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Alt 18.01.2013, 11:43
Han Solo Han Solo ist offline
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Standard Meine Geschichte

Ich habe jetzt hier schon seit einiger Zeit mitgelesen, jetzt will ich auch meine Geschichte einmal niederschreiben.

Ich bin 30 Jahre alt und habe Anfang September 2012 geheiratet. Als wir aus den Flitterwochen zurückkamen, ging ich aufgrund eines geschwollenen Hodens zum Urologen, hatte Glück, innerhalb von einem Tag einen Termin zu bekommen, und der Urologe konnte mit Ultraschall und Abtasten bereits erkennen, dass es sich vermutlich um einen Hodentumor im linken Hoden handeln würde. Obwohl ich bei der großen Schwellung insgeheim damit gerechnet hatte, war ich natürlich total geschockt.

Der Urologe nahm dann alles weitere in die Hände, organisierte mir einen schnellen Termin für ein CT, und als sich aufgrund der erhöhten Tumormarker eine notwendige Behandlung abzeichnete auch einen Termin zur Spermakryokonservierung.

Das CT offenbarte dann, dass es sich um einen Krebs im fortgeschrittenen Stadium handelte. Es zeigten sich mehrere vergrößerte Lymphknoten im Bauchraum sowie auch zwei oberhalb des Zwerchfells, wovon einer von außen auf einen Hauptbronchus drückte, was den andauernden Hustenreiz erklärte, der nicht aufhörte.

Die Kryokonservierung war leider nicht erfolgreich, da im Ejakulat keine fruchtbaren Spermien gefunden wurden.

Als Behandlung sollte ich zunächst den linken Hoden entfernt bekommen und für den Anschluss wurde eine PEB-Chemotherapie ins Auge gefasst. Gleichzeitig sollten aus dem rechten Hoden Gewebeproben und vitale Spermien direkt entnommen werden.

Der histologische Befund des linken Hodens war ein nicht-seminomatöser Keimzelltumor (Embryonalzellkarzinom) pT3, R0, V0, L0. Des weiteren wurden auch im rechten Hoden keine vitalen Spermien gefunden, dafür jedoch ebenfalls ein Tumor, diesmal ein Seminom diagnostiziert.

Dieser musste also ebenfalls raus und anschließend sollte es 3 Zyklen PEB-Chemotherapie geben. Bei der OP wurde also gleichzeitig der Hoden entfernt sowie ein Port für die Chemo eingesetzt. Hier sagte der histologische Befund dann halt Seminom pT1, R0, V0, L0.

Nach dieser OP kam ich auch gar nicht mehr nach Hause, sondern nach ca. einer Woche stationärem Aufenthalt nach der OP wurde dann direkt mit dem stationären Teil der Chemotherapie begonnen. Die ambulanten Bleomycin-Gaben konnte ich in der Praxis meines niedergelassenen Urologen bekommen.

Gleichzeitig musste ich ab dann natürlich mit der Testosteron-Substitution beginnen. Zunächst hatte ich Testogel, später dann Testotopgel, was bei höherer Dosierung schneller einzieht und deshalb leichter anzuwenden ist.

Insgesamt habe ich die Chemotherapie gut verkraftet. Die Haare hatte ich mir vor Beginn der Chemo bereits abrasiert, so dass ich da keinen Stress hinterher mit bekomme und mich an den Anblick im Spiegel gewöhnen könnte. Das war wohl auch eine gute Entscheidung, wie ich mittlerweile glaube. Im zweiten Zyklus in der zweiten Woche ging es mir mal ziemlich beschissen. Ich weiß nicht, ob ich mir da irgendwas eingefangen habe, aber ich hatte Durchfall, dann auch Erbrechen und egal wie viel Zofran ich bekam, es half alles nicht. Zeitweise kamen aus vier Körperöffnungen gleichzeitig Flüssigkeiten, was nicht besonders angenehmen ist. Aber wie gesagt, das waren ein bis zwei Tage, ansonsten kann ich mich nicht groß beschweren. Außer wenig Appetit und dass ich schneller müde wurde und viel schlapp war, war wenig zu spüren. Und das mit dem Appetit kann natürlich auch am Krankenhausessen liegen. Besonders fiel mir auf, dass ich nach zwei Etagen Treppensteigen so erschöpft war, dass ich mich erst einmal 5 Minuten hinsetzen musste. Danach war es dann aber auch wieder ok.

So ging die Chemo dann voran und war schließlich am 11. Dezember mit der letzten Bleomycingabe beendet.

Um uns dann erst einmal was zu gönnen, bin ich erst einmal mit meiner Frau für 4 Tage auf eine Städtereise nach Leipzig gefahren, wo ich auch schon wieder viel durch die Stadt laufen konnte und auch wieder den ersten Glühwein und das erste Cider trinken konnte.

Über Weihnachten sollte dann abgewartet werden und Anfang Januar war dann das Kontroll-CT. Hier stellte sich jetzt heraus, dass zwar alle Lymphknoten im Vergleich zu vorher deutlich kleiner geworden sind, mit bis zu 2,3 cm aber immer noch zu groß sind. Sie sollen also operativ entfernt werden, so dass ich jetzt Ende Januar in der Uniklinik in Aachen von Prof. Heidenreich im Bauchraum operiert werde und dann im Anschluss noch mal von jemand anderem die vergrößerten Lymphknoten im Lungenbereich entnommen werden.

Das tut mir ziemlich weh, weil ich mich die ganze Zeit über immer darauf gefreut habe, an Karneval wieder fit zu sein und das jetzt dadurch ins Wasser fällt. Aber dann muss ich eben nächstes Jahr doppelt so viel Karneval feiern.

Ihr seht schon, dass ich meinen Optimismus nicht verloren habe.

Insgesamt muss ich sagen, dass ich vorher gedacht hätte, dass mich so ein Schicksalschlag stärker trifft, aber ich denke, ich komme ganz gut klar damit. Und insbesondere hatte ich ganz viel Unterstützung von Familie und Freunden und immer ganz viel Besuch im Krankenhaus. Das hat vermutlich viel ausgemacht.

Auch wenn ich jetzt noch nicht komplett durch bin, hoffe ich doch, dass mein Bericht vielleicht auch Leute Mut machen kann, dass man auch die Behandlung nach einer Diagnose im fortgeschritteneren Stadium gut überstehen kann.
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