Mein Exmann hat Krebs

[missgis]

Eigentlich bin gar nicht ich sondern meine Schwester betroffen. Aber sie hat nicht die Zeit, sich ans Krebsforum zu wenden. Ist total gestresst.
Denn der Mann, den sie mal sehr geliebt, der sie aber auch nach Strich und Faden betrogen hat, ist plötzlich wieder in ihr Leben getreten. Eigentlich sind die beiden schon 6 Jahre auseinander. Und zum Glück hat meine Schwester auch einen neuen, sehr viel sympathischeren Mann getroffen.
Aber nun ist ihr Ex wieder aufgetaucht. Er hat sonst niemanden. Keine Freunde, die ihn jetzt aufrichten können.
Denn er hat Krebs im Endstadium. Darm und Lungen sind befallen und etliche Lymphknoten haben schon Metastasen.
Meine Schwester ist völlig geschockt. Eigentlich mag sie ihren Exmann ja noch. Als fernen Kumpel. Aber Sterbebegleitung...?!
Was meint ihr? Darf man so einen Menschen wegstoßen?
http://www.krebs-kompass.org/forum/i...s/confused.gif

[caitlin]

Ja, darf man! Denn das schlimmste ist Unehrlichkeit; und wenn sie sich jetzt aus Mitleid um ihn kümmert, ist es nicht das, was er wirklich braucht. Sie soll in erster Linie an sich und ihr Leben denken. Sollte es ihr wirklich aus dem Herzen heraus ein Bedürfnis sein, sich zu kümmern, dann soll sie. Aber aus Pflichtgefühl? So, wie Du die Lage schilderst, sehe ich dazu keine Veranlassung.
Hoffentlich werde ich nicht falsch verstanden, aber das war einfach mein erster Eindruck.
Alles Liebe
Caitlin

[chrisi0211]

Hallo!

Ich schließe mich der Meinung v. Caitlin an... Wozu soll sie sich diese Last auferlegen? Sie hat ihr jetziges Leben und ihre Liebe, diese gefährden für jemanden, der sie betrogen hat nach Strich und Faden ?

Außerdem ist es ja nicht gerade ein "Spaziergang" jemanden zu begleiten in der schwersten Phase des Lebens, das setzt doch meiner Meinung nach Vertrauen voraus und Liebe, ansonsten tut sich das, außer hauptberuflich, doch niemand an...

lg Chrisi

[missgis]

Danke Caitlin und Chrisi für eure Antworten.
Das Blöde ist nur, dass ich diesen Mann wahrscheinlich mehr ablehne (weil er meiner Schwester damals so weh getan hat) als sie. Sie hat ihm nämlich eigentlich schon länger vergeben und ist mittlerweile wieder ein bisschen befreundet mit ihm.
Und ihr tut es wirklich in der Seele weh, ihn jetzt so erschüttert, geschockt, klein und verletzt zu sehen. Ganz so leicht ist es also nicht.
Kennt ihr denn ähnliche Fälle, wo das gut ging, das eine Frau ihrem Ex beim Sterben begleitet hat? Weil - ihr habt schon recht: Es gibt da natürlich auch noch ihren neuen Mann, der das sicher irgendwann nicht mehr so lustig findet, wobei er jetzt noch nichts sagt, sondern ihr voll und ganz beisteht.

[caitlin]

Ja, so etwas habe ich hier schon mal gelesen, die beiden sind, soweit ich mich noch erinnern kann, auch zusammengezogen, ich weiß aber leider nicht mehr, wie der Thread hieß. Allerdings war das auch eine völlig andere Konstellation (ohne neuen Partner). Leider (Oder besser:Gottseidank) kann ich sonst nicht viel darüber sagen.
Alles Liebe
Caitlin

[mischmisch]

Hallo missgis,

auch wenn du viele Fälle finden würdest, es ist doch jeder einmalig und nicht mit dem anderen zu vergleichen, also ist es doch müssig herum zu spekulieren.

Wenn deine Schwester sich das nach reiflicher Überlegung antun will, bzw.
t u n will, den Mann auch bei sich aufnehmen, rundum pflegen, bzw. zu ihm ziehen, die Betreuung für ihn übernehmen, beim Sterben begleiten, zu erahnen auf was sie sich einlässt, so musst du sie wohl tun lassen.

Ich selbst würde mich aber fragen, was der Kerl j e t z t, wo er seinem Ende zugeht, wieder von mir will?

Ist deine Schwester denn nicht berufstätig, ist sie inzwischen in Rente, dass sie die Zeit hätte?
Aber gerade seh ich, dass du geschrieben hast, sie hätte keine Zeit sich an das Forum zu wenden.

Wie sollte sie dann die Zeit haben einem Schwerstkranken auf seinem Weg beizustehen?

Ein Gruss von mir

mischmisch

[Kyria]

Hallo missgis,

vor noch nicht allzu langer Zeit war ich in einer ähnlichen Situation wie Deine Schwester jetzt:

Als ich von der Krebsdiagnose (unheilbarer Lungenkrebs) meines Exmannes erfuhr, war mir sofort klar, daß ich ihm beistehen würde. Allerdings haben wir auch zwei erwachsenen Kinder zusammen. Auch ich lebe in einer neuen Partnerschaft und hatte anfangs Bedenken, wie ich das alles miteinander vereinbaren würde können.

Mein Exmann wohnte damals ganz alleine in seinem Haus, 50 km von mir entfernt. Anfangs hatte ich jede Menge Horrorszenarien von Pflegebedürftigkeit etc. in meinem Kopf und Angst vor dem, was mich erwarten würde.

Aber schließlich verlief alles viel angenehmer, besser und gnädiger, als ich es erwartet hatte:

Mein Exmann lebte nach Diagnosestellung noch ein Jahr. Er war sehr selbständig in dieser Zeit. Mir blieb nicht viel anderes zu tun, als unauffällig im Hintergrund die Fäden zu ziehen: Ich hielt Kontakt zu einer Nachbarin, die täglich bei meinem Exmann vorbeifuhr; sprach mit den Ärzten, organisierte im Voraus einen Platz im Hospiz und besuchte meinen Exmann ab und zu.

Den Löwenanteil an Unterstützung aber haben unsere Kinder geleistet: Sie fuhren ihren Papa zur Chemo, besuchten ihn regelmäßig und hielten mich dadurch stets auf dem Laufenden.

Mein Exmann, der eigentlich einen eigenwilligen Charakter hatte, war unseren Töchtern und mir für unsere Unterstützung unendlich dankbar und verhielt sich die ganze Zeit über äußerst kooperativ.

Wir, meine Töchter und ich, haben ihn schließlich auch direkt beim Sterben begleitet. Auch das ein sehr berührendes Erlebnis.

Fakt ist, daß mein Exmann, der an kleinzelligem Lungenkrebs litt, bis zum Schluß alleine leben konnte und kein Pflegefall geworden ist. So war es nicht schwer, ihn während seiner Krankheitszeit zu begleiten. Mein jetziger Partner hat uns dabei voll unterstützt.

Heute kann ich aus vollem Herzen sagen: Ich würde es immer wieder ganz genauso machen.

Von daher kann man Deiner Schwester nicht raten, sich so oder anders zu entscheiden. Denn sie weiß sowieso nicht, wie sich die Situation entwickeln wird. Es gibt immer viele Möglichkeiten und dann wieder unterschiedliche Lösungsansätze.

Ich persönlich würde sie aus meiner Erfahrung heraus dazu ermutigen, genau das zu tun, was ihr Herz ihr rät. Das zu machen, wozu es sie hin zieht. Und dann einfach Schritt für Schritt zu gehen, auf diesem neuem Weg.

Liebe Grüße
Kyria

[lonelein]

hallo missgis,
ich kenne sollche situationen nur aus meinem beruf, von der schnellen hochzeit, über trennung über plötzliches wieder zusammensein.
persönlich bin ich der meinung: erstens ist es ein unterschied, jemanden beizustehen oder eine sterbebegleitung zu machen.
schuldgefühle sind vollkommen fehl am platze. ich sehe es ähnlich wie die anderen, wenn sie sich besser fühlt, ist es ok. wenn sie allerdings selbst anfängt zu leiden nutzt es einfach keinem etwas.
du sagtest, die beiden haben wieder leichten freundschaftlichen kontakt...manchmal ist eine sollche situation auch gut um endgültig seinen frieden zu finden, denn nun kann man wirklich offen reden. es klingt alles bestimmt sehr *gemein* und konfus, was ich sage.
das eine ist das, was ich persönliche denke, anderes kommt daher, dass ich schon viele menschen begleitet habe und auch wenn es beruflich war, so ist das ganze eine geschichte, die das eigene seelenleben auf den kopf stellen kann und genau das muss einem klar sein.

ich wünsche deiner schwester, dass sie die richtige entscheidung trifft und auch, dass ihr neuer mann diese akzeptieren wird.
lg lonelein