sie ist einseitig blind und stark sehbehindert). Zudem schwitzt sie extrem und schläft unterdessen (seit sie in der Klinik ist) ihre 23,5 Stunden am Tag! Diese Auffälligkeiten meldete sie dem Arzt mehrmals. Und auch wir meldeten es.

Da sie ein bekanntes Herzleiden hat wurden die Herzuntersuchungen vom letzten Jahr wiederholt und die fielen deutlich schlechter aus als letztes Jahr. Es zeigten sich Herzkranzstenose (Verengungen der Herzkranzgefässe die eine Minderdurchblutung des Herzmuskels mit sich brachten). So wurde im Eiltempo eine Herzkatheteruntersuchung mit Dilidation und Stenteinlegung geplant. Ein weiterer Eingriff sollte im Anschluss gemacht werden, wenn das Herz etwas stabiler ist. Mami wurde nicht informiert resp. aufgeklärt und hatte Angst. Sie war überglücklich als noch vor dem Eingriff der Prof. doch noch kam und sie sie etwas informierte. Sie musste dann den Fackel unterzeichnen.

Mami hat bereits seit Jahren eine Insulinpflichtige Diabetes, Niereninsuffizienz und eben die bekannte Herzkrankheiten inkl. Herzinfarkt. Zudem ist ihre linke Arteria carotis interna ganz verschlossen (Arterienverkalkung) und die rechte sowie die beiden Halswirbelarterien die alle zusammen das Gehirn mit Blut versorgen, ebenfalls eingeengt - also die Durchblutung des Gehirns war schlecht. Seit 2001 hat sie auch noch 4 Mal schwere Magen- und Darmblutungen gehabt die sie jedes mal in die Klinik resp. auf die Intensivstation brachten und seither gesamthaft mit 32 Bluttransfusionen behandelt werden mussten. Sie sollte schon seit Jahren eine Meniskusverletzung und ihren Rücken operieren lassen – geht aber nicht.

Sie galt bis anhin als Inoperabel aufgrund der bereits bestehenden Krankheiten. Zudem hatte sie eine anaphylaktisch allergische Reaktion auf Jod und jodhaltige Kontrastmittel. Deshalb gab man ihr vor der Herzkatheteruntersuchung ein antiallergischer Cocktail bestehend aus Kortison, Antiallergika etc.

Vor dem Eingriff rief sie mich noch an und sagte "sie sei beruhigt und gehe nun ohne Angst rein". Das war das letzte Mal, dass sie fast normal ansprechbar war - es war der 4.10.2007.

Nach dem Eingriff gingen wir zu ihr in die Klinik, sie wirkte verstreut, unruhig und hatte enorme Problem mit der Sprache – sie sprach wie ein Buch, aber abgehackt und oft wiederholend, nach Wörter suchend und unverständlich. Sie war auch um Jahrzehnte zurückversetzt, sprach von Zeiten aus den 50er Jahre und diese konnte sie im Gegensatz zu vor ein paar Stunden vorher nicht zusammenbekommen. Da kein Arzt mehr da war, meldeten wir diese Auffälligkeiten der Schwester und offenbar wurde danach ein Arzt gerufen (Neurologe) der sagte es sei nichts Auffälliges.

Am nächsten Tag war es offensichtlich, dass es ihr nicht gut ging – eine erneute Meldung brachte nichts. In der Nacht dann bekam sie epileptische Anfälle die nicht aufhörten – diese hatte sie total ein ganze Woche am Stück!

Plötzlich schied sie nichts mehr aus, die Zuckungen wurden immer schlimmer und sie erkannte niemand mehr. Zeitweise war sie sehr unruhig und weinte, stammelte einzelne Wörter raus und sprach so in abgehackter Form vom Fliegeralarm (sie erlebte den zweiten Weltkrieg als Kind in Wien), von ihren Eltern (Mutter starb 1959 und Vater starb 1969). Sie erkannte nicht einmal mich mehr. So wurde sie noch in der Nacht auf die Intensivstation verlegt wo sie bis vor 3 Tagen war.

Sie hatte ein akutes Nierenversagen ausgelöst durch das Kontrastmittel welches zur Herzkatheteruntersuchung benutzt wurde. Zudem diese epileptischen Anfälle. Aus diesem Grund wurde sie am Sonntag noch notfallmässig ins CT gebracht – wo „etwas zusehen war“ ohne zu wissen genau was. Am Montag wurde dann ein Notfall-MRT gemacht, was leider ohne Kontrastmittel gemacht werden musste und sie nur ein Teil der Bild auswerten konnten, weil sie während der Untersuchung diese Ganzkörperzuckungen ja hatte.

Hier sah man die Raumforderung wie sie so schön zu Anfang hiess – heute wissen wir es ist ein malignes Meningeom. Der Tumor ist 2cm gross und hat die A. carotis interna rechts befallen. Ein paar Zentimenter weiter weg ist ein zweiter Tumor zu sehen.

Die zuständige Ärztin von der IPS sagte nur zu mir – „Das sei halt wegen dem Tumor und da kann man halt nichts mehr machen“. Paff da hast du den Schlag ins Gesicht bekommen.

Als Mami dann, nach dem die Nieren sich doch noch erholten (sie gaben ihr keine Chance zu überleben), auf die Normalstation verlegt wurde, hat mich dann der Arzt – ein Engel von einem Arzt, aufgeklärt. Es ist in der Tat so, dass sie als nicht operabel gilt. Da ihre Nieren nun nur noch sehr schwach arbeiten, ist auch eine Chemo nicht möglich. Eine Bestrahlung wird nun abgeklärt. Ziel ist es im Moment sie in den nächsten Wochen in eine REHA zu senden damit sie sich erholen kann, falls Bestrahlung möglich ist, wird sie hin und her transportiert. Ansonsten wird, ausser ihrer seit Jahren bereits bestehenden Therapie, nichts gemacht.

Seit 2 Tagen kann sie wieder etwas sprechen, wenn auch nicht am Stück. Sie hat seit gestern wieder angefangen zu essen – muss aber sagen wir bringen ihr das Essen mit in die Klinik (das Essen ist ja wirklich nicht Appetit anregend!).

Vorgestern sagte sie zu mir „Ich wünsche mir etwas zu Weihnachten“. – wir alle sind nicht sehr auf Geschenke an Weihnachten ausgerichtet, das wir eine recht gläubige Familie sind und uns nicht diesem Kommerzdenken der heute herrscht hingeben möchten, wir pflegen die Traditionen inkl. die der Bescheidenheit. Ich fragte nach was sie sich denn wünscht…

….. Sie sagte mit Tränen in den Augen …

„ ich wünsche mir meine Urne“.

Sie hat, gerade in diesem Jahr, immer wieder vom Tod gesprochen und hat auch bereits ihre Vorstellungen wie ihre Urne aussehen soll und was mit ihr passieren soll geäussert. Sie wünscht sich ein Holzschiffchen als Urne mit vielen handgemalten Sonnenblumen drauf. Oder einen „Blumentopf“ mit Sonnenblumen drauf – Sonnenblumen sind ihr sehr wichtig.

Als sie das sagte, schnürte es mein Herz zusammen, und doch weiss ich, ich werde ihren Wunsch erfüllen.

Gestern dann haben wir stundenlang über ihre Ängste gesprochen – sie hat keine Angst vor dem Sterben, sondern, dass sie nun vor ihrer Freundin gehen muss und sie alleine lassen wird (sie hat Brust- und Darmkrebs).

Irgendwie musste es so sein, denn Anfangs September kamen ihre beiden Geschwister aus England und Wien zu besuch – wohl zum letzten Mal.

Für mich war es ein riesen Schock zu sehen wie schnell es geht und wie schnell Mami uns nicht mehr erkennen konnte. Und doch war es um so schockierender als Mami mir gestern sagte, dass sie sich an gewisse Sachen auf der IPS erinnern konnte.

Wird sie nun weiterhin ihren Zerfall mitbekommen und zusätzlich darunter leiden, dass sie nicht nur Krebs hat, sondern auch ihre Sprache, das restliche Sehvermögen etc. miterleben muss?

Wir waren, nein sind im Trance, funktionierten nur noch und doch mussten wir schon scheibchenweise Abschied nehmen.

Es ist doch meine Mami, meine einzige Mami. Ich liebe sie so sehr.

Was wird noch auf sie zukommen?

Liebe Grüsse ein sehr nachdenkliches, trauriges und ohnmächtiges Liz und Willy im Doppelpäggli


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__________________
***

Willy 54 J. LK Pancoast Tumor Adeno. ES 8/02 ED 11/02, Radio-Chemo, Op. 2/03 seither Teilgelähmt, O2-abhängig
Liz MS im Rolli. Gebärm.ca. 8/05
Mami 10.4.1934 - 7.9.2009
inoper. Hirntumor 10/07, Blasenkrebs 1/09
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GEMEINSAM SIND WIR STARK - seit 30 Jahren das DOPPELPÄGGLI!
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