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  #1  
Alt 25.07.2003, 12:08
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard Neuroendokrines Magenkarzinom-was ist das?

Hallo alle zusammen, meine 73 jährige Tante hat ein neuroendokrines Magenkarzinom, vermutlich Metastasen in der Leber. Sie wird nicht operiert, keine Chemo, keine Bestrahlung.
Kann mir jemand erklären, was das ist? Was können wir noch tun?
Vielen Dank für eine Antwort.
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  #2  
Alt 31.07.2003, 00:55
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard Neuroendokrines Magenkarzinom-was ist das?

Hallo Emma!
Leider komme ich heute erst dazu Dir zu antworten. Ich habe bei www.google.de den Begriff "neuroendokrines Magenkarzinom" eingegeben und es wurde das folgende ausgespuckt. Vielleicht beantwortet es Dir einige Deiner Fragen.
Bezüglich Deiner Fragen was ihr noch tun könnt, fällt mir als erstes ein für sie da zu sein, egal in welchen Belangen. Redet mit ihr...weint und lacht mit ihr.
Vielleicht versucht ihr mal mit ihrem behandelten Arzt zu reden und fragt nach alternativen Methoden...ich denke dabei an Zink, Selen und ähnliches...das unterstützt das Immunsystem.
Lasst euch nicht von den Ärzten mit Larifariantworten abspeisen...lasst euch alles genau erklären, ihr habt ein Recht darauf.
Ich hoffe sehr, dass ich Dir vielleicht ein wenig helfen konnte....ich wünsche Dir, Deiner Familie und allen voran natürlich deiner Tante allles erdenklich Gute, Michi


NEUROENDOKRINE TUMOREN DES GASTROINTESTINALTRAKTES

1. EPIDEMIOLOGIE
Weltweit sind derzeit mehr als 4.500 Fälle von neuroendokrinen Tumoren - ursprünglich als Karzinoide, später auch als Apudome, B-Zelltumoren oder endokrin aktive Tumoren des Gastrointestinaltraktes bezeichnet - publiziert. Abgesehen von der uneinheitlichen Klassifikation und Nomenklatur dieser Tumorgruppe - es besteht z.B. keine TNM- Einteilung wie bei Karzinomen - sind die bis auf wenige Ausnahmen kleinen Fallzahlen mit naturgemäß breiter statistischer Streuung ein Problem dieser retrospektiven Analysen. Nach diesen Publikationen sind diese Tumore mit einer Häufigkeit von etwa 0,4 : 100.000 Einwohnern anzutreffen. Sie machen die meisten endokrin aktiven Erkrankungen des GI-Traktes aus, betreffen aber weniger als 2 % aller Malignome dieses Bereiches. Statistisch gesehen wird jeder niedergelassene Arzt in Deutschland maximal mit 2 'Karzinoiden' in 50 Jahren konfrontiert.
Betroffen sind Männer und Frauen gleichermaßen in der 2. bis 7. Dekade. Häufigste Lokalisation ist der Appendix mit einer positiven Histologie bei 300 Appendektomien, gefolgt von Rektum und Ileum. Primärtumoren im Pankreas, Duodenum und Jejunum sind ebenso selten wie im Magen und im Kolonrahmen.
Hinsichtlich ihrer Lokalisation, ihres biologischen Verhaltens, ihres klinischen Erscheinungsbildes und ihrer Prognose erscheinen diese Tumore untereinander sehr heterogen. Die maligne Potenz hängt entscheidend von der Größe des Primärtumors, seiner Lokalisation, endokrinen Aktivität und Art der endokrinen Zellen ab. Die Prognose ist aber deutlich besser als bei einem von Lokalisation und Tumorgröße vergleichbaren Karzinom. Dies gilt mit Ausnahme des Ileumkarzinoids selbst noch beim Vorliegen von synchronen Fernmetastasen. Vorwiegende Metastasierungswege sind Lymphknoten im Mesenterium, die Leber, Lunge und das Peritoneum, selten sind Knochen und Haut.
Der von Oberndorfer 1907 eingeführte Begriff 'Karzinoid' sollte den intermediären Status dieser - histologisch charakteristischen und durch ihre typische Silberaffinität histochemisch nachweisbaren - Tumorentität zwischen benigner Neoplasie und Karzinom veranschaulichen. Erst 50 Jahre später konnte der Zusammenhang zwischen diesem Tumortyp und dem bereits beschriebenen Flushsyndrom mit Diarrhoen und Dyspnoe durch den Nachweis von Serotonin in Karzinoidzellen hergestellt werden. In der Folgezeit wurden immer mehr funktionell und morphologisch ähnliche Tumorzellverbände im Gastrointestinaltrakt beschrieben, die aufgrund ihrer nachweisbaren biochemischen Fähigkeit, Aminosäuren in die Zelle aufzunehmen (z.B. Histidin) und durch Decarboxylierung in biogene Amine mit pharmakologischer Wirkung (Histamin) zu transformieren, von Pearse 1969 als APUDome (Amino-precursor-uptake-and-decarboxylation) bezeichnet wurden.
1963 war bereits der erste Versuch einer Einteilung unter wesentlicher Berücksichtigung ihrer Primärtumorlokalisation in 'Fore,- Mid- und Hindgut' - Karzinoide von Williams und Sandler vorgenommen worden Die unterschiedliche, charakteristischerweise gleichmäßige - entweder trabekuläre oder gyriforme, medulläre oder insuläre, glanduläre oder rosettenartige - Zelldifferenzierung beeinflußt jedoch unabhängig vom Primärtumorsitz die Prognose je nach Wachstumstyp wesentlich, zeigt aber keinerlei Korrelation mit der von Williams und Sandler vorgeschlagenen 'gut' - Einteilung.
In einer Neugestaltung durch die WHO 1980 wurde die Einteilung in 3 Gruppen auf der Grundlage verschiedener histopathologischer Färbeverhalten vorgeschlagen: Enterochromaffine oder klassische Karzinoide, Gastrinzell-Karzinoide und die übrigen, nicht zuzuordnenden als dritte Gruppe.

2. HISTOLOGISCHE TYPISIERUNG, KLASSIFIKATION UND STADIENEINTEILUNG
Durch die rasante Entwicklung der Immunhistochemie konnte eine Reihe von neuroendokrinen Hormonen in Karzinoidzellen nachgewiesen werden, die zwar sezerniert, aber selten klinisch apparent wurden. Das war ein Grund für die aktuelle Empfehlung, den Begriff 'Karzinoid', der ursprünglich nur den serotoninproduzierenden semimalignen Tumor bezeichnet hat, gegen den des neuroendokrinen Tumors (NET) zu ersetzen. Zunächst lassen sich die NET unabhängig von ihrer Lokalisation in zwei große Gruppen, in die des neuralen und die des epithelialen Typs.
Die erstgenannte Gruppe umfaßt die Neuroblastome, Phäochromocytome und Paragangliome, die zweite die der NET des Gastrointestinaltraktes, der Bronchien und der Lunge. Durch den immunhistochemischen Einsatz zahlreicher neuroendokriner cytoplasmatischer (NSE, Neurofilament) und granulärer (Chromogranin A,B) Marker, konnten diese Tumoren besser charakterisiert werden. Vereinfacht definiert sind neuroendokrine Tumoren (NET) Neoplasmen peptid- und aminproduzierender Zellen mit unterschiedlicher zellulärer und hormoneller Differenzierung.
Da die Prognose erheblich von der histologischen Differenzierung der NET beeinflußt wird, orientiert sich deren Klassifikation an dem schwer zu charakterisierenden unterschiedlichen tumorbiologischen Verhalten und sieht die Einteilung in 4 Gruppen vor: Es beginnt mit dem gut differenzierten, nicht angioinvasiven Tumor einschließlich des klassischen Karzinoids mit grundsätzlich benignem Verhalten; es folgen die überwiegend hormoninaktiven NET, bei denen die Tumorbiologie sowohl als benigne oder als 'low grade malignant' eingestuft werden kann. In der dritten Gruppe finden sich aufgrund einer nachweisbaren Angioinvasion oder Infiltration bis unter die Submukosa NET mit eindeutiger 'low grade malignancy', die hormonell aktiv oder inaktiv sein können. Am Ende der Klassifikation steht die Gruppe der schlecht differenzierten, in ihrem Verhalten hochmalignen NET
Neben diesen histopathologischen Kriterien, dem Grading und der hormonellen Aktivität mit oder ohne klinische Symptomatik werden in dieser Klassifikation aber auch der Primärtumorsitz und die Tumorgröße berücksichtigt. Nach dem Primärtumorsitz werden neuroendokrine Tumoren des Magens, Duodenums, Pankreas, Jejunum und Ileum, Appendix und schließlich Kolon und Rektum unterschieden. Die Hauptkriterien für die Einstufung der Malignität sind nach wie vor die histologische Differenzierung, die Angioinvasion, der direkte Befall eines Nachbarorgans oder der Nachweis von Fernmetastasen. Da immunhistochemisch in fast allen NET Hormone nachgewiesen werden können, werden die Tumore ausschließlich nach ihrer das klinische Erscheinungsbild beeinflussenden Symptomatik als funktionell oder nicht funktionell eingestuft. So bezeichnet z.B. das Gastrinom einen gastrinproduzierenden Tumor, der durch seine Gastrinsekretion auch eine klinische Symptomatik hervorruft, während der sogenannte gastrinproduzierende, d.h. immunhistochemisch Gastrin exprimierende Tumor funktionell inaktiv - klinisch stumm -bleibt. Ein zusätzlicher Faktor von prognostischem Wert ist die Berücksichtigung der Tumorgröße, wobei die kritische Tumorgröße, ab der mit dem Vorhandensein von Metastasen zu rechnen ist, je nach Organ variiert. Grundsätzlich sind aber ab einer Primärtumorgröße von mehr als 2 cm bei der Hälfte aller NET-Patienten Metastasen zu erwarten. Eine Ausnahmestellung hinsichtlich maligner Potenz und Metastasierungsverhalten nimmt das Gastrinom ein, das bereits bei einer Primärtumorgröße von weniger als 3 mm lymphogen und hepatogen metastasieren kann.
Für den angioinvasiven und bereits metastasierenden NET des Pankreas wird aktuell darauf hingewiesen, daß der mittels Ki-67- Immunhistochemie nachgewiesene Proliferationsindex einen unabhängigen Prognoseparameter darstellt. In einer Nachbeobachtungsstudie wurde bei NET mit einem Proliferationsindex unter 2 % kein Todesfall registriert; bei einem Index von mehr als 2 % betrug die Überlebensrate nur etwa 15 %.
Eine TNM- Stadieneinteilung der neuroendokrinen Tumoren wurde 1985 von Haskell vorgeschlagen: T1 Primärtumor kleiner als 1 cm, T2 Primärtumor zwischen 1 und 2 cm, T3 Primärtumor zwischen 2,1 und 3 cm und T4 größer als 3 cm im größten Durchmesser. N1 bedeutet regionäre Lymphknotenmetastasen. In der Literatur findet man diese Stadieneinteilung allerdings selten.

3. KLINIK
Die Symptomatik wird im wesentlichen durch die sezernierten Hormone der endokrin aktiven Tumore verursacht. Der nicht hormonsezernierende Tumor fällt klinisch erst durch sein infiltrierendes oder obstruierendes Wachstum oder durch bereits vorhandene Fernmetastasen auf. Nicht selten kann man die Anamnese der Patienten über mehrere Jahre zurückverfolgen.
Die meisten hormonaktiven NET des Gastrointestinaltraktes sind im Duodenum und Pankreas lokalisiert. Sie produzieren entweder Insulin, Gastrin, Glukagon und selten Hormone wie Somatostatin, VIP, PP oder mehrere dieser Hormone zusammen. Die Klinik wird durch das überwiegend sezernierte Hormon bestimmt.
4 von 5 NET des Pankreas sind hormonaktiv und werden klinisch auffällig, ohne daß bei der Seltenheit der Erkrankung ein diagnoseweisendes klinisches Bild entwickelt wird. Beim insulinproduzierenden Tumor ist das Intervall zwischen Krankheitsbeginn und Diagnosestellung im Vergleich zu den übrigen Pankreas-NET am kürzesten, da es nicht selten infolge der Hypoglykämien zu Vigilanzveränderungen bis zur Bewußtlosigkeit kommt. Einzelne Patienten können die hypoglykämieinduzierten Symptome Tremor, Schwitzen, Tachykardie und Heißhunger durch eine gewichtssteigernde Nahrungszufuhr ('Heißhunger') kompensieren.
Auf das Vorliegen eines Zollinger-Ellison-Syndroms infolge einer vermehrten Gastrinsekretion kann man bei einer rezidivierenden Ulkuskrankheit schließen, insbesondere dann, wenn die Ulcera atypisch in der Cardia oder im Magencorpus entlang der großen Kurvatur lokalisiert sind. Die Patienten klagen meist über unspezifische Oberbauchschmerzen, Diarrhoen oder eine Steatorrhoe. Obere GI-Blutungen treten in etwa 25 % auf.
Bei den unter 5 % auftretenden Glukagonomen werden so unspezifische Symptome wie Diabetes mellitus, Diarrhoen, rezidivierende Beinvenenthrombosen, eine nekrotisierende Dermatitis und eine Glossitis beobachtet
Jeder fünfte NET des Pankreas ist, wie die überwiegende Anzahl der im GI-Trakt lokalisierten, nicht hormonaktiv und wird daher nur durch sein verdrängendes oder infiltratives Wachstum klinisch auffällig (Ikterus). NET des Dünndarmes werden nicht selten erst durch einen Ileus symptomatisch.
Selbst das (häufig erwähnte) Karzinoid-Syndrom mit Flush, Diarrhoen und Bronchokonstriktion wird nach Sammelstatistiken bei weniger als 5 % aller Patienten beobachtet und ist meistens mit dem Vorliegen von Lebermetastasen assoziiert. Hervorgerufen wird das Syndrom überwiegend durch das biogene Amin Serotonin und Neuropeptide wie Tachy- und Bradykinin, die normalerweise bei ihrem 'first path' von der Leber inaktiviert werden. Gehäuft tritt es bei Primärtumoren des Dünn- und Dickdarmes auf.
Bei einem Drittel bereits metastasierter NET- Patienten findet sich eine rasch progrediente Rechtsherzinsuffizienz als Folge einer Endokardfibrose und Kollagenauflagerungen an der Tricuspidalklappe mit konsekutiver Insuffizienz.

4. DIAGNOSTIK
4.1 Nachweis erhöhter Hormonproduktion
Hier stellen sich zwei Probleme: Zum einen der Nachweis einer möglichen endokrinen Aktivität bei klinischem Verdacht, zum anderen die Lokalisation des Tumors. Eine erhöhte 5- Hydroxyindolessigsäureausscheidung im Urin als Nachweis einer vermehrten Serotoninproduktion wird nur bei 30 % aller gastrointestinalen NET nachgewiesen. Bei Insulinomen ist nach wie vor der 72 Std Hungerversuch mit kontinuierlicher Bestimmung von Blutzucker, Plasmainsulinspiegel und C-Peptid Standard. Mit einem Quotient aus Insulin (mU/l) und Blutglukose (mg/dl) von mehr als 0,3 ist ein insulinproduzierender Tumor endokrinologisch nachgewiesen. Bei dem Verdacht auf ein Gastrinom - z.B. bei einem basalen Gastrinspiegel von mehr als 50 bis 100 pg/ml (je nach Bestimmungsmethode) - wird ein Sekretintest durchgeführt, der beweisend ist, wenn der bereits basal erhöhte Gastrinspiegel nach Stimulation um 100 % ansteigt.


4.2 Lokalisation des Tumors
Die Lokalisation eines nachgewiesenen endokrin aktiven Tumors ist auch unter Einsatz neuester Technologie einschließlich MR und SPECT häufig unbefriedigend. Die oft weniger als 1 cm großen und gelegentlich multizentrischen Tumoren sind durch CT und Sonographie in 20 bis 45 % der Fälle lokalisierbar, durch die Anwendung der Endosonographie erhöht sich diese Zahl vor allem beim Insulinom auf maximal 70 %. MR-Untersuchungen führten bisher nur in etwa 40 % zu einem Tumornachweis, in vielen Fällen gelang aber nur die Lokalisation von den zum Teil gegenüber dem Primärtumor deutlich größeren Fernmetastasen. Die Angiographie zur Darstellung hypervaskularisierter Tumoren oder zum Pfortadersampling nach Hormonstimulierung bleibt dem Rezidiveingriff bzw. der Lokalisationsdiagnostik zur chirurgischen Weiterbehandlung einer multiplen endokrinen Neoplasie vorbehalten und gehört nicht zum Standard.. Neue Ansätze ergeben sich durch die selektive arterielle Stimulation mit Calciumgluconat beim Insulinom und Sekretin beim Gastrinom. Der Katheter wird dabei selektiv zunächst in der A. gastroduodenalis, dann der A. mesenterica und zuletzt in der A. lienalis plaziert. Nach jeweiliger arterieller Stimulation wird über einen zweiten venösen Katheter innerhalb von 2 min. mehrmals standardisiert Blut aus der V.hepatica kurz vor der Einmündung in die V.cava abgenommen und die Plasmaspiegel von Insulin bzw. Gastrin bestimmt. Nach ersten orientierenden Untersuchungen gelingt der Nachweis in 95 bis 100 %.
40 bis 80 % der NET haben Somatostatinrezeptoren, die synthetische, mit Indium oder Jod radioaktiv markierte Somatostatinanaloga wie Octreotid oder Pentatreotid binden. Mit dieser Methode können der Primärtumor und Metastasen durch eine Gamma- oder SPECT- Kamera in 80 % der Fälle dargestellt werden.
Neue Wege in der Differenzierung und Lokalisierung werden unter Einsatz der Positronenemissionsszintigraphie beschrieben. 90 % der NET sind gegenüber ihrer Umgebung aufgrund einer deutlich erhöhten, mit FDG meßbaren Stoffwechselaktivität abgrenzbar. Die Sensitivität dieser Methode hinsichtlich der Primärtumorgröße ist in den bisher vorliegenden Studien noch nicht beschrieben worden.
Nur die Kombination mehrerer konventioneller bildgebender Verfahren erreicht eine befriedigende Sensitivität und Spezifität zur präoperativen Lokalisationsdiagnostik von NET. Bei den NET des gastroenteropankreatischen Systems wird sie noch durch den Einsatz der intraoperativen Sonographie gemeinsam mit der Palpation des weitgehend mobilisierten Pankreas und Duodenum übertroffen. Durch diese intraoperative Lokalisationsdiagnostik können annähernd 100 % dieser Tumore identifiziert werden.

4.3 Tumormarker
Der Tumormarker NSE (neuronspezifische Enolase) ist weder zum Screening noch als Verlaufsparameter wegen seiner niedrigen Spezifität von 58-72 % einsetzbar. Als Verlaufsparameter besser geeignet ist der Verlauf der Hormonspiegel in Blut oder Urin, da bei endokrin aktiven Tumoren eine gute Korrelation zwischen Tumorgröße und sezernierter Hormonmenge beobachtet wurde. Das Glykoprotein Chromogranin A ist mit einer Spezifität von über 87 % bei NET des gastroenteropankreatischen Systems zum einen ein guter Verlaufsparameter, zum anderen ein potentieller Prognosefaktor, da die Lebenserwartung bei Patienten mit Werten von mehr als 75 nmol/l signifikant reduziert ist.



5. THERAPIE
Folgende Therapieprinzipien gelten bei der multimodalen Behandlung von NET bisher als anerkannt: An erster Stelle steht die chirurgische Therapie, da sie bei einem Primärtumor ohne Metastasen als einzige kurativ ist. Bei Irresektabilität oder inkompletter Tumorresektion endokrin aktiver Tumore ist die Klinik von der Hormonüberproduktion geprägt, so daß hier eine alternative oder additive medikamentöse Langzeittherapie zur Symptomreduktion eingeleitet werden muß. In diesen Fällen der Inoperabilität oder eingeschränkten Radikalität sollte eine antiproliferative Chemotherapie erfolgen. Im Gegensatz zu den Prinzipien der Karzinomtherapie, bei der die chirurgische Tumorreduktion keinen Einfluß auf die Überlebensrate hat, besitzt die Tumorverkleinerung durch chirurgisches Debulking oder arterielle Embolisation der Leber bei den überwiegend langsam wachsenden NET einen hohen Stellenwert. Durch diese Maßnahmen kann nicht nur die manchmal medikamentös kaum beherrschbare hormoninduzierte Symptomatik vermindert, sondern auch nach chirurgischer Tumorreduktion durch eine antiproliferative Kombinationstherapie von Somatostatin und Interferon- eine weitere Tumorreduktion erreicht werden.
Im folgenden wird zunächst die chirurgische Therapie unter besonderer Berücksichtigung der primären Tumorlokalisation und Klassifikation besprochen.Ô


5.1 Magen
Die präneoplastischen Vorstufen des mit 2-3 % eher seltenen NET des Magens sind die Hyperplasie und die Dysplasie neuroendokriner Zellen. Beide sind überwiegend aus versilberbaren enterochromaffinähnlichen Zellen aufgebaut und betreffen hauptsächlich Magencorpus- und fundus und sind fast ausschließlich mit einer chronisch atrophischen Gastritis - Achlorhydrie und sekundäre Hypergastrinämie - assoziiert. Der sich daraus entwickelnde Tumortyp ist der häufigste NET des Magens. Nicht selten werden dabei Serumgastrinkonzentrationen von über 1000 pg/l beobachtet. Ebenso ist bei diesen Patienten gehäuft eine Infektion mit Helicobacter pylori anzutreffen. Die meisten dieser Tumoren sind von der Größe her kleiner als 1cm. Zum Zeitpunkt der Diagnose lassen sich in weniger als 15 % Lymphknoten- oder Lebermetastasen nachweisen. Die ECL-Zellhyperplasie ist prognostisch günstiger einzustufen als der sporadische NET des Magens.
Hyper- und Dysplasie sollten wegen ihrer Einstufung als 'precursor lesions' in ihrer Ausdehnung endoskopisch durch zahlreiche Biopsien gut dokumentiert und im Verlauf beobachtet werden. Bei dem Vorliegen einer Hypergastrinämie muß ein Zollinger-Ellison-Syndrom ausgeschlossen werden (Sekretintest).
Liegt eine ECL-Zellhyperplasie vor und sind die Tumore kleiner als 1 cm und zahlenmäßig weniger als 5, können sie endoskopisch mit der Schlinge abgetragen werden. Bei mehr als 5 Tumore mit einem Durchmesser größer als 1 cm sollte die Excision mit einer Antrektomie zur Reduktion der Hypergastrinämie kombiniert werden. Bei solitären Tumoren mit ECL-Zellhyperplasie zwischen 1 und 2 cm Größe sollte eine Vollwandexcision (z.B. endoskopisch/ laparoskopisches Rendezvousverfahren) durchgeführt werden.
Die zweithäufigste Gruppe betrifft die meist singulär im Antrum auftretenden NET von 1 bis 2cm Größe ohne Nachweis einer Hypergastrinämie. Bei dieser Konstellation ist in mehr als der Hälfte der Patienten bereits bei Diagnosestellung vom Vorliegen von Metastasen auszugehen, so daß hier - unabhängig vom Nachweis einer Angioinvasion des Tumors - meistens die Gastrektomie mit Lymphadenektomie indiziert ist. Dieses Operationsausmaß kann auch bei Vorliegen eines Zollinger-Ellison-Syndroms und bei entdifferenzierten neuroendokrinen Karzinomen erforderlich sein.


5.2 Duodenum
NET dieser Lokalisation sind überwiegend gastrin-, seltener serotonin- und somatostatinproduzierende Tumoren mit und ohne klinische Symptomatik. Gastrinome weisen mehrere Besonderheiten auf, die für die chirurgische Therapie ausschlaggebend sind. Sie sind zwischen 50 und 80 % als maligne einzustufen; zum Zeitpunkt der Diagnose bestehen bei mehr als der Hälfte bereits Metastasen. Entgegen früheren klinischen Beobachtungen sind prozentual mit 31 - 44 % weit mehr Gastrinome in der Duodenalwand lokalisiert. Sie können wegen ihres Tumordurchmessers von durchschnittlich weniger als 5 mm präoperativ kaum diagnostiziert werden. In der Duodenalwand lokalisierte Gastrinome treten im Gegensatz zu den intrapankreatisch gelegenen in der Regel solitär auf, haben aber eine hohe lymphogene und hepatische Metastasierungstendenz. Trotzdem ist die lokale Tumorexcision mit Lymphadenektomie und gegebenenfalls Lebermetastasenresektion vom onkologischen Standpunkt meistens völlig ausreichend. Die Prognose ist bei funktionell inaktiven gastrinproduzierenden NET und bei Gastrinomen, die mit einer MEN I assoziiert sind und dann überwiegend multilokulär auftreten, deutlich besser als bei solitären Gastrinomen der Duodenalwand.


5.3 Pankreas
Diese Tumoren sind überwiegend hormonaktiv und beeinflussen durch ihre endokrine Überproduktion die klinische Symptomatik. Das am häufigsten auftretende, meist solitäre Insulinom ist in 90 % der Fälle benigne. Es ist in mehr als 60 % der Fälle im Pankreasschwanz lokalisiert, weniger als 15 % finden sich im Kopfbereich und nur 5 % liegen außerhalb der Organgrenzen. Nach nahezu vollständiger Mobilisation von Pankreas und Duodenum ist der Tumor durch Palpation und intraoperative Sonographie in der Regel lokalisierbar. Grundsätzlich sollte das Insulinom mit seiner Kapsel enukleiert werden; nur in selten Fällen ist eine parenchymsparende Pankreaslinksresektion erforderlich.
Die häufig multipel auftretenden Gastrinome im Pankreas sind überwiegend im Kopf- und Corpusbereich lokalisiert und bis zu 80 % als maligne mit hoher Metastasierungstendenz einzustufen. Aus diesem Grund muß beim Nachweis eines NET im Pankreasparenchym noch immer die partielle Duodenopankreatektomie nach Whipple als Standard angesehen werden. Findet man intraoperativ trotz Einsatz des Ultraschalls keinen Tumor im Pankreasparenchym, ist nicht die 'blinde Resektion' indiziert, sondern die Duodenotomie und Palpation vom Duodenum beginnend bis zum Treitz'schen Band.
Die Prognose eines zum Zeitpunkt der Operation bereits metastasierten Pankreasgastrinoms ist wesentlich schlechter als die des metastasierten Gastrinoms der Duodenalwand. Den Erfolg der Operation kann man am postoperativen Serumgastrinspiegel messen, da dieser gut mit der Tumormasse korreliert und nur bei vollständiger Resektion sofort wieder auf Normalwerte abfällt. Insgesamt wird die 5-Jahresüberlebensrate mit 43 bis 68 % angegeben.


5.4 Dünndarm
Diese Tumoren machen etwa 25 % aller gastrointestinalen NET aus und sind die häufigsten malignen Tumore in diesem Bereich. Sie werden in der Regel erst durch ihr lumeneinengendes Wachstum oder ihre Hormonaktivität bei diffuser Lebermetastasierung klinisch apparent. Die Symptomatik kann der einer Appendicitis oder eines Subileus/Ileus entsprechen. Deshalb ist die richtige Diagnose zum Zeitpunkt der Operation meist nicht bekannt.
NET des Dünndarmes verhalten sich hinsichtlich ihrer Tumorbiologie aggressiver als neuroendokrine Primärtumore anderer Lokalisation. Ein Drittel weist bereits bei einem Tumordurchmesser unter 1 cm Lymphknotenmetastasen auf. Bei Tumoren größer als 2 cm finden sich in 80 % befallene Lymphknoten und in ungefähr 50 % Lebermetastasen. Liegen zum Zeitpunkt der Operation bereits Lebermetastasen vor, reduziert sich gegenüber nicht hepatogen, aber lymphogen metastasierten Dünndarm-NET die 5-Jahresüberlebensrate von durchschnittlich 69 % auf 22 %.
Grundsätzlich sollte der Primärtumor einschließlich der betroffenen mesenterialen Abflußbahnen soweit als möglich reseziert werden. Der Eingriff kann bei singulären Lebermetastasen mit einer parenchymsparenden Resektion kombiniert werden.


5.5 Appendix
Sie sind mit knapp 40 % die häufigsten NET des GI-Traktes. Sie haben wie die übrigen kolorektalen NET im Vergleich zu denen des Dünndarmes mit über 90 % 5-Jahresüberlebensrate eine wesentlich bessere Prognose. Mehr als 70 % sind kleiner als 1 cm. Erst bei einer Tumorgröße von mehr als 2 cm sind mit einer Wahrscheinlichkeit von 30 bis 50 % Lymphknotenmetastasen zu erwarten.
Aufgrund der Organgröße führen schon kleine Tumoren zu dem klinischen Bild der Appendicitis und werden so frühzeitig erkannt. Daher ist bis zu einer Tumorgröße bis zu 2 cm in der Regel eine einfache Appendektomie ausreichend. Bei größeren Tumoren oder dem Vorliegen von Lymphknotenmetastasen ist eine Hemicolektomie erforderlich. In dem Graubereich zwischen 1 und 2 cm muß individuell entschieden werden; bei einer Infiltration der Mesoappendix muß aber eine Hemicolektomie empfohlen werden.


5.6 Kolon und Rektum
Weniger als 5 % aller NET finden sich primär im Kolon, überwiegend im rechten Hemikolon. Ihre Symptomatik reicht von Schmerzen über Diarrhoen bis zu peranalen Blutungen. Sie werden häufig durch eine Coloskopie diagnostiziert.
Da erst bei einem Tumordurchmesser von mehr als 2 cm mit einer lymphogenen Metastasierung - dann allerdings in mehr als 65 % der Fälle - zu rechnen ist, wird bei kleinerem Tumor eine Segmentresektion, bei größerem eine Standardhemicolektomie nach onkologischen Kriterien empfohlen. Da der Primärtumor meistens erst im fortgeschrittenen, lymphogen metastasierten Stadium symptomatisch wird, liegt die 5-Jahresüberlebensrate durchschnittlich bei 40-53 %.
Die Hälfte aller Rektum-NET sind klinisch asymptomatisch und werden bei der Rectoskopie zufällig entdeckt. Bei Tumoren dieser Lokalisation wird in 25 % ein erhöhter CEA-Wert gefunden, allerdings in mehr als 90 % auch erhöhte Werte für Chromogranin A und NSE. Bei einer Tumorgröße unter 1 cm ist die rectoskopische Excision ausreichend. In der Grauzone zwischen 1 und 2 cm sollte eine transanale Vollwandexcision erwogen werden, während hingegen bei einer Größe von mehr als 2 cm wegen der beinahe hundertprozentig beobachteten gleichzeitigen lymphogenen Metastasierung eine onkologisch orientierte Rektumresektion erforderlich ist. Bei einem Rektum-NET, das einer T3-Kategorie entspricht, sinkt die 5-Jahresüberlebensrate unter 15 %.


5.7 Multiple endokrine Neoplasie (MEN) Typ 1
Die MEN 1 ist durch das zeitgleiche oder sukzessive Auftreten von meist endokrin aktiven, benignen oder malignen Tumoren in mindestens zwei endokrinen Organen charakterisiert. Vorwiegend sind als Organe die Nebenschilddrüse, das Pankreas und die Hypophyse betroffen, wobei die Kombinationen von einem Insulinom (15 %), Gastrinom (25 %) oder VIPom (10 %) mit einem Nebenschilddrüsenadenom die mit Abstand häufigsten sind. Eine familiäre Häufung wird beobachtet. Die meistens kleiner als 1 cm großen, diffus verteilten Tumoren sind schwer zu diagnostizieren und therapieren.
Grundsätzlich wird die im Vordergrund stehende hormoninduzierte Symptomatik und deren zugrundeliegender Tumor behandelt. Häufig muß aufgrund eines Hyperparathyreoidismus eine Resektion der multiplen Nebenschilddrüsenadenome erfolgen. Die Beseitigung dieser hormonellen Überfunktion hat Auswirkungen auf ein synchron vorliegendes Gastrinom, da dadurch der Serumgastrinspiegel gesenkt und sowohl die Ulcerogenität als auch die Diarrhoen reduziert werden. Bei manchen MEN-Patienten stellt die Adenomentfernung bereits eine ausreichende und dauerhafte Therapie dar. Nur wenn im weiteren Verlauf reproduzierbar erheblich erhöhte Gastrinspiegel und/oder durch bildgebende Verfahren ein Tumor lokalisiert werden kann, ist die Indikation zur Laparotomie gegeben. Zur Lokalisationsdiagnostik hat hier vor allem die arterielle Hormonstimulation mit venösem Sampling einen großen Stellenwert. Häufig muß dann wegen der Multizentrizität des Tumors eine partielle Pankreatektomie vorgenommen werden.
Beim Vorliegen eines Insulinoms kann schon allein aus dem Grund der schwer beherrschbaren Hypoglykämien nach Beseitigung des Hyperparathyreoidismus eine zusätzliche parenchymsparende Operation erforderlich sein, wobei auch hier wieder das Problem der Lokalisation kleiner, z.T. multizentrischer NET auftritt.
Grundsätzlich gilt, daß MEN1 - assoziierte Pankreastumoren eine erheblich bessere Prognose mit einer durchschnittlichen Überlebenszeit ab Diagnosestellung von 15 Jahren aufweisen - im Gegensatz zu sporadischen NET des Pankreas mit einer Überlebenszeit von 6 Jahren.



6. PALLIATION

6.1 Antiproliferative und symptomatische Therapie
Es gibt mehrere Optionen von der Chemo- bis zur symptomatischen Therapie, deren Ergebnisse bisher als unbefriedigend bewertet werden müssen. Auch das ist ein Grund für den hohen Stellenwert der Chirurgie in der Behandlung des NET, sei es unter kurativem Ansatz zur vollständigen Tumorresektion, sei es unter palliativem Ansatz zur Verkleinerung des Tumorvolumens. In mehreren Studien ist bei NET mit Ausnahme der des Pankreas über Chemotherapieschemen mit Streptozotocin (STZ) in Kombination mit 5FU und Adriamycin, seltener auch mit Cyclophosphamid und Cisplatin berichtet worden. Die Remissionsraten reichen bei diesen Kombinationstherapien von 10 bis 40 %, wobei die mediane Remissionsdauer bei 7 bis 12 Monaten lag. Dabei hat sich eine Polychemotherapie in Kombination mit Cyclophosphamid und Adriamycin gegenüber einer Zweierkombination von STZ und 5FU als nicht wirksamer erwiesen.
Bei Pankreastumoren liegen die Remissionsraten bei einer Kombinationstherapie von STZ mit Doxorubicin oder einer Monotherapie mit dem nebenwirkungsärmeren STZ-Analogon Chlorozotocin zwischen 69 und 30 % bei einer medianen Remissionsdauer von 14 bis 18 Monaten. Bei diesen Tumoren wird aber eine vergleichsweise höhere Belastung durch gastrointestinale, hämatologische und nephrotoxische Nebenwirkungen beobachtet. Das unterstreicht die Wertigkeit einer chirurgischen Therapie, ebenso wie die Wichtigkeit, onkologische Therapien im Rahmen kontrollierter Studien durchzuführen. Bei niedrig differenzierten neuroendokrinen Karzinomen, die mit Etoposid und Cisplatin behandelt wurden, erhöhte sich die Ansprechrate bis auf 70 %; es wurde sogar vereinzelt von kompletten Remissionen berichtet. Die Remissionsdauer variierte allerdings von 3 bis 21 Monaten und war mit entsprechenden Daten bei der Therapie des kleinzelligen Bronchialkarzinoms vergleichbar. Aus diesem Grund fordern nicht wenige Tumorzentren, eine Polychemotherapie überhaupt nur schlecht differenzierten neuroendokrinen Karzinomen mit erwartungsgemäß hoher Proliferationsrate vorzubehalten.
Der Neurotransmitter Somatostatin ist im gesamten Gastrointestinaltrakt in endokrinen Zellen und Nerven lokalisiert. Er ist der potenteste Inhibitor für die Gastrin-, Glukagon- und Insulinfreisetzung einschließlich der Magen- und Pankreassekretion, allerdings mit einer Halbwertszeit von 3 min. Das synthetisierte Analogon Octreotid hat, abgesehen von der Möglichkeit der subkutanen Applikation eine 30fach verlängerte Halbwertszeit und kann zur passageren Hemmung der durch überschießende Hormonproduktion verursachten Symptomatik wirkungsvoll eingesetzt werden. Insbesondere bei Patienten mit Karzinoidsyndrom konnten die Flushsymptomatik, vor allem aber die Diarrhoen bei einer Tagesdosierung von bis zu 3 x 200 g reduziert werden. Die Wirkdauer wird bei dieser Behandlung zwischen 3 und 16 Monaten angegeben. Auch beim Glukagonom ist die Octreotidtherapie erste Wahl. Aufgrund der geringeren Rezeptordichte des Insulinoms ist die Somatostatintherapie bei diesem neuroendokrinen Tumor zur Vermeidung einer Hypoglykämie nur bei etwa der Hälfte der Patienten anwendbar. Als aussichtsreichste Therapie des Insulinoms gilt nach wie vor die Monotherapie mit STZ, unter der Tumorremissionen von bis zu 10 Jahren bei klinischer Beschwerdefreiheit beobachtet worden sind. Bei Gastrinomen hingegen hat sich die Behandlung mit Protonenpumpenhemmern in einer Dosierung von 40- 80 mg/d Omeprazol als sehr wirksam erwiesen.
Eine antiproliferative Wirkung wird Octreotid nur in Einzelfällen zugeschrieben. In einer Studie des NIH von 1989 blieb die Tumorgröße bei 63 % der insgesamt 94 behandelten Patienten konstant, bei 24 % kam es unter der Therapie zu einer Progression und nur bei 13 % konnte eine Reduktion der Metastasen festgestellt werden. Als Nebenwirkungen einer Langzeittherapie mit Octreotid sind vor allem Diarrhoen und Steatorrhoen infolge der Hemmung der exokrinen Pankreasfunktion, eine Störung des Glukosestoffwechsels und eine vermehrte Gallensteinbildung durch die Hemmung der Gallenblasenkontraktion bekannt.
Ein weiterer Therapieansatz ist die Reduktion der Onkogenexpression auf der Tumorzelle und die Hemmung der DNA-Replikation und Proteinsynthese durch die Gabe von Interferon-. Neben der Inhibierung der endokrinen Tumoraktivität wurde eine partielle Tumorremission in 10 bis 27 % der Fälle bei allerdings kleinen Fallzahlen beobachtet. Die Remissionsdauer variiert zwischen 2 und 34 Monaten.
Derzeit wird in einer Multizenterstudie der potentielle synergistische Effekt von Octreotid und INF- auf das Tumorwachstum überprüft. Erste orientierende Ergebnisse zeigten bei 20 Patienten eine Tumorremission über die Dauer von 36 Monaten, keine Tumorprogression bei 11 Patienten über einen Zeitraum von 20 Monaten und ein Fortschreiten des Tumors bei den übrigen 8. Im gesamten Beo-bachtungszeitraum von mehr als 3 Jahren starben 5 Patienten infolge der ausgedehnten Metastasierung.


6.2 Chemoembolisation und Lebertransplantation
Bei hepatogen metastasierenden, hormonaktiven NET, überwiegend aus dem 'Midgut', kann als zusätzliche Therapie eine arterielle Chemoembolisation sinnvoll sein. Die meisten Erfahrungen liegen mit einer Gelfoam-Applikation von Lipiodol und Doxorubicin vor. Die Embolisation kann selektiv oder global, alle 3 arteriellen Äste betreffend, vorgenommen werden. Kontraindikationen sind ein Tumorbefall von mehr als 50 % des Leberparenchyms, ein Verschluß der Pfortader und eine Hyperbilirubinämie.
Eine gute Symptompalliation mit deutlich meßbarem Hormonabfall kann durch diese Therapie in 69 bis 98 % der Fälle ebenso wie eine Tumorreduktion in 73 bis 88 % erzielt werden. Im Durchschnitt liegt die Remissionsdauer bei 11 Monaten, das bisher beobachtete Maximum bei 4 1/2 Jahren. Dieses Therapieverfahren stellt damit bei der Behandlung fortgeschrittener Tumorstadien eine Alternative zur systemischen Chemotherapie dar.
Die Lebertransplantation bei metastasierten NET wird nach wie vor kontrovers diskutiert. Sie unterliegt einer strengen Indikation, da nur Patienten mit extrahepatischer Tumorfreiheit in Betracht gezogen werden können. In einer von Broelsch und Mitarbeitern 1994 vorgelegten Arbeit wurden bei 5 von 7 hepatisch metastasierten Patienten durch das Octreotidszintigramm extrahepatische Tumormanifestationen nachgewiesen und letztlich nur ein Patient transplantiert. In der Literatur ist bisher über 27 Lebertransplantationen berichtet worden, wobei 12 Patienten mehr als 1 Jahr überlebt haben.

7. NACHSORGE
Für die Tumornachsorge bei NET können die Richtlinien der Karzinomnachsorge nur individuell modifiziert übernommen werden. Ein wesentliches Problem ist, das bei dem überwiegend langsamen Tumorwachstum, der geringen Tumorgröße und der gelegentlichen Multizentrizität die bildgebende Diagnostik häufig keinen Rezidivtumor- oder Metastasennachweis erbringen kann. Daher sind die Sonographie und Computertomographie nur eingeschränkt einsetzbar, etwa zum Ausschluß von Lebermetastasen. 'Fore- und Hindgut'- Tumore sollten endoskopiert und endosonographiert werden. Wird ein Patient mit endokrin aktivem Tumor des gastroenteropankreatischen Systems wieder symptomatisch, muß die Diagnostik zur Rezidivtumorlokalisation eventuell bis zur Angiographie mit arterieller Hormonstimulation ausgedehnt werden.
Da die Tumorprogression häufig mit den Serum- und Urinhormonspiegeln korreliert, ist die Verlaufsbestimmung von Gastrin, Insulin, HIES etc. sinnvoll. Die Beurteilung dieses wichtigen Verlaufsparameters ist allerdings bei der Durchführung einer antiproliferativen oder antihormonellen Therapie eingeschränkt.
Als Leitfaden kann folgendes Vorgehen empfohlen werden: Ist der hormonaktive Tumor durch die Operation vollständig reseziert worden, wird postoperativ als Ausgangswert der Hormonspiegel als der entscheidende Verlaufsparameter bestimmt und zunächst halbjährlich kontrolliert. Zeigt sich in der Nachbeobachtungszeit ein Anstieg des Hormonspiegels, werden als Ausgangsbefunde Restaginguntersuchungen wie Sonographie und CT durchgeführt. Da der ansteigende Hormonspiegel häufig nicht mit der Rezidivtumorgröße korreliert und der Tumor meistens erst bei nachfolgenden bildgebenden Untersuchungen nachgewiesen werden kann, sollten diese Restaginguntersuchungen in halbjährlichem Abstand wiederholt werden.
Ist der hormoninaktive Tumor vollständig reseziert worden, sollte wie bei Karzinomen verfahren werden und zunächst in halb-, später in jährlichem Abstand nachgesorgt werden.
Konnte der neuroendokrine Tumor nicht vollständig reseziert werden, wird entweder im Rahmen eines Protokolls eine adjuvante Therapie mit festgelegten Verlaufsuntersuchungen fortgesetzt oder zunächst das Wachstumsverhalten der Metastasen durch ein viertel- bis halbjährliches Restaging beobachtet und erst bei nachgewiesener Tumorprogression therapiert.
Grundsätzlich sollten Patienten mit NET aufgrund der Heterogenität und Komplexizität ihres Krankheitsbildes und der Therapiemöglichkeiten immer vom Hausarzt in enger Kooperation mit einem Tumorzentrum nachgesorgt werden. Dies gilt insbesondere bei der Durchführung einer additiven antihormonellen oder antiproliferativen Therapie. Die Nachsorge von Patienten mit dieser Tumorspezies ist lohnend, da bei erneut nachgewiesenem Tumor die Lebenserwartung entweder durch eine erneute Operation oder Chemotherapie erheblich verlängert werden kann.
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