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  #1  
Alt 05.01.2009, 21:09
Flo Flo ist offline
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Registriert seit: 19.12.2008
Beiträge: 6
Standard Mein Papa

Hallo zusammen,

ich muss ehrlich sagen, ich habe mich lange gesträubt mich Fremden anzuvertrauen und über meine Ängste, Trauer, Wut und all das zu sprechen. Aber ich habe jetzt hier viel gelesen und sehe, dass soviele liebe Menschen hier sind, dass ich denke es wird mir gut tun.

Zu meiner/unserer Geschichte:

Bei meinem Papa wurde vor knapp 8 Wochen BSDK festgestellt. Der Krebs hat bereits gestreut und die Leber angegriffen.

Bei ihm fing alles damit an, dass er "gelb" wurde...zunächst dachten wir er hätte vielleicht eine Leberentzündung, aber als die Hausärztin dann bei der Sonographie einen Schatten sah, wussten wir dass irgendetwas schlimmeres sein muss als eine Leberentzündung. Er wurde dann ins Krankenhaus eingewiesen und am nächsten Tag wurde uns dann die Diagnose mitgeteilt.
ICh kann nicht in Worte fassen, wie sich mein Leben von heute auf morgen geändert hat. Mein Papa hat Krebs! Unbeschreiblich schlimm und dann noch diese besonders fiese Form, die meist nicht heilbar ist.

Ich habe glaube ich den ganzen Tag und die gesamte Nacht nur noch geweint, ein Glück habe ich einen tollen Freund, der mich unterstütz wo er nur kann...

Es gibt Tage, da wache ich morgens auf und denke erstmal was für ein schöner Tag, bis mir Sekunden später wieder einfällt, dass nichts mehr schön ist. Ich habe sooooooo große Angst um Papa..wie lange lebt er noch, wieviel Angst hat er selbst. Was muss in ihm vorgehen?

Wie furchtbar muss es sein, wenn man selbst so eine Diagnose bekommt. Und um meine Mama mache ich mir auch noch Sorgen. Sie ist seit über 43 Jahren immer mit Papa zusammen gewesen und hat sich nie einen "eigenen" Freundeskreis aufgebaut, wie soll sie jemals den Tod meines Vaters überstehen...


Oft breche ich am Tag in Tränen aus, wenn bestimmte Songs im Radio kommen, die mich an so lustige Zeiten mit PApa erinnern oder ich schaue mir Kinderfotos von früher an....Manchmal laufe ich auf unserem Laufband unter Tränen einen Halbmarathon, weil es mich in diesem Moment befreit...

Papa ist nicht nur ein Vater sondern war auch immer Freund und Berater....ICh wünsche mir so oft, dass ich doch noch aufwache und es alles nur ein schrecklicher Traum war, kennt Ihr das?!?!??!

Mein Papa ist doch erst 63! Womit hat er das verdient, warum er? Warum dieser tolle Mann, Papa, Chef und Freund?

Zu seinem Zustand: Er bekommt jetzt seit ca. 6 Wochen Gemzar in einer ganz tollen lokalen (muss man sagen, so nette liebevolle Ärze und Helfer dort) Onkologiepraxis. ICh hatte für ihn eine Studie mit Morab herausgesucht, aber leider waren seine Bilirubinwerte schon zu schlecht.
Zu Beginn hat er einen Stent eingesetzt bekommen, um den Gallenabfluss zu regeln. die ersten Chemos liefen auch super und er fühlte sich richtig gut und optimistisch...

Heute rief Papa mich dann an und sagte dass er leicht erhöhte Temperatur und wieder leicht hellen Stuhl hätte-was bedeutet das???- eventuell nur vom Essen oder ist wieder irgendetwas schief gelaufen?
Ich weiß Ihr seid keine Ärzte, aber ich weiß überhaupt nicht wie ich schlafen soll, überhaupt frage ich mich manchmal wie ich den letzten Wochen geschlafen habe...wohl mehr schlecht als recht....

Er ist morgen übrigens bei seinem Arzt....

In jedem Fall möchte ich sagen, dass wir sehr offen mit der KRankheit umgehen, mein Papa nimmt kein Blatt vor den Mund und wirkt immer sehr gefasst, wahrscheinlcih auch wegen meiner Mom...frage mich manchmal ob er nicht auch mal weinen sollte oder vielleicht es bei dem einen so oder so....naja...

Mama hingegen hofft auf ein Wunder und redet sich ein, dass der Papa noch sehr lange lebt, ich meine ich hoffe auch! Aber ich weiss dass der Sch.... Krebs ihm einfach mal 20 JAhre genommen hat...Papa war vorher noch NIE! krank!

So, jetzt muss ich erstmal aufhören...freue mich übr Nachrichten von Euch!

Liebe Grüße,

Flo
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  #2  
Alt 06.01.2009, 00:44
MelanieH MelanieH ist offline
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Registriert seit: 12.11.2008
Beiträge: 10
Standard AW: Mein Papa

hallo flo,

ich muss sagen, mir hilft es oft, mit anderen zu sprechen und ich bin ganz sicher, dass dir das forum hier gut tun wird. meine antwort jetzt ist auch mein längster beitrag bisher...
die diagnose meines vater ist fast genauso lange her - und er hat auch bereits lebermetastasen. mir geht es ganz ähnlich wie dir.

ich drücke schon mal die daumen für den arzttermin! unserer ist am mittwoch.

meine größte sorge ist wie bei dir: wie schafft er das alles? ich würde gerne die welt für ihn anhalten und viel mehr für ihn tun, als ich kann...
ich (und meine ganze familie) versuche einfach, für ihn da zu sein, für und mit ihm stark zu sein und mich umfassend zu informieren. du sagst, er fühlt sich gut und ist optimistisch, er sei gefasst - das klingt doch gut! klingt wie bei meinem vater - auch ich wünschte mir aber, er würde vielleicht mal weinen. aber frage dich mal: war er früher anders? nein? warum sollte er sich dann jetzt ändern? wenn du ihm sonst immer vertraut hast, dann tu das auch jetzt: er ist optimistisch - dann sei das auch! unterstütz ihn in dem gedanken.

bei mir gibt es ein ganz bestimmtes lied, dass ich mir zurzeit nicht anhöre: denn mein vater hatte vor einem knappen jahr am grab meiner oma gesagt: "wenn ich mal tot bin, möchte ich, dass "wenn du gehst" von zeraphine gespielt wird." in diesem lied gibt es aber eine schöne zeile:
Wenn Du gehst
Bleibt ein Teil zurück
Und nie erlischt
Dein Stern für mich

einen wirklich lieben gruß
melanie
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  #3  
Alt 06.01.2009, 09:36
Kirsten67 Kirsten67 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 05.06.2008
Beiträge: 844
Standard AW: Mein Papa

Liebe Flo,

es tut mir sehr leid, dass es Euch auch erwischt hat. Aber es tut gut, sich hier mal alles von der Seele zu schreiben und auf die Erfahrungen und das Mitgefühl der Menschen hier zurück greifen zu können. Hier zu schreiben war bestimmt ein guter Schritt.

Zwischen Deiner und unserer Geschichte gibt es so viele Parallelen: Mein Papa (68) hat auch Metastasen in der Leber. Auch bei ihm fing es damit an, dass er "gelb" wurde. Er hat Stents gesetzt bekommen, eine Bypass-OP und wird zur Zeit mit Gemzar behande.t Und auch wir haben ein ganz besonderes Verhältnis. Jeder im seinem Umfeld wußte, dass es mich auf ganz besondere Weise treffen würde, wenn ich die Diagnose höre. Und meine Mama macht mir auch viele Sorgen, denn auch sie glaubt immer noch daran, dass es Papa eines Tages wieder besser geht. Die beiden sind seit 45 Jahren verheiratet.

Anfangs habe ich auch immer da gestanden und gehofft, dass alles nur ein böser Traum ist, ich kann sehr gut nachvollziehen, wie es Dir geht. Ja, das Leben hat sich verändert. Ängst und Sorgen haben eine andere Dimension bekommen, aber es haben sich auch Prioriäten verschoben und der Blick ist deutlicher als zuvor auf das Wesentliche gerichtet. Wir gehen auch viel bewußter miteinander und mit gemeinsamen Momenten um.

Es ist gut, dass Du jemanden an Deiner Seite hast, der Dich unterstützt. Das ist so viel wert. Ich habe das Glück bei meinem Mann auch. Und es ist gut, dass Ihr offen über den Krebs redet, dass ihr für einander da seid. Das ist das, was Du tun kannst und das ist sehr sehr sehr viel.

Liebe Grüße von Kirsten
__________________
Mein Papa: Diagnose BSDK mit Lebermetastasen Ende Mai 2008
Den schweren Kampf verloren am 05.04.2009


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  #4  
Alt 06.01.2009, 17:28
Flo Flo ist offline
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Registriert seit: 19.12.2008
Beiträge: 6
Standard AW: Mein Papa

Liebe Melanie, liebe Kirsten,

es ist sooooooo schön von Euch so nette Worte zu hören und es stimmt, es tut gut sich mit anderen, wenn auch "fremden" auszutauschen...Ich schreibe gerade unter Tränen, weil Papa mich angerufen hat und mir vom Arzttermin heute erzählt hat. Es war alles schlecht...seine Werte waren im Keller, weil es wieder einen Stau in der Galle gab, dadurch auch die Anzeichen von denen er mir gestern berichtete...darum konnte er heute kein Gemzar bekommen und muss auch nochmal ins Krankenhaus, weil die Angst meinte, dass das in jedem Fall nochmal ganz konkret untersucht werden muss...ich bin mal wieder so verzweifelt, warum konnte es denn nicht gut gehen? Papa ist noch nicht mal zwei Wochen wieder zu hause und dann gehts schon wieder schief...Die Ärztin wird ihn heute abend noch anrufen (ist wirklich so eine tolle Frau, bin froh dass sie arzttechnisch da ist) und ihm mitteilen wie's weitergeht...eventuell bekommt er nach Kontrolle im Krankenhaus eine andere Therapie, also kein Gemzar mehr...

ICh musste eben, als Papa mir alles erzählt hat, auch wieder den Hörer auflegen, weil ich wegen der Tränen schon garnicht mehr sprechen konnte..dabei möchte ich nicht, dass Papa jedesmal mitbekommt wenn ich weine....aber ich konnte einfach nicht anders..

Wisst Ihr manchmal bin ich so wütend auf Rentner im Supermarkt, warum durften die so alt werden und mein Papa, oder Eure Papas nicht????
Warum hat man ihnen das Leben auf so dramatische Art und Weise verkürzt..

Der Papa tut mir auch so leid, schon wieder ins Krankenhaus, schon wieder Untersuchungen....aber er ist so STARK udn meinte eben auch wieder: "ist eben sch****, aber wenn's mir hilft"...mach Dir keine Sorgen"....

Ich weiß garnicht wie ich morgen arbeiten gehen soll, jeden Tag fällt es mir schwer...so schrecklich!

Melanie und Kirsten und überhaupt alle Betroffenen, fühlt Euch doll gedrückt von mir!

Flo
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  #5  
Alt 08.01.2009, 12:42
Kirsten67 Kirsten67 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 05.06.2008
Beiträge: 844
Standard AW: Mein Papa

Hallo Flo,

was soll ich sagen, wir sind uns in einigen Punkten sehr ähnlich. Auch ich habe anfangs oft neidisch auf andere ältere Menschen geschaut, denen es nach außen hin viel besser zu gehen scheint. Auch heute ertappe ich mich bei neidischen Blicken. Aber ich habe dann ein Gegen-Credo entwickelt: Ich habe das Glück, dass mein Vater auch 7 Monate nach Diagnose noch einigermaßen stabil ist, wenn auch auf niedrigem Niveau. Wir verbringen deutlich mehr Zeit miteinander als früher und das auch noch viel intensiver. Es gibt Augenblicke, die ich mit ihm erleben durfte, die ich ohne den Krebs nicht wahrgenommen hätte. All diese Momente sind für mich so unendlich wertvoll geworden. Menschen, die einen Angehörigen von heute auf morgen verlieren, haben dies vielleicht nicht, versäumen vielleicht miteinander über das zu reden, was wirklich wichtig ist. Diese Gedanken machen es mir möglich, in solchen Situationen nicht zu verzweifeln.

Die ersten Wochen war ich im Büro überhaupt nicht leistungsfähig. Aber auch hier habe ich Glück gehabt, dass mein Chef sehr viel Verstädnnis aufgebracht hat und mir meine Zeit zum Verarbeiten gegeben hat.

Heute kann ich wieder arbeiten gehen, bringe auch hier meine Leistung. Irgendwie geht es immer weiter. Ich drücke Dir die Daumen, dass Du auch bald wieder Boden unter den Füßen gewinnst. Aber gib' Dir Zeit. Die Diagnose ist ein Schock, auch für die Angehörigen. Sei für Deinen Papa da und zeige ihm, wie lieb Du ihn hast, das wird Euch beiden gut tun.

Wenn was ist, melde Dich.
Kirsten.
__________________
Mein Papa: Diagnose BSDK mit Lebermetastasen Ende Mai 2008
Den schweren Kampf verloren am 05.04.2009


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  #6  
Alt 08.01.2009, 13:09
hoe hoe ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 16.12.2008
Beiträge: 160
Standard AW: Mein Papa

Seit meiner Diagnose "metastasicher (?) BSDK derzeit nicht operabel" habe ich meine Lebenseinstellung grundlegend geändert und andere Prioritäten gesetzt. Negatives versuche ich so weit als möglich fernzuhalten und rufe negative Erinnerungen nicht aus meinem Gedächtnis ab. All das scheint sehr hilfreich zu sein.
Auf Grund meiner Erkrankung, der vielen stationär durchgeführten Untersuchungen im Spital und nun wegen meiner wöchentlichen Chemo bin ich in den letzten Monaten gar nicht, zuletzt sporadisch arbeiten gegangen.
Leider gibt es aber auch viele Personen, die mit dem Wort Krebs absolut nicht umgehen können. So hat sich etwa mein Abteilungsleiter (ich arbeite in einer Landesregierung in einer sehr großen Abteilung) seit meinem Krankenstand noch kein einziges Mal über meine Krankheit erkundigt, angerufen, geschweige im KH mal besucht. Selbst bei der Weihnachtsfeier ist er mir augenscheinlich aus dem Weg gegangen, obwohl er am Nebentisch gesessen ist. Er betrachtet mich als Aussätziger und kann mit dem Wort Krebs nicht umgehen. Eigentlich ist er ein armer Mensch, ich habe ihn schon wieder (fast) vergessen.

Alles Gute!
Hans
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