Hallo aus der Ferne

[Costa Rica-Tom]

Hallo Gemeinde,

auf der Suche nach Fragen und Antworten zum Thema Hodenkrebs bin ich auf dieses Forum gestossen. Ein froheliches Hallo an alle aus dem sonnigen Costa Rica.

Zu meiner Geschichte muss ich weit aushohlen. Ich war vor 15 Jahren mit meiner Frau in Thailand und hatte auf einem Mal einen heftigen Schmerz im linken Hoden. Dieser Schmerz zog sich so zwei Tag hin und das war es dann schon. Ich hatte mir vorgenommen wenn ich aus dem Urlaub zurueck in Deutschland bin gehe ich zum Arzt. Aber Ihr kennt ja die Maenner, ich hatte keinerlei Beschwerden mehr und so ging ich dann doch nicht mehr zum Arzt.

Einige Zeit spaeter stellte ich dann eine schwammartige Vergroesserung des Hodens fest, dachte mir aber nichts dabei oder ich verdraengte irgendwelche boesen Gedanken. Mit der Zeit, oder besser mit den Jahren gewoehnte ich mich an die gleichbleibende Veraenderung, meine Frau sagte sogar scherzhaft ''schau mal, jetzt hast du drei Hoden''

Nun lebe ich seit einigen Jahren nue verheiratet in Costa Rica und mit mir der etwas vergroesserte linke Hoden. Vor einem halben Jahr habe ich mich beim Urulogen untersuchen lassen da sich bei uns der Kinderwunsch eingestellt hat aber nach 1,5 Jahren nichts passierte. Der Uruloge untersuchte unter anderem auch beide Hoden... und stellte nichts fest...

Vor ca. einem Monat musste sich unser Nachbar am Hoden operieren lassen, da hatten sich irgendwelche Adern verdreht, so genau habe ich das nicht erfragt. Bei einem Gespraech mit ihm fiel mir mein etwas zu grosser Hoden ein und ich sprach mit meiner Freundin darueber, welcher diese in 2 Jahren noch garnicht aufgefallen ist. Also ab zum Spiegel und ja, der ist wirklich groesser. Meine Freundin geriet direkt in Panik, schleppte mich am selben Abend noch zu einem bekannten Urulogen. Es gab eine Ultraschalluntersuchung, der Hoden wurde abgetastet und es wurde die Chirugin im oertlichen Krankenhaus angerufen was zu tun sei. Entscheidung: Keine Zeit verlieren, gleich am folgenden Tag operieren, der Hoden muss raus. Da war ich erstmal baff..

Die OP ueberstand ich recht gut, ist ja auch kein grosser Eingriff. Nach zwei Wochen konnte ich mich wieder fast ganz normal bewegen. Nun wurde ich von unzaehligen Aerzten untersucht. Bluttests, Roentgen, in die beruehmte Roehre. Alle Resultate ohne jeglichen Befund, keinerlei Metastasen wurden gefunden. Da dachte ich wie toll, nun haben wir es ueberstanden. Ein Termin stand noch aus, der Onkologe. Dieser sollte nun entscheiden wie es weitergeht. Und das sagte er mir dann, 6 Monate lang Chemotherapie, einmal im Monat eine. Selbst meine Chirugin welcher ich das dann erzaehlte war ueberrascht.

Jetzt meine Frage: Ist das in Deutschland auch so Standart dass nach der Entfernung eines Hodens und nachdem saemtliche Tests ohne Befund waren so eine Langzeitchemo durchgefuerht wird. Ich lese hier immer was von zwei bis drei Zyklen, bei mir sind das gleich 6 hintereinander... Ich habe nicht das vollste Vertrauen in die Aerzte hier, das Gesundheitssytem hier in Costa Rica ist meilenweit von dem in Deutschland entfernt. Von daher wuerden mich die Erfahrungen anderer Betroffener sehr interessieren. Sobald es bei mir mit der Chemo losgeht (in zwei Wochen) werde ich dann darueber berichten.

Viele Gruesse aus der Sonne

Tom

[Vaccinium]

Hi Tom,

ähm, ohne jeden Befund eine Chemo?

Ich bin kein Arzt, aber das halte ich persönlich für ganz schön "mutig".
Hol Dir vorher auf jeden Fall noch eine Meinung ein, wenn möglich in einem anderen Land, wenn Du den Ärzten in CR nicht vertraust.

Alles Gute für Dich.

[1994]

Hallo Tom,

wie lautete denn das Ergebnis der histologischen Untersuchung, also was für ein Tumor war es? Davon hängt ganz entscheidend die weitere Behandlung ab. Auch die Wahl der Zytostatika, also der Zellgifte die bei der Chemo genommen werden. Ich hoffe für Dich das die in CR das wissen.

Mehr als 3 Kurse PEB Chemo bekommt man aber selten, das ist eigentlich der Standard. Mit dem histologischen Ergebnis müsstest Du eigentlich auch online eine Zweitmeinung hier in D einholen können.

Alles Gute !!
Hans

[Costa Rica-Tom]

Zitat von 1994

Hallo Tom,

wie lautete denn das Ergebnis der histologischen Untersuchung, also was für ein Tumor war es? Davon hängt ganz entscheidend die weitere Behandlung ab.

Also der Tumor war ein Seminoma clasico (spanisch)
Wir holen uns jetzt in einer grossen Privatklinik noch Infos von einem Onkologen, mal sehen was der zu der meiner Meinung nach extrem langen Chemotherapie sagt, ob das so ueblich ist. Kann denn ein Betroffener hier dazu was sagen wie lange die Chemo bei ihm dauerte? Fuer mich ware das echt ein Horror, 6 Monate am Stueck... Danach bin ich wohl reif fuer die Insel.

[Marcus75]

Moin Tom!

es wird zwischen Seminom und Nichtseminom unterschieden, bei dir ist es vermutlich ein Seminom. Jetzt kommt es aber noch auf das Stadium an. In den in Deutschland gültigen Leitlinen zur Behandlung von Seminomen sind maximal 4 Zyklen a 21 Tage Cheomotherapie vorgesehen und im güstigsten Fall gar keine Chemo, sondern nur eine regelmäsige Kontrolle.
Da Hodenkrebs in Suedamerika, Afrika und Asien fast garnicht Auftritt kann es sein, dass die Ärtzte in Costa Rica keine Erfahrung in der Behandlung von Hodentumoren haben. Eine Zweitmeinung in Deutschland einzuholen ist hier sehr zu emfehlen!!!

Grüße aus dem fast schon winterlichen Deutschland
Marcus

p.s. Hier noch was zum lesen

[1994]

Hallo Tom,

das Seminom ist die weniger aggressive Variante des Hodentumors, gleichwohl kann auch die Metastasen bilden und es wird wenn noch keine Metastasen feststellbar sind entweder zu Wait and See oder zu einem adjuvanten Kurs mit Carboplatin geraten. Von 6 Monaten Chemo ohne den Nachweis von Metastasen habe ich noch nie gehört, das würde ich auch nicht so ohne weiteres mit mir machen lassen, denn bei einer Chemo handelt es sich um Zellgifte mit teilweise nicht unerheblichen und auch bleibenden Nebenwirkungen. Da ist die Dosierung und das Art der Chemo sehr wichtig. Da ist wirklich die Frage welche Erfahrungen die Ärzte in CR damit haben. In D wird dazu sehr viel geforscht insbesondere in den Uni Kliniken und es gibt Leitlinien zur Behandlung, denn da kann man auch viel falsch machen.

Du hast seit 15 Jahren Veränderungen am Hoden festgestellt und bist nicht zum Arzt gegangen, dachtest Du das geht von alleine weg? Wenn trotzdem keine Metastasen feststellbar sind hast Du verdammt Glück gehabt, ich hoffe die haben Dich auch wirklich sorgfältig durchgecheckt.

Ansonsten auf jeden Fall Zweitmeinung einholen, vielleicht kommst Du auch mit W&S davon. Bei einer Chemo müsstest Du den Kinderwunsch auch erstmal hinten anstellen oder Sperma konservieren lassen. Dazu findest Du hier im Forum jede Menge Infos.

Alles Gute !!
Hans

[cooly]

Also aus der Ferne lässt sich das schlecht sagen, vor allem fehlen noch ein paar Angaben.

Wenn Du aber ein Seminom hast, keine Metas gefunden wurden, spricht das stark für Stadium I.

Je nachdem, ob Risikofaktoren vorliegen, kommt entweder Wait&See zum Einsatz oder ein Zyklus Carboplatin als adjuvante Chemotherapie. Aber keinesfalls irgendeine mehrmonatige Chemo.

Diese Angaben zur groben Orientierung, ich würde an deiner Stelle auf jeden Fall noch eine Zweitmeinung (natürlich am besten in Detschland) einholen, da man in so einer Situation schon eine fundierte Entscheidung treffen sollte, die auch auf den richtigen Diagnosen (pathologischer Befund etc.) basiert.

PS: Habe übersehen, dass 1994 bereits die wesentlichen Inhalte dargestellt hat. Von daher kann ich mich seinen Ausführungen nur anschließen

[1994]

und wenn Du bereits 15 Jahre lang mit dem Ding rumgelaufen bist und sich keine Metastasen gebildet haben, hast Du eigentlich schon lange genug "Wait and See" absolviert. Warum sollte da jetzt noch was kommen...daher wäre abwarten vielleicht die bessere Alternative. Aber auf jeden Fall Zweitmeinung einholen !!

[Costa Rica-Tom]

Vielen Dank fuer die vielen hilfreichen Antworten.

Zum Gesundheitssystem hier in Costa Rica muss ich erwaehnen dass meine damalige Frau vor zwir Jahren an den Folgen eines Herzinfarktes starb, voellig unbehandelt im Krankenhaus un das obwohl sie mit einer Herzklappe lebte. Zwei Tage lag sie lediglich mit so einem Herzkontrollgeraet im Bett, es wurde von den Aerzten nichts unternommen. Von daher meine Skepzis dem Gesundheitssystem hier gegenueber.

Ich habe mich mit meiner jetzigen Freundin beraten und kamen zu dem Entschluss dass wir keine Chemo machen werden, zumindest nicht jetzt. Wir wuerden gerne noch Kinder bekommen, ein Punkt welchen der Onkologe ueberhaupt nicht angesprochen hat denn nach 6 Monaten Chemokeule wird es das gewesen sein mit dem Kinderwunsch. Desweitern wurde uns ueberhaupt nicht gesagt um welche Chemo es gehen wird, einfach nur 6 Monate Chemo und fertig. Eine richtige Beratung zu den Nebenwirkungen und Risiken gab es nicht, einfach nur ''hier unterschreiben und dann sehen wir uns zur Chemo''

Was ich so lese bei 2-3 Zyklen Chemotherapie ist teilweise schon recht heftig, die Nebenwirkungen sind nicht so auf die leichte Schulter zu nehmen, bei einigen bleiben ja fuer lange Zeit Beschwerden zurueck. Was soll das dann bei 6 (!!) Monaten werden. Ich habe nicht vor krebsfrei aber dann mit Tinitus, ohne Geschmackssinn, Taubheitsgefuehlen in den Gliedmassen usw. leben zu muessen. Ich war mein Leben lang kerngesund, nie krank, durchtrainiert und fuehle mich baerenstark und so soll das auch bleiben.

Wir schreiben momentan verschiedene Aerzte in Deutschland, Spanien und den USA an und warten auf die Rueckmeldungen. Die Chemotherapie welche ich am 6. Dezember beginnen soll legen wir erstmal aufs Eis.

Wenn ich Antwort von den verschiedenen Aerzten habe teile ich Euch das mit.

Viele Gruesse aus dem Sommeranfang - ja ich weiss das ist jetzt gemein -

Tom

[1994]

Hallo Tom,

zum Ultraschall: Der Bereich der Lymphknoten im hinteren Bauchraum, welcher zumeist zuerst von Metastasen befallen ist, ist per Ultraschall nicht einsehbar. Wurde bei Dir ein CT vom Abdomen (Bauchraum) gemacht ? Du sagtest das Du in der Röhre warst. Ich will Dir jetzt keine Angst machen, nur vorsorglich.

Gruß
Hans

[Costa Rica-Tom]

Hallo 1994,

die haben mich durch diese Roehre geschoben, wenn es das ist was Du meinst, Befund war absolut negativ, nichts gefunden.

Haben jetzt Kontakt aufgenommen zu einem Onkologen in einer Privatklinik, der hat bei den ersten Worten schon die Haende ueber dem Kopf zusammengeschlagen... 6 Monate Chemo ist schon ein dicker Hund, sagte er. Mehr wissen wir morgen wenn wir mit den Aerzten gesprochen haben.


Gruss

Tom

[Schnigges]

Hallo Tom,

also ich habe bisher nur gehört das man bei Stadium I vorsorglich ein Zyklus Chemotherapie bekommt und bei Stadium II oder III meist 3 Zyklen.

Ich selbst hatte / habe Stadium IIb und habe 3 Zyklen PEB bekommen.
Wie die Vorschreiber schon erklärt haben, heisst das 3 x 3 Wochen Chemotherapie.

Vor der Chemotherapie hatte ich erst dein CT Abdomen und danach CT Thorax.
In der Röhre haben die ganz sicher ein CT gemacht. Wenn da nichts zu sehen ist, wäre das ja schon mal super. Ich würde mir einfach die Bilder auf CD brennen lassen und die zu einem deutschsprachigen Fachmann schicken.

Alles Gute für dich !

[1994]

Hallo Tom,

gut, dann wurde das gecheckt und ist i.O.

Dann kann Dir wenn eigentlich nur ein Kurs Carboplatin bevorstehen, der ist recht gut verträglich und verursacht m.W. auch keinen Haarausfall.

Die heftige PEB Chemo bekommt man eigentlich nur bei einem Nicht Seminon (also der aggressiven Variante) oder wenn sich bereits Metastasen gebildet haben.

In dem link von Markus75 ist das recht gut erklärt.

Hatte der Spezialist aus D denn auch eine Chemo empfohlen ?

Gruß
Hans

[oli]

Hi,

ich hatte selbst ein kleines Seminom und stand vor der Wahl Chemo oder WAS.

Mir wurden damals auch 2x Carbo angeboten, das wird aber mittlerweile nicht mehr gemacht und als Singleshot mit etwas höherer Dosierung durchgeführt. Ich habe aber zumindest in Erinnerung, dass das in Abstand von einem Monat gemacht wurde...

Ansonsten, dass du 15 Jahre ein Seminom mit dir herum getragen hast, glaube ich nicht - sonst wärst du jetzt nicht mehr am Leben.

Btw: Les mal das hier, v.a. auf Seite zwei!
http://www.google.de/url?sa=t&rct=j&...988vMls-Lwj8cQ

Alles Gute!
Oli

[PantaRei]

Hallo Tom,

schöne Grüße aus dem kalten Deutschland.

Ich kenne Hodenkrebs und ich kenne Costa Rica, vor rd. 20 Jahren war ich mal 3/4 Jahr dort ... in Guanacaste - was ein tolles Land!!

Ist denn bei Dir jetzt endgültig das Stadium geklärt? Weil das ja entscheidend ist dafür, ob bzw. welche Chemo - zumindest nach hiesigen Leitlinien - angezeigt ist.

"Wait&See" ist vielleicht nicht so die Wahl, weil ich mir nicht vorstellen kann, dass es in Costa Rica Geräte (Ultraschall und CT/MRT) und Ärzte (Radiologen) in nötiger Qualität gibt.

Würdest Du denn die "richtige Chemo" in Costa Rica bekommen können? Da es ja auch die Monotherapien gibt, sollte auch eine Gabe im Ausland möglich sein.

Ich wünsche Dir alles Gute und dass Du bald gesund wirst.

Hasta luege und pura vida

PantaRei