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  #1  
Alt 22.05.2009, 13:01
Benutzerbild von annika33
annika33 annika33 ist offline
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Standard Depression und Traurigsein - Einander helfen, leichter sein!

Hallo an alle die hier reinschauen ,

ich möchte hier ein für mich wichtiges Thema aufgreifen, dem ich derweil ein wenig rat- und tatlos gegenüberstehe.

Meine Mutter erkrankte vor über einem Jahr an einer unheilbaren Form von Lungenkrebs. Mit Bekanntwerden ihrer Erkrankung, stürzte natürlich auch für mich als Tochter, die ihre Mutter über alles liebt, meine Welt zusammen. Dieses Gefühl kennt wohl leider so ziemlich jeder, der hier liest und schreibt, egal auf welcher Seite er steht.

Mich würde interessieren, welchen Weg ihr gefunden habt, für Euch persönlich mit Eurer Traurigkeit, eventuellen Depressionen oder allem was in negativer Weise über einem einbricht, umzugehen. Habt ihr beispielsweise professionelle Hilfe in Anspruch genommen? Wie entflieht ihr dem ganz tiefen Trauer- und Verzweifelungsloch?

Bei mir ist es gegenwärtig so, dass ich mich einfach durch die "Alltagsfunktionalität" über Wasser halte. Man hat seine Aufgaben und die bewältige ich nach wie vor. Für Außenstehende würde wohl kaum ein Unterschied spür- oder sichtbar sein. Ich selber merke aber, dass mir alles zunehmend schwerer fällt, und diese Verzweiflung und Traurigkeit oftmals Überhand nimmt.

Zu meiner Person, also wiegesagt, ich bin Angehörige, 34 Jahre alt, verheiratet, 3 Kinder - und furchtbar traurig und voller Angst, meine Mama (bald?) zu verlieren.

Ich würde mich sehr freuen, wenn wir uns hier austauschen würden, einander ein wenig helfen können, sodass man eventuell in schlechten Phasen etwas Positives für sich gewinnen kann. Ein Geben und Nehmen eben, dass vielleicht etwas mehr Leichtigkeit in den Alltag bringen kann.

Liebe Grüße

Annika
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  #2  
Alt 22.05.2009, 22:07
Benutzerbild von Morgana
Morgana Morgana ist offline
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Standard AW: Depression und Traurigsein - Einander helfen, leichter sein!

Liebe Annika,
ich glaube, dass da jeder seinen Weg findet.
Bei meinem Mann wurde 2006 vermutet, dass er einen "Zwerchfellbruch" haben könnte. Routinesache...OP mit 6 Tage Krankenhaus. Vorher wurde ein Ultraschall gemacht...Routine...Als ich nach Hause kam...da lag sein Ultraschallbefund auf dem Schreibtisch: "Dringender Verdacht auf Raumforderung". Ich habe mich hingesetzt, mir wurde eiskalt, ich konnte mich nicht mehr bewegen. Das Leben schien still zu stehen. Es war die pure Bedrohung!!! Ich dachte, dass ich das...nicht aushalten kann. Ich habe bereits 1990 meinen Lebensgefährten an Krebs verloren.
Mein Mann wurde dann "orientierend" operiert. Dann...nach wochenlangem Warten...ich habe mir ein Beruhigungsmittel verschreiben lassen (hielt ich sonst nix von), damit ich schlafen konnte, da stand die Diagnose dieses seltenen Liposarkoms im Bauchraum fest. Von da an...Verdrängung...Hoffnung...Chemo wurde eingeleitet. Höhen und Tiefen und sehr schöne Zeiten erlebt. Als dann - endlich im Juli 2008 die Möglichkeit einer erfolreichen OP in Angriff genommen wurde, da war ich optimistisch.
Als es dann 8 Tage nach OP zu schweren Komplikationen kam...da habe ich die Telefonnummer der Psychologin des Krebszentrums herausgekramt, weil ich sicher war, dass ich JETZT Hilfe brauche. Meine Tabletten habe ich niedrig dosiert weiter genommen.
Angst...jaaa, die kam immer wieder, manchmal panisch hoch... Ich wollte ihn doch nicht verlieren!!! Funktioniert habe ich...alltäglich und beruflich...
Andererseits...auch die "blöde Idee" (sag ich heute): Schaffe ich das nicht allein? Brauche ich eine Psychologin? QUATSCH. Ich war heilfroh in 7 harten Wochen als mein Mann auf der ITS lag, begleitet zu werden!
Ich kann auch heute noch jederzeit mir bei der Psychologin Unterstützung suchen, wenn ich das will...Manchmal ...siehe oben...warte ich auch...(zu) lange.
Dieses bedrohliche Gefühl...dass ein endgültiger Abschied bevorsteht, den man doch nicht will...gegen den man ...nichts machen kann, das ist heftig.

Ich wünsche Dir, dass Du gut auf Dich aufpasst, Dir etwas Gutes tun kannst, Dir, trotz Kiddies Zeit gönnen kannst, Deine Gefühle Ernst zu nehmen und, wenn Dein Bauch deutlich jammert, Dir Hilfe zu suchen.

LG
Morgana
__________________
Die Seele hätte keinen Regenbogen, wenn die Augen nicht weinen könnten.
[Indianische Weisheit]
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  #3  
Alt 23.05.2009, 10:01
Benutzerbild von annika33
annika33 annika33 ist offline
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Standard AW: Depression und Traurigsein - Einander helfen, leichter sein!

Liebe Morgana,

zuerst habe ich heute hier, in diesen Faden geschaut, ob jemand geantwortet hat. Ich freue mich sehr über Deinen Beitrag.

Du bist ja auch, sowohl in der Vergangenheit als auch aktuell, ständig mit dem Krebsthema konfrontiert.

1997 verstarb mein Großvater an Prostatakrebs. Das war schlimm, aber als "Kind" habe ich meine Welt zumindest immer noch als halbwegs intakt gesehen, solang beide Elternteile gesund und munter waren.

Mit Krankwerden meiner Mama ist mir schlagartig bewusst geworden, dass das Leben endlich ist, und ich irgendwann ziemlich alleine auf die Vergangenheit zurückblicken werde. Niemand mehr, mit dem ich Erinnerungen und Erlebtes teilen kann. Nur noch mit mir selber, oder mit denjenigen, die ich durch Erzählungen daran teilhaben lasse.

Ich habe zu Beginn sehr viel gelesen, Statistiken gewälzt und immer nach der Ausnahme gesucht, die geheilt werden konnte. Vergeblich, in diesem Stadium der Erkrankung. Mamas Leidensdruck, die Tatsache, dass es sie "erwischt hat", das war so grausam. Meine Wünsche haben sich unterdessen verlagert. Habe ich noch vor einem Jahr inniglich die Heilung herbeigesehnt, so habe ich heute zumindest begriffen, dass es diese nicht mehr geben wird. Meine Hoffnung zielt heute auf anderes ab. Auf Lebensqualität, auf Schmerzfreiheit, auf so lange gute Zeit, wie lebenswert. Und dann? Dann sind Kopf, Herz und Verstand völlig uneins. Kopf sagt:"Werd gesund!" Herz sagt:"Ich liebe Dich - bleib!", und Verstand sagt:"Hauptsache kein Leiden!" Kein Wunder, dass die Psyche leidet, bei derart unterschiedlichen Sichtweisen, in einem selbst vereint.

Meine Mama und ich haben schon immer ein gesund durchwachsenes Verhältnis gehabt, und so inniglich wir uns lieb haben, so zoffen wir uns auch. Dann, ja dann kam die Diagnose die so grundlegend alles verändert hat. Diese Verzweifelung, die Sorge, diese unsägliche Angst - manches Mal war dieses ganze negative Gefühl so groß und schlimm, dass ich mir gewünscht hätte, es wäre vorbei. Um dann festzustellen, dass "vorbei" noch etwas viel Schlimmeres bedeuten würde.

Das was Du beschreibst...dieses "Schaffe ich das nicht auch allein?", das frage ich mich häufig. Ich merke aber, dass ich mich zunehmend mit dem Gedanken, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, anfreunden kann.

Zitat:
Dieses bedrohliche Gefühl...dass ein endgültiger Abschied bevorsteht, den man doch nicht will...gegen den man ...nichts machen kann, das ist heftig.
Ja, genau. Momentan muss ich sagen, geht es meiner Mama in Anbetracht der Schwere ihrer Erkrankung, sehr gut. Dafür bin ich unendlich dankbar, aber nicht wirklich in der Lage, diesen Zustand mitzugenießen. Ich war z. B. gestern bei Dir, weil mein Ältester dort übernachten durfte. Ich erwische mich oft, bei abschweifigen Gedanken, die sich ständig um Mamas gesundheitlichen Zustand drehen. Ich achte auf jedes Verschlucken, jeden Husten, und es ängstigt mich, weil es mir vor Augen führt, wie krank sie ist. Hinzu kommen diese bescheuerten Träume in den letzten Nächten. Das ist ganz arg und hat eine Intensität, die sich nur durch Weinen abbauen lässt. Kaum zu beschreiben, aber ich glaube solche Angstträume sind vielen hier bekannt.

Wie verhält es sich eigentlich mit der therapeutischen Hilfe. Muss man im Vorfeld irgendwas bei der Krankenkasse beantragen oder kann man einfach einen Termin vereinbaren? Es gibt ja Psychologen mit dem Schwerpunkt Psychoonkologie. Ich werde mal google bemühen, ob wir hier in der Umgebung jemanden haben.

Bei uns ist das so, dass quasi Zeit und Tempo meine Mama vorgibt. Sie greift mitunter dann Themen auf, die mir auch unter den Nägeln brennen, aber die ich aus Rücksichtnahme auf ihre Ängste, ihre Sorgen und ihr direktes Betroffensein, nicht wage anzusprechen. Manchmal tut das gut, ein andermal macht es sehr traurig. Noch vor einiger Zeit hatte ich das Gefühl, mich mit der Erkrankung besser arrangieren zu können, als ganz zu Anfang - heute ist es eher wieder schlimmer und beängstigender für mich.

Ich würde mich freuen, wenn sich der ein oder andere Leser ein wenig öffnet, um Einblick zu gewähren, wie unterschiedlich der Umgang mit der Erkrankung vielleicht sein kann. Eventuell kann man auch Positives für sich daraus gewinnen.

Liebe Morgana, Dir sag ich noch einmal Danke und alles alles Gute.

Liebe Grüße

Annika
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  #4  
Alt 23.05.2009, 12:29
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illian illian ist offline
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Standard AW: Depression und Traurigsein - Einander helfen, leichter sein!

Liebe Annika,

für jeden ist es schwierig mit einer solchen Situation umzugehen. Man kann die Angst und Trauer nicht verbannen, sie gehört manchmal einfach dazu. Nur beherschen lassen darf man sich von ihr nicht.
Ich habe immer Momente der Trauer und Angst wie es weitergeht, was noch kommt.
Such dir Abwechslung, eine Beschäftigung und rede mit Freunden/Familie darüber, vorallem über deine Ängste dass sie dich auch verstehen.
Prognosen von Ärzten müssen nicht immer stimmen, es gibt hier viele Beispiele, das ein Mensch länger lebt als diagnostiziert oder gar seine Krankheit ganz besiegt.

Mich lenkt der Alltag auch immer ab. Ich schau mir jetzt auch schon für die Sommerferien nach einem neuen Sportklub um, den ich mit meiner Beinprothese machen kann, weil ich mich leider auch total umstellen musste.

Gehe auf deine Mama ein. Wenn sie von sich aus reden will, dann ist es gut. Genieß die Zeit mit ihr.

Ich vermute deine Mama wird auch noch ärztlich betreut und überwacht oder? Gibt es dort keine Psychoonkologen/ Einrichtungen oder ähnliches an die du dich schon wenden könntest.
Natürlich kannst du dir auch einen anderen Psychoonkologen suchen, das ist nur selbstverständlich.
Wenn dich etwas bedrückt kannst du auch jederzeit im KK schreiben!

Ich wünsch dir viel Kraft
__________________
Aus dem unendlichen Chaos erhob sich eine Stimme, sagte zu mir "Lächle und sei fröhlich es könnte schlimmer sein". Ich lächelte und war fröhlich und es kam noch schlimmer. Ich lächelte immernoch und war glücklich und auf einmal lächelte die Welt zurück. That´s mean live
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  #5  
Alt 23.05.2009, 16:55
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Standard AW: Depression und Traurigsein - Einander helfen, leichter sein!

Liebe Annika,

gute Idee mit dem Thread...
Leider habe auch ich keine Lösung parat. Mir geht es jeden Tag anders, mal traurig, mal verzweifelt panisch, bockig, sauer... manchmal alles auf einmal.
Du hast recht, es sind zuviele Emotionen auf einmal...
Da Mamas Zustand seit nunmehr 6 Monaten äusserlich unverändert ist wünschte ich mir manchmal IRGNDEINE Änderung... dann wieder denke ich dass die einzige Änderung nur eine Verschlechterung sein kann, und dann will ich sie doch nicht mehr.
Ich habe genauso große Angst davor wie es ohne sie sein wird, wie ich Angst davor habe dass dieser Zustand noch ewig so weitergehen könnte.
Ich weiss nicht einmal ob sie genauso unter dem jetzigen Zustand leidet wie ich es tue oder ob sie sich damit "arrangiert" hat.
Manchmal sage ich dass es mir so leid tut dass sie so leidet... dann wird sie fast sauer und sagt dass es sie eben nervt dass sie so wackelig ist,... aber leiden? Nein, sie würde nicht leiden.
OK...
Dann wieder bricht sie in Tränen aus und sagt mir was sie so gerne alles noch gemacht hätte.
Hätte sie nicht... nicht in diesem Leben...
Und ich sitze dann ratlos da, und weiss nicht wie ich reagieren soll... wenn ich es schaffe, sage ich nichts... und wenn mir etwas rausrutscht wie vor drei Tagen: "Mamaaa, das hättest Du eh nicht gemacht, wer weiss was Dir so alles erspart bleibt"... könnte ich mir stundenlang alle Haare vom Kopf reissen wie mir so etwas nur passieren konnte.
Und so bin ich weiterhin hin- und hergerissen zwischen: Lass es endlich vorbeigehen, sie soll nicht so dahinsiechen UND Bitte lass sie, wenn es so geht, noch lange, lange bei mir bleiben können.

Im Moment haben wir alle kein Leben... 67qm, 1Raum... 4 Personen, 1 Hund... 24 Stunden.
Gestern fragte mich meine Freundin wie es denn meinem Mann und mir so ginge... Ich sagte: Naja... so wie es halt geht wenn man nichtmal ein Jahr verheiratet ist und 24 Stunden auf engstem Raum aufeinanderhängt ohne 1 min. Privatleben...
Auf der anderen Seite traue ich mich auch nicht länger als eine Stunde aus dem Haus.
Was, wenn sie alleine aufsteht und fällt???

Naja Annika, Du siehst... ich habe des Rätsels Lösung auch noch nicht gefunden...

Ich drück Dich
Jasmin
__________________
Meine Mama: ED 12.11.2008 Kleinzelliges Bronchialkarzinom, T4 N3 M1 (multiple Hirnfiliae)
4 Zyklen Cisplatin und Etoposit, Ganzhirnbestrahlung, dann Tumorprogression, April 09 neue Lungenmetastasen und obere Einflussstauung. Keine weitere Kontrolle, keine Chemo mehr... nur Hoffen auf ein kleines bisschen mehr Lebensqualität...Am 28.07.2009 um 11:26 Uhr Meine Mama ist in meinen Armen für immer eingeschlafen...
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  #6  
Alt 24.05.2009, 15:08
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annika33 annika33 ist offline
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Standard AW: Depression und Traurigsein - Einander helfen, leichter sein!

Hallo Illian, hallo Jasmin,

ja, Angst und Trauer lassen sich nicht verbannen. Das stimmt wohl. Ich finde nur diese schwankende Intensität so schlimm. An manchen Tagen ist es fast nicht mehr auszuhalten.

Zitat:
Ich vermute deine Mama wird auch noch ärztlich betreut und überwacht oder? Gibt es dort keine Psychoonkologen/ Einrichtungen oder ähnliches an die du dich schon wenden könntest.
Ja, meine Mutter wird ärztlich betreut und erhält auch Chemotherapie - palliativ eben. Es wird dort gewiss auch Psychoonkologen geben, das Problem an der Sache ist, dass meine Mutter einen Teufel tun würde, mich dorthin mitzunehmen. Der einzige Mensch, der sie begleiten darf, ist ihr Mann. Da hab ich mich mit abgefunden und akzeptiere das. Sie sagt immer:"Du bist mein Kind. Es reicht schon, dass Du so ziemlich alles weißt. Du musst da nicht live beisein." Okay ! Also Hilfe von außen werd ich mir dann hier irgendwo in der Umgebung suchen müssen. Was ich mal in Anspruch genommen habe, aber in allererster Linie für meinen Ältesten war eine Trauerbegleitung. Eventuell wäre das auch nochmal etwas, was ich in Erwägung ziehen könnte.

Ich frage mich, ob es eine Zeit gibt, an der man das alles besser aushalten kann. Ich weiß, dass es ganz am Anfang, als die Diagnose gestellt wurde, ganz ganz furchtbar war. Mit sehr viel verzweifeltem Weinen und kaum mehr einem klaren Gedanken, außerhalb des Krebsthemas.

Kürzlich telefonierte ich mal mit meiner Mutter. Sie erwischte mich gerad völlig auf dem falschen Fuß und ich musste mich tierisch beherrschen am Telefon. Gerade bei der Mama hat man ja immer das Gefühl sich ein wenig fallenlassen zu können, sich auszusprechen, eben weil es mit die vertrauteste Person, der meist geliebte Mensch ist. Ich hab mich dann rasch wieder gefasst, aber sie kennt mich ja und hat gemerkt, dass ich an dem Tag nah am Wasser und überhaupt nicht gut drauf war. Irgendwann sagte sie dann:"Mensch Kind, das ist doch jetzt schon seit über einem Jahr so. Langsam musst Du Dich doch an den Gedanken gewöhnt haben!" Sie hat das aus reiner Verzweifelung heraus gesagt. Das zumindest glaube ich. Denn daran gewöhnen?! Woran? Es bleibt ja nicht stehen. Die Krankheit ist immer einen Schritt voraus und gibt das Tempo vor. Wir alle "hinken emotional" immer hinterher. So fühl ich das.

Liebe Jasmin,

Zitat:
Leider habe auch ich keine Lösung parat. Mir geht es jeden Tag anders, mal traurig, mal verzweifelt panisch, bockig, sauer... manchmal alles auf einmal.
Ja, ich bin auch nicht alle Tage gleich drauf. Eines merke ich nur sehr deutlich, nämlich dass die einigermaßen guten Tage immer weniger werden. Dich bewundere ich. Du hast soviel aufgegeben, bzw. vorübergehend zurückgelassen, pflegst Deine Mama auf so engem Raum mit sovielen Personen. Der Druck und die Belastung ist ja für alle Beteiligten immens.

Und in einer solchen Extremsituation rutscht einem auch gewiss das ein oder andere mal unkontrolliert raus. Bei uns ist es so, dass wir uns ja nur 1-2 x wöchentlich sehen. Und das reicht dann oft schon aus. Wie wäre das auf so beengtem Raum? Nicht auszudenken.

Wobei...das ist auch ein Thema, das mich sehr belastet. Wenn es meiner Mama mal schlechter gehen sollte, wäre ich einfach auf Grund meiner persönlichen Situation gar nicht in der Lage eine 24h Pflege zu gewährleisten. Mal ganz abgesehen davon, dass ich gar nicht einzuschätzen wüsste, was da auf mich zukommt und ob ich überhaupt in der Lage wäre das zu bewältigen. Wir haben über das Thema mal gesprochen. Meine Mutter sagte, sie wolle selbstverständlich so lange wie irgend möglich zu Hause sein. Aber wenn ein Schweregrad der Erkrankung eintreten sollte, der ihren Mann und mich allein vom pflegerischen her überfordern würde, dann würde sie in ein KH oder Hospiz gehen wollen. Das macht mich traurig und auf der anderen Seite erleichtert es auch. Ich hab einfach Angst vor der Zeit, wo es ihr schlechter gehen wird. Große Angst. Das wäre für mich das Schlimmste, wenn sie leiden müsste.


Zitat:
Und so bin ich weiterhin hin- und hergerissen zwischen: Lass es endlich vorbeigehen, sie soll nicht so dahinsiechen UND Bitte lass sie, wenn es so geht, noch lange, lange bei mir bleiben können.
Diese innere Zerrissenheit, die macht mir auch zu schaffen. Man ist in sich selbst, vor lauter verzweifelter Liebe, völlig uneins. Ach Jasmin, ich denke die Lösung für das Traurigsein wird es nicht wirklich geben, aber wir können uns hier austauschen, und uns das was uns bedrückt ein wenig von der Seele schreiben, gegenseitig zusprechen und vielleicht ein bißchen gut tun.

Gestern waren meine Tochter und mein Ältester bei meiner Mama. Sie hat so einen Spaß an den Kindern. Es ist jedesmal eine Freude, wenn sie hinterher bei mir am Telefon nochmal den Tag Revue passieren lässt. Ich hoffe so inständig, dass sie noch eine lange und gute Zeit hat.

Das wünsche ich uns allen.

Seid lieb gegrüßt und habt noch einen guten Sonntagnachmittag

Annika
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