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  #1  
Alt 28.05.2009, 00:04
Sentenza Sentenza ist offline
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Registriert seit: 27.05.2009
Beiträge: 6
Standard Meine Mutter hat Gebärmutterhalskrebs

Hallo zusammen,

als ich (25, Student) vergangenes Wochenende nach Hause gekommen bin, habe ich etwas Schreckliches erfahren: Meine Mutter (54) hat Gebärmutterhalskrebs.
Zuerst wollte sie es mir nicht genau sagen, da sie mich in einer kritischen Situation meines Studiums nicht belasten wollte, aber als ich ihren Überweisungs-Brief in eine entsprechende Fachklinik fand, brach für mich eine Welt zusammen. Meine Mutter ist mein Ein und Alles, da wir seit mein Dad als ich drei war gestorben ist, ein alleinstehendes, aber aneinander geschweißtes Team bilden. Ich wollte sofort mein Studium hinwerfen, weil ich so große Angst davor habe, dass ich jeden Sonntag, wenn ich an meinen Studienort zurückkehre, meine Mama nie wieder sehen werde und so oft wie nur möglich bei ihr sein will. Enge Verwandte und meine besten Freunde haben mich jedoch davon überzeugt, dass das Hinschmeissen meines Studiums meine Mutter noch viel mehr belasten würde und so manche ich vorerst wohl oder übel weiter.

Vor meiner Abfahrt hatten wir noch tief Nachts um 4 ein offenes Gespräch, dass jeder von uns beiden Angst hat. Auch wenn mir persönlich die Umsetzung sehr, sehr schwer fällt, habe ich meiner Mutter versucht vor Augen zu verdeutlichen, dass die Angst dazu gehört, man sie nicht vermeiden kann und das was man tun kann der richtige Umgang mit der Angst ist, nämlich sich nicht von ihr lähmen lassen. Wir hatten uns dann getreu früheren Gesprächen in harten Zeiten auf unser "informelles Familienmotto" "Niemals aufgeben! Immer dranbleiben!" geeinigt, auch wenn die Angst dennoch da ist. Das war Stand Sonntag.

Dienstag kam sie ins Krankenhaus und ist gleich dort geblieben. Seit Sonntag telefonieren wir jeden Tag am abend ein wenig, weil es uns etwas gut tut. Heute hatte sie weitere Untersuchungen und man hat festgestellt, dass zwar eine Niere und das Herz tadellos funktionieren, aber die andere Niere sehr stark vom Krebs angegriffen bzw er hineinangewachsen ist. Morgen bekommt sie dann etwas an der anderen Niere gemacht, dass diese entlastet wird, ändert etwas, damit sie besser auf die Toilette gehen kann, außerdem entnimmt man Gewebeproben, um über den Fortschritt des Krebs ein rchtiges Urteil fällen zu könne. Da ich in Internetsuche bei ihren Problemen mit Rücken- und Bauschmerzen, abnehmender Leistungsfähigkeit und Problemen beim Wasserlassen große Übereinstimmungen gefunden habe, gehe ich vom Schlimmsten aus.

Wenn ich mit ihr spreche, versuche ich jeden Schmerz zu unterdrücken, damit sie sich nicht auch noch Sorgen wegen mir macht. Aber nach dem Telefonat kommt immer alles richtig hoch, wie es war, als ich sie Samstag schlafend im Bett sah und mir vorstellte, dass sie plötzlich nicht mehr da ist. Zu meinem Glück, auch wenn mir Glück für meine Mama viel, viel, viel wichtiger wäre, hab ich eine sehr guten Freund, dessen Vater auch Krebs hatte, bei dem das auch während dem Studium war und der mir wenigstens ein klein wenig die Panik genommen hat.

Ich mache mir soviel Vorwürfe, dass ich in den letzten Jahren mein Studium zu sehr in den Vordergrund gestellt habe. Meine Mutter ist doch soviel mehr wert als diese Scheiße. Und für sie komme ich immer an erster Stelle. Selbst im Krankenhaus am Telefon hat sie nach meinen Sachen gefragt, weil sie will, dass ich dranbleibe. Wenn ich ihr nicht fest versprochen hätte, dass ich nicht hinwerfe, auch jetzt vor einer wichtigen Klausur, weil sie sich dann noch mehr Sorgen machen würde und ich ihr die Hoffnung nicht nehmen will, würde ich am liebsten aufhören und nur noch bei ihr bleiben. Das würde ihr aber das Herz brechen. Jetzt kämpf ich mich ihr zuliebe durch, wenn ich auch keinen Sinn mehr darin sehe.

Freitag gleich nach der Klausur will ich sie besuchen, als Überraschung, weil wir eigentlich erst Samstag einen Besuch gemeinsam mit ihrer Schwester/meiner Tante und gleichzeitig besten Freundin ausgemacht haben.

Wahrscheinlich lest ihr solche Geschichten hier schon zu hundertsten Mal und es nervt euch, aber ich musst mir das irgendwie von der Seele reden, auch wenn man davon nicht reden kann, weils wie ein schwarzes Loch an ihr kleben bleibt.

Dankeschön für eure Mühe des Lesens.
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  #2  
Alt 28.05.2009, 00:41
Benutzerbild von Cee
Cee Cee ist offline
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Registriert seit: 02.08.2008
Ort: Niedersachsen
Beiträge: 752
Standard AW: Meine Mutter hat Gebärmutterhalskrebs

Liebe Sentenza,

herzlich willkommen hier - lass Dich mal vorsichtig drücken, so einen Schock muss man erstmal verkraften und sacken lassen

Für mich persönlich war übrigens das schlimmste, wenn jemand traurig und verzweifelt auf mich zuging. Das konnte ich kaum wechseln. Hatte mit mir, meiner eigenen Angst und Traurigkeit genug zu tun - da konnte ich mit dem Schmerz meiner Angehörigen kaum umgehen. Das hat mich zusätzlich belastet. Versuch' Dein Leben normal weiter zu leben. Das wichtigste, so empfand ich es zumindest, war so schnell wie möglich wieder NORMALITÄT zu leben. Du hilfst Deiner Mum sicher mehr, wenn Du Deine Sachen weiter so durchziehst. Und Du vor allem normal bleibst. Sonst fühlt sie sich noch verantwortlich, weil Du Dich in einen Trauerkloß verwandelst. Das ist in dieser Phase, wo sie Kraft und Zuversicht braucht, kontraproduktiv.

Ganz kurz, bevor ich einen kilometerlangen Salmon schreibe: Möchtest Du hier im Forum gerne Infos zur Erkrankung Deiner Mutter erhalten? Hier müssten wir dann zunächst eine detaillierte Diagnose kennen (FIGO, Grading, ggf. Metastasen oder Lymphknotenbefall etc.), ansonsten ist eine Aussage, auch wenn sie eh relativ spekulativ ist, kaum möglich.

Oder möchtest Du Dir gerne Deinen Kummer von der Seele schreiben? Da könnte ich Dir zusätzlich noch das Angehörigen-Forum empfehlen; da schreiben Leute, wo ein nahestehender Mensch an Krebs erkrankt ist. Ich denke, dort werden die gleichen Ängste, Ohnmacht und Hilflosigkeit beschrieben, wie Du sie fühlst.

Alles Gute für Deine Mutter und viel Kraft für Euch beide. DAS ist nicht das Ende, aber der Anfang einer anstrengenden Behandlung
__________________
Liebe Grüße

Cee


© HUNGER, PIPI, KALT - so sind Mädchen halt!
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  #3  
Alt 28.05.2009, 00:45
Hedi Hedi ist offline
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Registriert seit: 01.11.2002
Beiträge: 207
Standard AW: Meine Mutter hat Gebärmutterhalskrebs

Lieber Sentenza,

dein Bericht hat mich sehr berührt.

Ich kann verstehen, daß du jetzt unbedingt das Studium schmeissen willst und deiner Mama beistehen willst. Ganz bestimmt musst du dir KEINE Vorwürfe machen, daß du in den letzten Jahren dein Studium in den Vordergrund gestellt hast. Warum denn? Es ist doch schön für eine Mama, wenn sie sieht, daß ihr Kind die eigene Zukunft im Auge hat. Nichts anderes will man doch als Mutter.

Du bist noch sehr geschockt und du hast verständlicherweise Angst um deine Mama, aber sie möchte daß du weitermachst, auch wenn es dir schwer fällt. Gut, daß du das trotzdem durchziehst!

Vielleicht kann dir meine Geschichte ein wenig Hoffnung machen.
Ich bekam die Diagnose vor jetzt 7 Jahren!
Man machte mir nicht sehr viel Hoffnung damals.
Man konnte mich nicht mehr operieren - der Tumor war zu groß.
Es folgten Bestrahlungen und Chemos und dann war der Tumor weg!
Inzwischen hatte ich schon zweimal Lymphknotenmetastasen und wieder wurde bestrahlt und seither bekomme ich wöchentlich eine Chemo und ich lebe immer noch!
Warum sollte das bei deiner Mama nicht auch so sein?

Übrigens war mein Sohn damals so alt wie du jetzt und studierte auch.
Ich war sehr froh, daß er nicht alles hinschmiss. Er hätte mir damit nicht geholfen! Ich wollte auch, daß er weitermacht, auch wenn mir sehr bewusst war wie schwer das unter diesen Umständen war.

Lieber Sentenza, ich wünsche dir für die Klausur am Freitag, daß du sie schaffst! Deine Mama ist sicher sehr stolz auf dich.

Ich schicke dir von Herzen liebe Grüße und wünsche dir und deiner Mama viel Kraft und Hoffnung in dieser für euch so schweren Zeit

Hedi
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  #4  
Alt 28.05.2009, 01:21
Benutzerbild von nikita1
nikita1 nikita1 ist offline
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Registriert seit: 03.03.2007
Ort: am Atlantik
Beiträge: 1.751
Standard AW: Meine Mutter hat Gebärmutterhalskrebs

Liebe Sentenza
auch ich kann nachfühlen, was du im Moment durchmachst.. als ich die Diagnose im März 2007 bekam: Gebärmutterhalskrebs, inoperabel, vorletztes Stadium, fiel mir mein damals 17-jähriger Sohn weinend um den Hals und der Ältere, damals 23 , mitten drin im Medizinstudium (in Prag)...wollte auch alles hinschmeissen und zu mir kommen.

Gerade die Sorgen meiner Kinder haben mich sehr runtergezogen, der Kleinere im Abitur, konnte nicht schlafen, sackte in der Schule ab, der Ältere hat das 2.Jahr Medizin dann nicht geschafft und versucht es nun in Spanien.
Alles war auf den Kopf gestellt, jeder hatte damit zu tun, den Gau anzunehmen und damit umgehen zu lernen.

Mittlerweile ist alles wieder im Lot, meine beiden Söhne konnten sich überzeugen, dass die Therapie erfolgreich war (wenigstens bis jetzt) und ich habe darauf gedrungen, dass der Alltag wieder Einzug hält.
So ist die Angst etwas kleiner geworden .

Für mich war/ist es sehr wichtig, dass meine Söhne ihre Ausbildung erfolgreich abschliessen, fest auf beiden Beinen stehen, ihre Freunde, Lieben und ihr Glück haben, unabhängig, was mit mir geschieht.
Ich denke, das ist der Wunsch jeder Mutter.
Deshalb solltest du deiner Mama beistehen, aber nicht etwa in ein tiefes, grosses Loch absacken, sondern trotz all dem Schmerz dein eigenes Leben weiterführen, Studium einbegriffen.
__________________
Liebe Grüße
Nikita


Tapferkeit ist die Fähigkeit, von der eigenen Furcht keine Notiz zu nehmen.
George Patton
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  #5  
Alt 28.05.2009, 03:46
Sentenza Sentenza ist offline
Neuer Benutzer
 
Registriert seit: 27.05.2009
Beiträge: 6
Standard AW: Meine Mutter hat Gebärmutterhalskrebs

Ich möchte euch drei sehr für den nahen Empfang danken.

Ich bin euch unendlich dafür dankbar, dass ihr so offen seid und mir einen Einblick in eure Denkweise als Betroffene bezüglich eurer Angehöriger/Kinder gebt. Das hilft mir wirklich, wenn ich dabei auch weinen musste.

Cee, ich danke dir auch für deine Foren-Hinweise. Was genau ich in eurem Forum suche, kann ich dir (noch?) nicht sagen. Es fällt mir schwer überhaupt zu sagen, wie es nach dem nächsten Aufstehen weitergeht. Momentan hat es erstmal gut getan offen über die Situation zu sprechen. Ich weis nur, dass ich keinen Einblick in Statistiken möchte, da es mir wichtig ist meine Energie nicht an Zahlen festzumachen, sondern diese lieber meiner Mama zu geben.

Nochmal vielen Dank für eure offenen Arme und Worte. Ich wünsche euch Kraft für euer Leben.
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  #6  
Alt 28.05.2009, 10:28
Paloma85 Paloma85 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 18.05.2009
Beiträge: 15
Standard AW: Meine Mutter hat Gebärmutterhalskrebs

Lieber Sentenza,

erstmal tut mir das ganze sehr Leid für dich und ich möchte dir wirklich mein Beleid mitteilen!

Ich wünsche deiner Mutter natürlich alles Liebe und nur das Beste...!!

Zu der Sache mit dem Studium, vielleicht musst du ja nix hinschmeißen, auch wenn du es am liebsten machen würdest und ich kann das auch nachvollziehen, aber damit ist deiner Mutter auch nich geholfen, nur dass noch eine Sorge mehr hinzukommt und zwar, was aus dir wird. ABER, (ich weiß ja nich, was du studierst) vielleicht könntest du mit deiner Uni reden und sie könnten dir aus diesem besonderen Grund ein oder zwei Urlaubssemester gewähren, so könntest du bei deiner Mutter sein in der schwierigen Zeit und du musst dein Studium nicht hinschmeißen.

Wie schon gesagt, wünsche ich euch alles Gute!

LG
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  #7  
Alt 28.05.2009, 11:12
Benutzerbild von gitti2002
gitti2002 gitti2002 ist offline
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Registriert seit: 02.03.2004
Beiträge: 1.973
Standard AW: Meine Mutter hat Gebärmutterhalskrebs

@Paloma,

Zitat:
Zitat von Paloma85 Beitrag anzeigen
ich möchte dir wirklich mein Beleid mitteilen
Beileid drückt man aus, wenn jemand verstorben ist. In deinem nächsten Satz wünscht du der Mutter von Sentenza dann alles Liebe und nur das Beste?

MfG Gitti
__________________
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