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  #1  
Alt 29.07.2002, 02:34
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Standard Hilflose Helferin

Hallo Ihr alle!
Ich bin gar keine richtige Angehörige, hoffe aber, daß ich von Euch Hilfe und Unterstützung bekommen kann für die Zeit, die vor mir liegt.
Ich arbeite in einer Behinderteneinrichtung und arbeite seit 2 Monaten mit einer Frau zusammen, die sterben wird. Nach einer beidseitigen Brustamputation nach der Diagnose Brustkrebs, sind im letzten Dezember Metastasen in der Wirbelsäule festgestellt worden, die nicht mehr zu behandeln sind. Da die Frau keine Angehörigen hat, die für sie da sein werden, sind die WohnguppenmitarbeiterInnen und ich die einzigen Menschen, die versuchen werden, ihr einen würdevollen Tod zu ermöglichen. Im Moment geht es ihr gut. Der Schwerpunkt in der Arbeit mit ihr liegt im Moment darin, ihr möglichst viele schöne Stunden zu bereiten. Aber ich habe Angst vor der Zeit, die kommt. Habe Angst, daß ich aus Unwissenheit Fehler mache, die ihr das Leben nicht erleichtern, sondern schwerer machen. Sie soll so lange wie möglich in ihrer vertrauten Umgebung sein, aber ich weiß nicht, wo ich im Raum Kaltenkirchen (50 km hinter Hamburg) Menschen finde, die uns dabei unterstützen, d.h. die dafür sorgen, daß J. nicht leidet.
Ich bin dankbar für jeden Hinweis und jede Unterstützung und verbleibe bis dahin mit lieben Grüßen
Kado
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  #2  
Alt 29.07.2002, 10:20
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Standard Hilflose Helferin

Hi Kado,
ganz ehrlich: Wenn Du schon mit sterbenskranken Menschen zusammen arbeiten musst, ... solltest Du da vorher nicht die entsprechende Ausbildung dafür bekommen?

Das macht mich, als Selbstbetroffene, jetzt doch ein bisschen stutzig!

Liebe Grüsse
von Brigitte
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  #3  
Alt 29.07.2002, 13:52
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Standard Hilflose Helferin

Hallo lieber Kado,

ich finde es sehr schön das du dich so rührend um diese Frau kümmerst.
Wenn ihr Gesundheitszustand sehr viel schlechter wird fände ich es das beste wenn ihr sie in ein Hospiz bringt. Dort kennen sich die Mitarbeiter genaustens aus und haben das notwendige Wissen was man in manchen Situationen umbedingt braucht.

Du kannst sie ja dort auch oft besuchen kommen. Wenn sie allerdings nicht dorthin möchte dann frag halt hier im Forum wie du mit den Problemen, die auftreten umgehen kannst.

Leider wohne ich sehr weit weg sonst hätte ich euch gerne geholfen.

Ich finde es toll das du so nach ihr schaust. Sind also doch nicht alle Menschen so schlecht.

Ich wünsche euch alles Gute.

Liebe Grüße von Tina

tina-grog@gmx.de
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  #4  
Alt 29.07.2002, 13:52
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Standard Hilflose Helferin

Hallo Kado,

in neumünster gibt es eine Hospizbewegung, die begleiten die sterbenden Menschen zuhause, kommen also zu euch.
Tel: 04321/4917694
Frau Irmgard gillert
ich wünsch dir viel Kraft

Hallo Brigitte,
ist leider nicht so, das man in deutschland unbedingt eine zusätzliche ausbildung erhält im sozialpädagogischen Bereich. Die vollstationären einrichtung sind ja nicht auf "Sterben" eingerichtet, sondern auf das Leben. Viele Behinderte Mitbürger haben in diesen einrichtungen ihr Zuhause und wenn dann eine tödliche Krankheit kommt, werden sie natürlich nicht entlassen, sondern begleitet vom sozialpädagogischen Personal. dies sind meist die einzigen Bezugspersonen. Angehörige haben auch keine Ausbildung in dieser Richtung. Eine entsprechende Ausbildung ist im sozialpädagogiechen Bereich "leider" nicht vorgesehen.

Liebe Grüße

marlies
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  #5  
Alt 29.07.2002, 15:48
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Standard Hilflose Helferin

Hm! Grosse Marktlücke!
Ich frage mich nur, wie oft wir Krebskranken mit "unausgebildeten" Leuten in den Kliniken zu tun haben müssen?
Wenn die Angehörigen ihre Mühe damit haben, ist es verständlich. Aber bitte nicht in Kliniken! Und selbst wenn diese Einrichtungen nicht auf das "Sterben" ausgerichtet sind, (so eine Klinik gibt es nirgends, es sei denn, es ist ein Sterbehospiz!) ... sollte man sich die Frage stellen, ob denn dort die Menschen NIE sterben?
Das ist Wischi-Waschi, also ehrlich!

Kado, mir geht's überhaupt nicht darum, dass ich Dir jetzt nicht helfen wollte, im Gegenteil. Aus Deinen Zeilen kann man ganz deutlich heraus lesen, dass Du dieser Frau helfen möchtest und ganz dringend Hilfe suchst! Das ist ja auch sehr schön, ... jedoch verwirrt mich, als Krebsbetroffene, Deine Situation so ziemlich!
Bist Du Studentin? In Ausbildung? Das wäre noch eine Erklärung. Andererseits müssten dann Deine Vorgesetzten Dich immerhin auf solche Konfrontationen vorbereiten! Kann mir nämlich nicht vorstellen, dass alle Behinderten dort unsterblich sind, hm? Und Krebsfälle hat es bestimmt auch schon gegeben!
Wie ist denn das? Wenn ich jetzt eine Behinderte bin und bei Euch lande, wissen dort alle, wie sie mit mir umgehen müssen, WEIL ich behindert bin, ... aber wenn ich dann Krebs kriege, bekommen dort alle gleich die Flatter?

Macht nichts. Regt Euch nicht auf, es reicht, wenn ich mich schon darüber aufrege! - Kleiner Denkanstoss einer Krebspatientin, okay?

Also, Kado! In erster Linie können Dir Krebsbetroffene selbst am besten helfen. Weil SIE wissen, wie das ist, mit dem Krebs zu leben, mit diesem Mörder auf der Schulter. Bleibe Du selber, offen und ehrlich ihr gegenüber. Stell Fragen. Frage sie, was SIE möchte. Nur so wirst Du heraus finden, was ihr gut tut und welche Wünsche sie noch hat.
Weiss sie über ihren Gesundheitszustand Bescheid? Eine wichtige Frage! Werden ihr Dinge verheimlicht? Oder wird ihr alles gesagt?
Wenn sie tief "unten" ist, zu nichts mehr fähig und ihre Freude verloren hat, versuche sie mit schönen Dingen, die sie liebt zu locken. Singe ihr Lieder vor, lies ihr aus Büchern vor. Wenn sie hinaus kann, mach Spaziergänge mit ihr. Versuche, das Leben mit Kinderaugen zu sehen, denn genau so lebt sie jetzt in jedem Augenblick (sofern sie über ihr Schicksal Bescheid weiss).

Es gibt so viele Dinge, die Du für sie tun kannst. Aber frage sie danach. Nicht drängend, sondern mitfühlend.
Und denke immer daran: Es ist auch gut möglich, dass es ihr wieder mal besser geht. Schreibe sie deswegen nicht einfach ab. Sie merkt sowas! Hundertprozentig!

Ich wünsche Dir ganz viel Kraft dazu, Kado.
Ganz liebe Grüsse
von der "krassen" Brigitte
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  #6  
Alt 30.07.2002, 08:52
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Standard Hilflose Helferin

Hallo Brigitte,
ich glaube, wir haben hier ein kleines Mißverständnis, eine Einrichtung für Behinderte, ist hier in deutschland (ich meine gelesen zu haben, daß du in der Schweiz wohnst) eine (meist kleine) Wohngruppe für Menschen mit geistigen oder psychischen Defiziten. Die menschen leben hier, kochen, sehen fern, lieben, arbeiten wie jeder Andere auch, nur eben unterstürzt durch Sozialpädagogen. Körperliche Erkrankungen werden dort nicht behandelt, sondern man geht extern zum Arzt oder eben in eine Klinik. Man kann auch Wohngemeinschaft oder auch "Heim" (blödes wort) statt Einrichtung sagen, aber eben nicht "Klinik". Insofern liegt hier glaub ich in der Begrifflichkeit ein Mißverständniss vor.
In Kliniken hoffe ich doch sehr, daß es zur Ausbildung gehört, Sterbende zu begleiten, weiß es aber ehrlich gesagt garnicht.

Liebe Grüße

Marlies
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  #7  
Alt 30.07.2002, 09:57
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Standard Hilflose Helferin

Hi Marlies,
weiss schon, wie Du's meinst mit dem "Heim".
Trotzdem: Du kannst als Krebspatient offenbar "stecken" wo Du willst, ... Du bist umgeben von "Laien" und "Nichtsahnenden" Menschen. Das ist jetzt vielleicht wieder mal krass ausgedrückt von mir, hat aber sehr viel Wahres.
Sag doch mal ehrlich: Würdest DU Dir wünschen, in so einer Situation, wo Du unheilbar krank bist, von Pflegern umwimmelt zu werden, die keine Ahnung davon haben, WIE sie mit Dir umgehen müssen?
Das passiert Dir auch in stinknormalen Krankenhäusern, ehrlich!

Das ist ja das Dilemma unserer Gesellschaft. Wir sind einfach nicht fähig, mit Schwerkranken und dem Tod umzugehen, weil der Tod für uns ein ewiges Tabuthema bleibt. Also baut man Sterbehospize, wo Menschen sind, die sich darauf spezialisiert haben. Das hat ja irgendwie auch sein Gutes, ja, aber andererseits ... ist dies dann nicht bloss eine reine "Abschieberei"? Die Sterbenden zu den Sterbenden, ... so wie wir es mit den Alten machen: Die Alten zu den Alten!
Du bist in dieser Gesellschaft halt einfach abgeschrieben, wenn Du nicht mehr der "Norm" entsprichst!
Genau so geht's mit den Krebskranken. Die Krebskranken zu den Krebskranken. (Tumorkliniken, hm?) Und von den Menschen, die AIDS haben? Das gleiche!
Wir sollten endlich mal umdenken, und lernen, Krankheit und Tod in unser "gesundes" Leben mit einzubeziehen. Wovor haben wir bloss solche Angst? Ist doch lächerlich!

Das sind nun mal jene Dinge, Marlies (ich bin nicht wütend auf Dich, sondern auf diese Tatsache, gell?), die ich als Betroffene immer wieder sehe und erleben muss. Ich bin nämlich in dieser Gesellschaft nichts wert, wenn ich nicht so funktioniere, wie es von mir erwartet wird. Den Gedanken an den Tod, oder dass ich sterben könnte, wird völlig verdrängt. Man sieht - aus medizinischer Sicht - bloss meinen Körper und den Krebs, ob er weg ist oder nicht - und je nach Körpersituation werde ich demnach bereits in ein "Schema" gedrückt. Wenn ich "gesund" bin, habe ich weiter so zu funktionieren, und wenn ich "krank" bin, ... habe ich gefälligst NICHT zu sterben!
Aber wenn wirklich alles nichts mehr nützt, erst wenn man sieht, dass das Sterben unausweichlich wird, ... dann ist jeder völlig hilflos und weiss gar nicht, wie er damit umgehen muss.
DA ist die Lücke!

Ich finde, jeder, der zumindest einen Pflegeberuf ausübt, sollte diesbezüglich lernen, wie man mit Krankheit und dem Tod umgeht. Aber woher sollen diese es lernen, wenn schon nicht mal die Ärzte, Professoren, Lehrer, Vorgesetzten es wissen?
Die verdrängen dies in der Regel genau so, denn alles ist ja nur immer auf das Leben ausgerichtet und konzentriert. Das ist ja auch gut so, denn das Leben ist Leben, ... aber der Tod und das Sterben gehören genau so dazu!

So, jetzt habe ich wieder mal meinen "krassen" Dampf abgelassen.

Kado? Bitte melde Dich doch noch mal. Ich bin nicht wütend auf Dich, okay?
Stell ruhig Fragen hier. Denn wenn Du keine Fragen stellst, kann ich Dir nicht versuchen zu helfen!

Liebe Grüssli
von der "krassen" Brigitte
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  #8  
Alt 30.07.2002, 18:49
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Hi Brigitte,
Du hast recht in allem was Du schreibst, krank sein und insbesondere sterben wird in unserer Gesellschaft ausgegrenzt. wie das für die Betroffenen selbst ist kann ich wohl nur knapp erahnen, weiss aber, daß ich niemals abgeschoben werden will, wenn es mich mal treffen wird. Ich finde es mutig und klug "aufzustehen" und super wenn es auf so eine manchmal krasse Art und Weise geschieht, wie du es manchmal tust. Das rüttelt hoffentlich ein wenig auf. Und wenn du Wut auf die Systeme hast, ist das sicherlich mehr als berechtigt.
By the way, finde ich es aber bemerkenswert, wenn jemand sich hier Hilfe holen will um einem kranken Menschen besser helfen zu können. Und da ein sozialpädagogischer Beruf nichts mit "Pflege" zu tun hat, sondern mit den sozialen Belangen der menschen, die körperlich gesund sind, so ist das doch toll oder?. Die meisten "Behinderten, die in Heimen oder Einrichtungen leben, haben gar keine Angehörigen und noch häufiger ist es so, dass sie von ihren angehörigen abgeschoben werden in Heime. Die haben die gleichen Probleme, wie Du glaub mir. Und wenn sie dann noch Krebs kriegen und sich mit dem "Sterben auseinandersetzen sollen, ist es wie ich finde sehr schön, wenn sie dann eben nicht in ein haus zum sterben wieder abgeschoben werden, sondern, wenn da ein paar beherzte Sozialarbeiter sind, die auch bereit sind zu begleiten oder???
Genau da wird der negative Kreis doch durchbrochen, der von dir zu recht angeprangert wird.

Alles Liebe

Marlies
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  #9  
Alt 30.07.2002, 20:04
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Hallo Kado,

ich finde es schön, dass es Menschen wie Dich gibt, die versuchen, einem krebskranken Menschen so gut wie möglich zu helfen.
Und hier im Forum bist Du genau richtig, um Dir Tipps und Hilfe bei den Menschen zu "holen", die wissen, was es bedeutet krebskrank zu sein.
Ich persönlich kann Dir leider keine Hilfestellung geben, da ich genauso verzweifelt als Angehöriger eines krebskranken Vaters versuche, alles richtig zu machen. Mut machen, zusammen über die Krankheit reden, über die Ängste aber auch über die HOffnung, das allein hilft sicherlich schon sehr.

Liebe Brigitte, ich finde es schade, dass Du auf einen Hilferuf so antwortest. Kado hatte nun wirklich etwas besseres verdient, als als Deletant(in) oder sonstwas bezeichnet zu werden.
Ich weiss von vielen anderen Seiten, auf denen Du Dich gerne in endlosen Texten versuchst, die sicherlich gelegentlich auch hilfreich sind. Und besonderen Wert legst Du auf Deine "krassen" Aussagen. Aber man muss auch wissen, wann es mal nicht passt.

Kado, ich wünsche Dir ganz viel Kraft für Deine Aufgabe.
Liebe Grüsse, sonja
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  #10  
Alt 30.07.2002, 23:43
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Liebe Brigitte,
ich weiß nicht was du willst, auf der einen Seite regst du dich auf über die schlechte Ausbildung vieler, die ja keine Ahnung haben wie sie mit Sterbenden umgehen sollen und auf der anderen Seite regst du dich darüber auf, das es Leute gibt die sich darauf besonders ausbilden lassen, um in einem Hospiz sterbenden Menschen zu helfen. ?
Was nun? Außerdem kann ich diese endlosen Verallgemeinerungen nicht mehr hören. Die unfähige Gesellschaft, das unfähige Pflegepersonal, die unfähigen Angehörigen. Und da traut sich eine aus dieser nicht mit kranken Menschen zurechtkommenden Gesellschaft helfen zu wollen, und was bekommt sei, eine aufs Dach. Klasse, so ändert sich die "Gesellschaft" bestimmt zum Besseren. So jetzt bin ich meine Wut losgeworden. Lilly
Liebe Kado,
ich finde es ganz toll, das du Hilfe suchst und hoffe für dich, das du auch ein paar wirklich hilfereiche Antworten bekommst, wie die von Marlies. Ich bin leider auch nur so ein "unprofessioneller" Angehöriger und weiß von meinem Paps, wie wichtig es ist dazusein und richtig zuhören zu können. Auch wir versuchen, viele schöne Momente miteinander zu verbringen und ich weiß das er sie sehr genießt. Liebe Grüße Lilly
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  #11  
Alt 31.07.2002, 00:03
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Erst einmal hallo an alle, die mir bis jetzt geantwortet haben.
Ich bin wirklich freudig überrascht, daß ich so schnell Reaktionen auf meinen Hilferuf erhalten habe. Es ist ein beruhigendes Gefühl zu wissen, daß ich auch, wenn es Jenny (so nenne ich sie einfach mal) schlechter geht, nicht alleine dastehen werde. Im Moment geht es ihr gut, sie hat keine körperlichen Beschwerden, aber das kann sich jeden Tag ändern. Im Moment und da möchte ich mich auch ganz speziell an Dich wenden, Brigitte, versuche ich so viele schöne Dinge zu machen, wie es möglich ist.
Um auf die Frage zu antworten, nein, sie weiß noch nichts von ihrem Zustand. Sie ist geistig behindert und ich weiß nicht, ob sie überhaupt in der Lage sein wird, diese Information zu begreifen. Auf der anderen Seite bin ich immer eine ganz strenge Vertreterin der Auffassung gewesen und bin es eigentlich noch, daß man nicht für andere entscheiden sollte, was für sie gut ist und was nicht. Ich weiß nicht, was richtig ist. Bevor Jenny vor 2 Jahren zu uns kam, hat sie ganz fürchterliche Dinge erlebt und ganz langsam beginnt sie das Leben zu genießen, kann lachen und sich freuen. Ist es egoistisch, wenn ich ihr das noch länger erhalten möchte.
Und nun noch einmal zu Dir, Brigitte.
Ich verstehe Deine Wut, aber wieviel Gedanken hast Du Dir über den Tod und den Umgang mit todkranken Menschen gemacht, bevor Du krank geworden bist? Ich denke wie Du, daß der Tod viel zu viel aus unserem alltäglichen Leben gedrängt wird. Es ist wichtig, sich dagegen zu wehren und zu versuchen ihn zu einem Teil von unserem Leben zu machen, was er ja auch ist. Aber die Realität sieht leider anders aus. Meine Haupttätigkeit in der letzten Zeit bestand darin, zu gewährleisten, daß Jenny solange es möglich sein wird, "Zuhause" bleiben kann und dass das nicht eine Kostenfrage wird. Ich habe von meinen Träger die Zusage erhalten, aber das ist nicht selbstverständlich, leider.
Ich werde bestimmt ganz viele Fragen haben, wenn es darum geht, welche Möglichkeiten der Schmerztherapie es gibt und wann es einfach nicht mehr zu verantworten ist, sie nicht in professionellere Hände abzugeben. Ich selber werde aber bestimmt auch Eure Hilfe und Unterstützung brauchen, weil man es nicht lernen kann, professionell mit seinen Gefühlen umzugehen und ich weiß, daß ich an meine Grenzen kommen werde, vor allem, weil ich einen Teil der Verantwortung für Jenny trage, weil sie nicht alleine in der Lage ist, dieses zu tun.

Ich möchte mich bei Euch allen jetzt schon bedanken.
Eine etwas erleichterte
Kado
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  #12  
Alt 31.07.2002, 04:40
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Hallo, zur späten Nachtstunde!
Ups! Meine krasse Seite wirkt wieder mal hier! Nett, dass Ihr Euch Gedanken darüber macht!
Nehmt's mir bitte nicht übel, wollte niemanden verletzen oder beleidigen hier, ja? Wenn dem so war, so entschuldige ich mich in aller Form.
Okay?

Also erst mal, ich habe eigentlich Kado nie kritisiert, WEIL sie Hilfe hier gesucht hat. Im Gegenteil, habe sogar gesagt, dass das ja schön sei, mich aber lediglich irritiert. Und ich habe sie auch nie als Deletantin oder sowas bezeichnet. Habe bloss kritische Fragen gestellt. Wollte ihr ja helfen, hm?

Sorry bitte, wenn ich immer wieder alles in Frage stelle. Ich bin auch nicht GEGEN Sterbehospize, sondern zeige nur auf, wie schnell man in einer Situation abgeschoben wird. Niemand will gerne abgeschoben werden (Marlies), aber Du WIRST es leider trotzdem. (Ich spreche da aus eigener Erfahrung. Nein, nicht ins Sterbehospiz, aber manches andere.)
Und die Unfähigkeit der Pfleger, Gesellschaft, der Angehörigen (Lilly) ist kein Vorwurf an den Einzelnen oder an Euch, es ist ein Vorwurf an unser Denken!
Natürlich nützt es nichts was ich sage im Jetzt, im Hier, bei Euch im Augenblick ... (deswegen regt Ihr Euch ja auch noch auf, was ich gar nicht so beabsichtigt habe), ... aber vielleicht nützt es was bei anderen? Manchmal muss man diese Gedanken einfach in den Raum werfen, ... weil sich sonst nie etwas ändert. Ich erwarte hier zwar keine Weltänderung oder sowas (du liebe Zeit!), aber es tut auch mir gut, diese Dinge loszuwerden.
Tja, nein Lilly, nicht IHR hier bekommt eines auf's Dach, ... wir Krebsbetroffene sind es leider immer wieder.

Hi Kado, schön dass Du noch mal schreibst. Du fragst, wie viele Gedanken ich mir über den Tod und die Krankheit VOR meiner eigenen Erkrankung gemacht habe? - Naja, auch nicht so viele! Und daher habe ich den dämlichen Fehler nämlich erkannt!
Ich werde nun also als Krebspatientin im grossen und ganzen rumgeschubst, abgeschoben, belächelt, nicht ernst genommen, und auch vergessen.
Heitere Tatsachen, nicht wahr? Das betrifft Ärzte, Pfleger, Behörden, Angehörige und Freunde. Okay, nicht alle. Ganz wenige sind geblieben. GANZ wenige!
Und das ist völlig NORMAL! Es ist die Realität, da hast Du recht.
Aber ist es wirklich völlig normal? MUSS man immer alles so akzeptieren, nur weil es normal sein soll? Warum sollen sich Krebspatienten genau DA nicht darüber aufregen dürfen? Wir SEHEN und ERLEBEN es doch am eigenen Körper!

Naja, so isses. Ob Jenny sich nun diese Gedanken ebenso macht, bezweifle ich. Du wahrscheinlich auch, gell? Also ist das vermutlich gar kein Thema für sie. Vielleicht ist das sogar eher ihr Glück dabei? Ihr bleibt dann doch zumindest diese quälende "Grübelei" erspart.
Nein, es ist nicht egoistisch von Dir, den Augenblick zu bewahren, wenn sie erst anfängt, ihr Leben zu geniessen, zu Lachen und sich zu freuen. Das ist nämlich das einzige, was zählt! Ob sie nun über ihre Krankheit Bescheid weiss oder nicht.

Ich kann Dir versuchen zu helfen, wie DU damit umgehen kannst, wie Du mit IHR umgehen kannst, ... aber bei Ratschlägen für Schmerztherapien und anderen Behandlungsmethoden muss ich leider passen. Erstens ist es schwierig, hier gute Tips zu geben, weil für jeden Patienten etwas anderes in Frage kommt, ... und zweitens, weil es nicht besonders viele Möglichkeiten gibt. Hier können wirklich nur Ärzte helfen, die Komplementärmedizin, ... oder vielleicht findet man den einen oder anderen Ratschlag hier im Forum oder sonst im Internet.

Also, Gut Nacht zusammen,
und Kado, ... mach Dir keine Sorgen um mich, ich hab das schöne Leben schon im Griff. Oder das Leben hat mich im Griff, ... oder wie auch immer!
Ganz liebe Grüssli
von der "krassen" Brigitte
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  #13  
Alt 31.07.2002, 12:53
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Standard Hilflose Helferin

Liebe Brigitte,
mich würde interessieren, welche schlimmen Erfahrungen Du im Rahmen Deiner Erkrankung in Kliniken gemacht hast, wo Du von Pflegern "umwimmelt wurdest, die keine Anhnung davon hatten, wie sie mit Dir als unheilbar Kranke umgehen sollten". Ich selbst bin Krankenschwester und Ehefrau eines Krebspatienten. Ich habe lange Jahre auch mit Krebspatienten gearbeitet. Mir ist durchaus bekannt, daß es überall Mißstände und schwarze Schafe gibt, leider. Aber Deine absoluten Verallgemeinerungen kann und möchte ich so nicht stehen lassen.
Kado arbeitet in einer Wohngemeinschaft für Behinderte und steht diesen Menschen, die oft keine Angehörigen haben, bei, ein Leben in relativer Selbständigkeit zu führen. Ich ziehe meinen Hut vor Menschen, die diesen Beruf ausüben und mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten versuchen, diesen Menschen ein schönes und lebenswertes Leben zu vermitteln, jedem einzelnen auf seine Bedürfnisse abgestimmt!! Diese Einrichtung hat in erster Linie nichts mit Pflege von totkranken Menschen zu tun. Danach ist die Ausbildung dieses Berufsstandes nicht ausgerichtet. Wie Kado bereits geschrieben hat, werden die Bewohner dieser Einrichtung, die deren Zuhause ist, wie alle anderen Menschen auch von Hausärzten betreut und gegebenenfalls, wenn erfoderlich, in Krankenhäuser eingewiesen. Kados Situation ist also nichts anderes, als die eines normalen Angehörigen, mit dem sie noch nicht einmal verwandt ist!!! Und ich finde es toll, daß sie sich bemüht, ihrer Bewohnerin solange wie möglich ein Leben in ihrer Familie ( nämlich der Behinderteneinrichtung ) möglich zu machen!
Zum Umgang mit Sterbenden oder unheilbar Kranken in Kliniken kann ich Dir sagen, daß Du mit Sicherheit nicht von unfähigen Menschen "umwimmelt" bist. Die meisten in der Pflege arbeitenden Krankenschwestern und -pfleger haben eine mindestens 3jährige Ausbildung hinter sich, häufig auch noch eine daran anschließende mindestens 2jährige Fachausbildung! Sie wissen sehr wohl, wie man mit unheilbar kranken Menschen oder gar mit Sterbenden umgehen muß, denn sie haben die Pflege auch solcher Patienten gelernt! Leider ist die Situation in unseren Krankenhäusern und Kliniken nicht so, wie ein Laie es sich manchmal vorstellt. Der Aufgabenbereich einer Pflegekraft umfasst nicht nur die Pflege unheilbar Kranker oder Sterbender und geht auch über die in der Öffentlich sehr verbreitete Meinung der Kaffee-trinkenden, Tabletten-verteilenden und Töpfchen-schwenkenden Schwester/ Pfleger hinaus! Es stehen umfassende, teilweise schwere Aufgaben in der Pflege an und natürlich auch die psychische Betreuung und Pflege ( und das zusätzlich an mindestens 2 Wochenenden im Monat und vielen Feiertagen, an denen die meisten Menschen zu Hause ihre Füße hochlegen, von den ständig anfallenden Überstunden und Zusatzdiensten mölchte ich hier gar nicht erst reden! ). Die Situation ist leider heute nur so, daß auf einer Station meistenteils "gemischtes Patientengut" vorhanden ist: der sterbende Patient, der chronisch und unheilbare Patient, der Akutpatient , der "Vollpflegefall" und der "Normalpatient". Die Personalsituation ist meistens reichlich bescheiden, denn es gibt immer weniger Menschen, die diesen unter den oben geschilderten Bedingungen ( die finanzielle Seite lasse ich jetzt mal ganz beiseite )sehr "attraktiven" Beruf ausüben möchten! Jeder der oben aufgeführten Patienten hat das Recht auf bestmögliche Betreuung und Pflege, und das Ganze möglichst individuell. Jeder Patient sieht sich natürlich nur allein, hat keine Ahnung vom Pflegeaufwand seiner Mitpatienten und ist natürlich aus seiner Sicht häufig derjenige, der zur Zeit die größten Probleme hat und die meiste Pflege benötigt. Leider ist eine Pflegekraft aber nur mit 2 Beinen, 2 Händen und einem Gehirn ausgestattet ( muß wohl eine Fehlkonstruktion sein ) und das Aufteilen der einzelnen Körperteile auf alle Patienten funktioniert leider auch nicht so, wie gewünscht. Da kommt leider die psychische Unterstützung der einzelnen Patienten machmal etwas zu kurz. Das heißt aber nicht, daß die Pflegenden unwissend sind!
Tod und Sterben im Pflegeberuf verdrängt??? Wer außer Ärzten und Pflegekräften wird so oft mit dieser Situation konfrontiert? Es hat keine Pflegekraft gelernt, mit Tod und Sterben umzugehen? Das ich nicht lache! Entschuldige bitte, aber diese Äußerung halte ich für absolut unqualifiziert! Schwester oder Pfleger zu sein, heißt, sich mit dem Sterbenden UND seinen Angehörigen auseinanderzusetzen, neben all der anderen Arbeit, die auf der Staion anfällt, auch einfühlsam und bestimmt nicht unwissend mit beiden Gruppen ( Patient und Angehöriger ) umzugehen! Außerdem möchte ich hier einmal die Frage stellen, ob eigentlich alle Welt der Meinung ist, daß Pflegekräfte irgendwelche "Übermenschen" sind? Es geht hier, liebe Brigitte, offensichtlich nur um Deine Situation, wie Du Dich fühlst, wie Du Dich schlecht und unwissend von Kliniken und deren Personal behandelt fühlst etc. Hast Du schon einmal darüber nachgedacht, welche Kraft es benötigt, als Schwester oder Pfleger KONTINUIERLICH mit Sterbenden oder unheilbar Kranken zu arbeiten? Was es heißt, immer wieder vor der Endlichkeit aller menschenmöglichen Therapien zu stehen, immer wieder mit dem Tod konfontiert zu werden und hinter dem Tod eines Menschen das persönliche Schicksal des Patienten zu sehen, das Leid, die Trauer, die Probleme auch eines Angehörigen zu sehen?
Eine Klinik ist nicht für das Sterben ausgerichtet? Das bezweifele ich doch sehr. Gerade in den letzten Jahren hat man hier vieles getan. Man ermöglicht zum Beispiel seit langer Zeit Angehörigen über Tag und Nacht an der Seite des sterbenden Patienten zu sein. Für die Schwester/ den Pfleger, der ja ach so unwissend ist, sind mit Angehörigen weitere "Patienten" auf der Staion zu betreuen. Denn auch der Angehörige hat das Recht auf "Pflege" in der Klinik und bekommen sie in der Regel auch, wenn die Zeit es zulässt! Wo bleibt die ganze palliative Medizin, wenn Kliniken und Ärzte nicht auf Sterben ausgerichtet sind?`Wo bleibt, das mit Medikamenten ermöglichte "humane" Sterben, wenn Kliniken und Ärzte daruf nicht eingerichtet sind? Dann dürfte jeder Patient zu Hause sterben. Wieviele Menschen haben das Glück, zu Hause sterben zu dürfen und wieviele sterben in der Klinik ( die ja dafür nicht eingerichtet ist )? Es wäre schön, wenn Du einmal die Möglichkeit hättest, mit "unwissenden" Pflegekräften nur eine Woche lang mitzulaufen und damit die Nöte und Sorgen von vielen Patienten und Pflegekräften kennzulernen. Vielleicht würdest Du Dein Urteil dann revidieren!
Man schiebt Krebspatienten ab? In Tumorzentren? Sei doch froh, daß es Spezialkliniken gibt! Oder bringst Du Dein zu reparierendes Auto zum auschließlichen Autohändler, der keine Werkstatt nebenher hat?
Man baut Hospize, weil wir nicht in der Lage sind, mit Sterbenden oder Tod umzugehen und dort Personal ist, die darauf spezialisiert sind? Auf was spezialisiert? Arbeiten dort Menschen, die speziell auf das Umgehen mit Tod und Sterben gedrillt worden sind? Wie lernt man, mit Tod und Sterben umzugehen, wo doch beides individuell bei den zu betreuenden Patienten unterschieldich ist? Hospize haben einen Vorteil gegenüber Kliniken: da gibt es NUR noch die psychische Betreuung und später, im Finalstadium, noch die körperliche Pflege eines Sterbenden, keine weitere, zeitaufreibende Behandlungspflege und Diagnostik. Da gibt es Zeit für das Individuum sterbender Patient. Das nennst Du Abschieben?? Das könnte ich nur so verstehen, daß Du meinst, Angehörige würden die Patienten dort hin abschieben, weil sie mit Tod und Sterben nicht umhgehen können. Und diese Unterstellung so verallgemeinert würde ich als eine absolute Frechheit ansehen! Wie viele Patienten hast Du schon sterben gesehen? Weist Du, wie groß die Belastung eines Angehörigen ist, der beim Sterben seines Liebsten untätig zusehen muß, absolut hilflos ist, so etwas vielleicht noch nie erlebt hat, Angst hat etwas fasch zu machen, völlig überfordert ist mit seiner psychischen Situaion und der psychischen Situation des Sterbenden etc.? Ganz abgesehen von der notwendigen körperlichen Vollpflege eines sterbenden Patienten. Der häusliche Pflegedienst kommt in der Regel dreimal am Tag nach Hause zu dem Patienten, um ihn zu versorgen. Meinst Du, damit ist es dann getan? Pflege heißt: 24 Stunden am Tag und keiner weiß, wie lange diese Pflege notwendig ist. Ich kann jeden Angehörigen verstehen, der dieser Situation nicht gewachsen ist und deshalb den Patienten in professionelle Hände übergibt! Das ist in den meisten Fällen mit Sicherheit kein Abschieben!! Deshalb gilt meine Bewunderung auch allen Angehörigen, die versuchen, diese Situation ganz weit herauszuzögern oder die die Kraft aufbringen, den Patienten zu Hause sterben zu lassen!!! Diese Menschen vollbringen für meine Begriffe teilweise übermenschliches und geben ihre gesamte Kraft dafür her. Auch Karo versucht, dies zu leisten. Und ich sage es noch einmal: Hut ab, vor allen, die das machen oder machen wollen und sich hierfür wie zum Beispiel hier Hilfe und Rat holen wollen. So jemanden attackiert man nicht!
Zum Abschluß möchte ich noch einmal auf die Situation, die Du so geschildert hast, daß man als Krebspatient auch in Kliniken von nichtsahnenden, unausgebildeten Pflegern umwimmelt ist, die keine Ahnung davon haben, wie man mit Krebspatienten oder Sterbenden umgehen muß. Ich habe Dir unter anderem das Zeitproblem in einer Klinik und das Personalproblem geschildert. Das kann man ganz einfach umgehen: Kliniken, Krankenhäuser, Altenheime etc. meiden! Unsachlich???? Ja, mit Sicherheit. Aber mit Sicherheit genauso unachlich wie Deine o.a.Äußerung! "Umwimmeln" von Pflegern gibt es heute mit Sicherheit leider nicht mehr, sondern eher umgekehrt: auf weiter Flur findet sich eine Krankenpflegekraft, die nicht gerade Schüler oder Zivildienstleistender ist! Die Gründe hierfür habe ich im Ansatz oben aufgeführt. Personalmangel an jeder Ecke. Und dann gibt es noch die Patienten, die krebskrank sind, momentan aber nicht in den Prioritätsbereich der zeitmäßig eingeengten Pflegekraft gehören, weil sie zwar schwer krank sind, es aber zur Zeit im stationären Bereich Patienten in schlechterem Allgemeinzustand gibt. Für diese ist dann sehr zum Unwillen der ersten Patientengruppe mehr Zeit erforderlich. Das Gesichtsfeld eines jeden einzelnen Patienten ist nämlich leider nur sehr eingeschränkt. Nur auf sich und seine Situation bezogen! Das wird dann verallgemeinert indem man auf die allgemeine Unfähigkeit der Pflegekräfte schimpft. Oder möchte man da nur provozieren oder besonders "krass" sein??? Das finde ich dann nicht gerade gut, wenn jemand wie z. B. Karo hier um Hilfe bittet.
So, den Frust mußte ich jetzt hier mal raus lassen. Vielleicht konnte ich auch etwas zum nachdenken anregen, angreifen wollte ich niemanden.
Liebe Karo, wenn ich Dir als Krankenschwester helfen kann bei Deiner schweren Aufgabe, so lass es mich wissen. Ich werde mein Möglichstes tun.
Alles Liebe an alle Kämpfenden, egal ob Patienten oder Angehörige,
Ulrike

N.B.: Hier ist der krebskranke Ehemann von Sr. Ulrike. Auch ich habe viel Zeit zum Lesen und Schreiben, habe aber noch nicht versucht, mich hier in diesem Forum zu profilieren. Krass von mir?
Die Lösung aller obigen Probleme ist doch ganz einfach: Kliniken, Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen schaffen, best-ausgebildetes Personal einstellen, noch weiter ausbilden, um alle obigen Wünsche zu erfüllen. Hotelbedingungen von 7-Sterne-Hotels schaffen (3 Pflegekräfte auf jeden Patienten etc.) und jedem die Wahl lassen, wo er sterben will.
1. Schritt: Jeden Monat die Krankenkassenbeiträge verdoppeln, bis das oben genannte bezahlbar wird. (bei 50 - fach kann man vielleicht aufhören mit verdoppeln).
Als einziges kleines Beispiel möchte ich aus Patientensicht folgendes anmerken: Weiß jemand, wieviel Zeit das Pflegepersonal mit Pflegedokumentation "verplempern muß - gesetzlich"? Damit rede ich nicht gegen die Dokumentation. Aber auch das geht noch zusätzlich von der Zeit ab, die man sich als Patient von "seiner" Schwester unter der Rubrik "Zuwendung an mich" wünscht. Personal einstellen, daß dokumentiert und Pfleger pflegen lassen. Es bezahlen. (Bezahlen müssen die, die die Musik bestellen. Wir als Patienten und Mitglieder von Solidargemeinschaften wie Krankenkasssen und Versicherungen). Denn als die Pflegedokumentation in der jetzigen Form "erfunden" wurde, hat man einfach dem Pflegepersonal das "aufs Auge gedrückt" - ohne zu sagen, wann sie bitte schön das denn auch noch machen soll. Personal wird verringert, Einkommen gekürzt, Aufgaben werden erweitert. Gut, daß wir Zeit haben, von "umwimmelnden" Pflegern zu schreiben, die keine Ahnung von Tod und Sterben, vom Umgang mit krebskranken Patienten etc. haben.
Ich geh' jetzt wieder TV-Kliniken gucken - da bekommt man das vielleicht alles zu sehen.
Schon mal in eine psychosamtische Klinik geschaut? Wieso ist wohl der Anteil der dortigen Patienten gerade auch aus den Pflegeberufen (neben den Lehrern)so überdimensional hoch?
Klar, weil die krass gesagt ................. siehe oben
keine Ahnung haben. Von Tod. Vom Sterben. Vom Umgang mit Krebspatienten, mit chronisch Kranken etc.

Gruß, Jürgen
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  #14  
Alt 31.07.2002, 15:19
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Hallo Ulrike und Jürgen,

ich bin euch wirklich dankbar für euren Eintrag. Ihr habt mir aus der Seele gesprochen. Eigentlich wollte ich mich zu dem vorher gesagten und einem ähnlichen Beitrag in einer anderen Ruprik gar nicht äußern, weil ich mich dabei zu sehr aufrege.

Ich musste im Rahmen meiner Ausbildung ein 2-monatiges Krankenpflegepraktikum auf einer Internen machen. Seit damals hat das Pflegepersonal meinen höchsten Respekt!!! Jeder der kritisiert sollte einmal, wie du Ulrike sagst, einen Tag lang dort mitarbeiten.
Wenn ich daran denke wieviele junge Leute der Krankenschwester/Pleger oder Arzt... werden wollen, weil sie die Grenzen der Medizin auf irgendeine Art leidvoll erfahren mussten, und ihre ganze Kraft in diesen Beruf einbringen, um dann ständig Kommentare in denen ihnen fachliche Inkompetenz oder Unwillen... nachgesagt werden, lesen zu müssen. Ich könnte dazu noch einen ganzen "Roman" schreiben.

Leider gibt es wie in jedem Beruf schwarze Schafe, und leider werden wie überall auch mal Fehler gemacht.Wem von uns ist bei der Arbeit noch kein Fehler passiert?? Aber deswegen pauschal alles schlechtzumachen finde ich nicht in Ordnung.

Leider gibt es auch in unserem Gesundheitssystem Mißstände. Du hast die Ursachen ja schon erklärt. Vieles davon ist eine Zeit - und Geldfrage. Jeder erwartet, dass die Erkenntisse der "Schulmedizin" bei ihm gratis angewendet werden. Wie groß wäre die Empörung, wenn man dafür ähnlich viel bezahlen müsste wie bei alternativen Heilmethoden?

Ich bin zwar nur nierentransplantiert (habe dadurch eine erhöhte Wahrscheinlichkeit Krebs zu bekommen - bei einer Krebsart ca. 25xhöher) bin aber sehr dankbar, für die bisherige quasi kostenlose Behandlung. In Amerika können sich diese Behandlungen nur gut situierte Menschen leisten, außer sie haben das Glück in einer Studie unterzukommen. Z.B. kosten 2 von 8 Medikamenten die ich ständig nehmen muß je über 400 € - damit komme ich dann ca. 14 Tage lang aus.
Ich weiß auch über die Langzeitfolgen die durch Dialyse bzw. Transplantation incl. Immunsuppression bei meinem Körper zu erwarten sein werden. Auch dieses Wissen ist allgegenwärtig und immer wieder körperlich spürbar. Aber man ist auch ein bisschen selbstverantwortlich für sein eigenes Seelenheil. Bei dem jetzigen Zeitdruck unter dem jeder im Pflegedienst steht, muß eben den am schlimmsten Betroffenen der Vorzug gegeben werden.

Lieber Jürgen, ich wünsche dir alles Gute!!!

Liebe Grüße
Afra
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  #15  
Alt 31.07.2002, 18:28
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Hallo zusammen,

Okay, ich fange nochmals von vorne an.
Ganz vorne.
Bei Adam und Eva.
Oder anders formuliert: Leben gleich Sterben. Oder geboren werden heisst auch wieder sterben.

Früher war unsere Gesellschaft eher sozial, verfügte über einen besseren Zusammenhalt. Wenn also jemand krank war und sterben musste, so geschah dies in der Familie, im nahen und vertrauten Verwandtenkreis. Also waren es die Menschen gewohnt, in ihrem eigenen Umfeld zu sterben, oder es erleben zu müssen, dass jemand stirbt. Demnach setzte man sich mit Krankheit und Tod intensiver auseinander.
Dann gab es Spitäler und Kliniken. Dann hat sich die Industrie, dann die Gesellschaft verändert. Die Forschung ging rasant voran, und die Kliniken spezialisierten sich. Der Knackpunkt also! ("Es gibt nur noch gesunde Menschen"! - Jede neunte Frau hat in Basel Brustkrebs, also gesamtschweizerisch von den Städten her gesehen die höchste Rate. Quelle: Tageszeitung.)

Wir haben also nie gelernt, uns mit Krankheit und Tod auseinander zu setzen, und dies zu akzeptieren (kleine Wiederholung hier). Was ja das Pflegepersonal auch bestätigt, indem so viel Arbeit anliegt, ... genau so geht es der GANZEN Arbeitswelt! Vom Einzelnen wird immer mehr verlangt, und er hat gar keine Möglichkeiten, sich mit diesen ganzen Gesellschaftsthemen auseinander zu setzen, weil er völlig ausgepumpt ist.

Durch diese ganzen Spezialisierungen haben wir angefangen, unser ganzheitliches Denken und Handeln auszuschliessen.
Jenny lebt nun also in dieser Behinderteneinrichtung und ist nun zusätzlich schwer oder sterbenskrank. Ich bin davon überzeut, dass es ihr lieber wäre, in diesem "Zuhause" sterben zu können, als dass man sie in ein Sterbehospiz verlegt. Dort sind genau jene Menschen nicht mehr da, denen sie bisher VERTRAUT hat!

Also nun noch zu meinem Beispiel: Als ich damals Schmerzen in der Brust hatte, meinte meine Gynäkologin, das sei psychisch. Einen Monat später, als die Schmerzen wieder auftaten, entdeckte sie eine kleine "Schwellung" in meiner Brust und verschrieb mir eine Salbe.
Wieder einen Monat später meinte sie, da ist ein kleiner Knoten, aber das ist kein Krebs, das ist bestimmt eine Zyste. Sicherheitshalber machten wir eine Mammografie. Also ging ich zum Spezialisten, dem Rönteninstitut, hm? Dort machte man die Mammografie, wollte mir die Bilder nicht mal zeigen, weil ... man wusste auch nicht, was es war! Wieder etwas später machte meine Gynäkologin eine Punktierung (so nennt man dies in der Schweiz). Die Probe wurde an einen Spezialisten, also an ein Labor gesandt. Dort wiederum konnte man nicht feststellen, um WAS es sich bei dieser Probe genau handelt!
Ich bekam einen Anruf in meine Arbeitsstelle, wo jeder im Raum mithören konnte. Die Gynäkologin sagte mir da, ich müsse den Knoten operativ entfernen lassen, man wisse zwar nicht was es genau ist, aber so zur Sicherheit, wäre das gut. Und ich bekam gleich einen Termin für die nächste WOCHE! (Diese Aussage meiner Gynäkolgin war psychologisch sehr geschickt, nicht wahr?)
Im Krankenhaus dann, wusste man genau so wenig, um was es sich bei meinem Knoten handelt. Vermutlich hat meine Gynäkologin gar nicht mit den Ärzten im Spital eine Absprache gehalten, sondern lediglich die Unterlagen zugesendet und einen Termin für mich vereinbart.
Nach der OP stellte man fest, dass es Krebs ist. Man erklärte mir das weitere Prozedere, ging jedoch nicht auf meine Ängste und Gefühle ein. Also liess man mich liegen. Bis zum nächsten Tag.
Als ich nach Hause wollte, wollte der EINE Arzt dafür eine schriftliche Bestätigung von mir, die andere Ärztin meinte, es sei nicht nötig! Die Pflegeschwester sagte mir, ich könne gleich am nächsten Tag wieder unter die Dusche, ... der Arzt meinte, ich dürfe so lange nicht mehr duschen, bis die Fäden gezogen sind!
Und so weiter und so fort.

Als ich aus dem Krankenhaus kam, war meine Gynäkologin in Urlaub. Ebenfalls mein Hausarzt.
Nach einer Woche durfte ich die Fäden ziehen beim stellvertretenden Arzt meiner Gynäkologin. Dieser war so im Stress, dass er meine Fragen nicht beantworten konnte, wollte schnell meine Fäden ziehen, musste jedoch dabei ausrufen: "WAs soll ich denn da ZIEHEN? Da sind ja gar keine Fäden drin!"
(So viel zur Spezialisierung!)
Ich hatte keinen Ansprechpartner, musste also meine Fragen dem Notsorgentelefon anvertrauen. Im ganzen liess man mich zwei Monate ohne Aufklärung alleine. Als ich dann mit einer ellenlangen Frageliste zu meiner Gynäkologin kam, meinte sie: "Ja wenn sie das alles wissen wollen, können sie ja gleich ein Medizinstudium machen!" Als ich schimpfte, dass niemand Zeit für mich hat, mir all meine Fragen zu beantworten, auch zur Komplementärmedizin, meinte sie: "Ich sehe schon! Sie wollen nicht wahrhaben, dass Sie Krebs haben, deswegen suchen Sie die Schuldigen wo anders!"

Also DAS ist die genannte psychologische Schulung und Spezialisierung! Naja, und keiner weiss, was der andere tut!

Nun zum Pflegepersonal: Ich bezweifle keine einzige Sekunde, dass diese sehr, sehr hart arbeiten müssen. Ich nehme jedoch an, dass das bei Euch auch so ist, dass das Pflegepersonal nur so und so viel Zeit pro "Fall" hat, weil das von den Kassen so eingestuft wurde. Haarkämmen, Waschen, Aufnehmen, usw. Und dass vermutlich nicht mal viel Zeit übrig bleibt für ein Gespräch mit dem Patienten ("Fall"!)
Womit hat das zu tun? Die Kassen wollen immer weniger bezahlen, (das Geld geht aus!), der Staat will sparen mit einer kleinen "Mogelpackung", indem er diese Zeitlimiten erstellt, wie lange das Pflegepersonal an einem Patienten ("Fall"!) arbeiten darf!
Mir ist ganz klar, dass dies auch den Pflegerinnen und Pflegern sauer aufstösst!

Bei uns in der Schweiz benötigt es für die Ausbildung als Krankenpfleger/in die mindest schulische Ausbildung eines Gymnasiasten. (Mit dieser Ausbildung kann man auch an die Uni.) Dieser Beruf wird bei uns sehr gut bezahlt, aber auch bei uns wird an Personal gespart, und diese Pfleger/innen rufen ebenfalls aus: "Zuviel Arbeit!" - Naja, auch bei uns wird diese "Mogelpackung" angewendet!
Okay, wie Ihr das auch nennen wollt, ... DAS nennt man Globalisierung! (Der Staat entzieht sich immer mehr seiner eigenen Verantwortung und überlässt sie dem Einzelnen.)

Ach ja, liebe Ulrike, seit wann vergleicht man einen Menschen mit einem Auto? (Was hier wohl Bluebird dazu sagen würde?)
Der Mensch ist doch keine WARE!

Also, Ihr Lieben, ich habe hier jetzt also NUR die Sache als Thema angeschnitten, für weitere Diskussionen oder als Denkanstoss.
Ganz liebe Grüssli
von der "krassen" Brigitte
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