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  #1  
Alt 10.08.2010, 20:26
Rutz86 Rutz86 ist offline
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Registriert seit: 10.08.2010
Beiträge: 3
Standard Vater hat Lungenkrebs - bin völlig am Ende

Hallo zusammen,

wie viele von Euch gehöre ich seit letztem Jahr leider auch zu der Gruppe der Angehörigen von Krebspatienten. Letztes Jahr ist bei meiner Mutter Krebs festgestellt worden. Es gab eine Operation, und danach Chemo. Beides verlief sehr gut, sie war während der ganzen Sache immer zuversichtlich und ist wieder super auf die Beine gekommen.

Als meine Mutter in der Reha war, wurde mein Vater krank. Erst hat er nur recht schweren Husten gehabt. Nach wochenlangem hin und her, nach zahlreichen eher positiven, dann wieder eher negativen Diagnosen stand dann fest, dass er ein Bronchailkarzinom hat. Bei einer Operation ist ihm ein Teil des rechten Lungenlappens entfernt worden. Und jetzt sollte er eigentlich ne starke Chemo bekommen.
Mein Onkel ist Arzt. Er hat uns gesagt, dass es kaum Hoffnung für meinen Papa gibt. Von einer palliativen Chemo war die Rede. Und nicht einmal die verträgt er zur Zeit, weil er zu schwach ist. Das Essen schmeckt ihm nicht und nicht einmal sein Lieblingsbier möchte er noch haben.

Gestern war ich bei ihm. Im Laufe meines Besuchs kam die Psychologin der onkologischen Station rein und wollte sich uns vorstellen. In dem Moment fühlte es sich an, als würde ich einen großen, kantigen Stein schlucken. Ich hab schon seit Wochen damit zu kämpfen, weil mein Vater es bei Weitem nicht so gut wegsteckt, wie meine Mutter. Ich weiss ja, dass die Psychologin es nur gut meint, aber für mich macht sie es nur noch schwerer.

Ich weiss, dass mein Vater uns nicht mehr lange bleibt. Ich bin eigentlich ein robuster, fröhlicher junger Mann, aber das nimmt mich dermaßen mit, dass ich jeden Tag weinen könnte.
Ich würde alles dafür geben, wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte. Dorthin, wo noch alles in Ordnung war. Zu den vielen Stunden, in denen wir eine glückliche Familie waren.
Ich hatte mir immer vorgestellt, dass mein Vater eines Tages friedlich einschläft. Nachdem er meine Ehefrau und seine Enkelkinder kennengelernt und wenigstens teilweise hat aufwachsen sehen.



Wie viele Männer gehöre ich auch zu denen, die nicht oder nur wenig über ihren Kummer sprechen möchten. Vielleicht ist es einfacher für mich, es mir auf diese Weise von der Seele zu schreiben.

Danke fürs Lesen.
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  #2  
Alt 10.08.2010, 21:37
Benutzerbild von ange
ange ange ist offline
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Beiträge: 505
Standard AW: Vater hat Lungenkrebs - bin völlig am Ende

Hallo Rutz,

erstmal ein willkommen hier, auch wenn es nicht schön ist, hierher zu gehören ...
Es tut mir leid, das du schon so viel durchmachen musstest...
Auch wenn es deinem Vater zur Zeit sehr schlecht geht, gib die Hoffnung nicht auf. Meiner Schwiegermutter ging es zeitweilig auch sehr schlecht, wir dachten, das sie jeden Tag sterben könnte. Doch sie hat sich berappelt, wurde stationär aufgepäppelt und macht jetzt eine leichte palliative Tablettenchemo. Es geht ihr soweit ganz gut, was man bei so einer Diagnose sagen kann.

Sprich dich hier aus, einer wird immer lesen und dir vielleicht ein wenig rat und trost geben können.
wenn du weinen musst, dann tu es, das befreit, und hilft dir wieder klar denken zu können.

kannst du denn mit deinem vater offen über seine krankheit sprechen? oder blockt er da ab?

ich wünsche dir viel kraft, und kopf hoch,
liebe grüsse
ange
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  #3  
Alt 11.08.2010, 11:03
Mariesol Mariesol ist offline
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Beiträge: 1.280
Standard AW: Vater hat Lungenkrebs - bin völlig am Ende

Hallo und Willkommen,

zunächst wollte ich Dir sagen, dass Du sehr schön schreibst und ich habe Deinen Bericht trotz der Schwere des Inhaltes gerne gelesen. Die Beschreibung bezüglich des schluckens eines Steines...jaa die war sehr treffend! Genau so habe ich auch oft gefühlt. Mein Vater hatte ebenfalls ein Bronchialkarzinom.
Weisst Du was es für ein Tumortyp ist?? Was für eine Chemo angewendet wird?

Du vergleichst die Krankheit Deines Vaters, mit der Deiner Mutter.
Krebs! Dies ist der Überberiff...mit vielen Facetten und Gesichtern und Krankheitsverläufen.
Verliere nicht den Mut...alles Liebe von Mariesol
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  #4  
Alt 13.08.2010, 16:36
Rutz86 Rutz86 ist offline
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Registriert seit: 10.08.2010
Beiträge: 3
Standard AW: Vater hat Lungenkrebs - bin völlig am Ende

Hallo ihr zwei,

ich habe bisher nicht mit meinem Vater darüber gesprochen, dass wir wohl nur noch wenig Zeit miteinander haben. Nicht weil er abblockt, sondern weil ich es einfach nicht kann. Ich kanns nicht... Als dieses Thema noch in weiter Ferne für mich lag, dachte ich, dass ich es könnte, wenn ich denn mal in der Situation wäre. Aber es ist wirklich unglaublich schwer...

@Mariesol:
Also es ist ein Bronchialkarzinom. Und er soll eine palliative Chemo bekommen, wenn er stark genug ist, sie zu vertragen. Oder meintest du noch speziellere Begrifflichkeiten?


Ich versuche mir vorzustellen, dass es vielen Menschen noch schlechter geht als meinen Angehörigen und mir. Ich werde bald 24, manchmal muss aber ein Elternteil sterben und die Kinder sind noch im Kindesalter. Ich kann noch mit meinem Vater sprechen, auch wenn es weh tut. Andere können sich aufgrund eines Unfalls nicht mehr von ihren Lieben verabschieden.

Was hat euch in eurer schweren Zeit geholfen?
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  #5  
Alt 13.08.2010, 21:08
Benutzerbild von ange
ange ange ist offline
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Registriert seit: 23.12.2009
Beiträge: 505
Standard AW: Vater hat Lungenkrebs - bin völlig am Ende

Hallo Rutz,

also ich kann dir sagen, bei mir hilft das reden. Aber auch nicht unbedingt mit meiner erkrankten Schwiegermutter sondern auch mit Freunden. Mit meiner Schwiegermutter möchte ich einfach offen und ehrlich reden können, was wirklich nicht immer einfach ist. Aber vielleicht auch weil es eben "nur" meine Schwiegermutter ist. Ich tue was ich kann für sie, bin für sie da- aber nehme mir auch die Zeit, die ich nur für mich und meine Familie brauch. Also, nur MEIN Leben. das gibt mir dann auch wieder neue Kraft.
Meinen Vater habe ich vor 2 Jahren durch einen Flugzeugabsturz verloren, das war insofern schlimm, das man nichts zum verabschieden hat, das realisieren braucht lange. Manchmal denke ich, das ich das nochimmer nicht getan habe.
Jetzt können wir uns darauf vorbereiten, wir wissen das der Tag x kommen wird in abesehbarer Zeit. Aber schlimm wird es dennoch. Denn auf sowas kann man sich nicht einstellen. es ist dann doch plötzlich, ausser das viele Sachen geregelt sind. oder geregelt werden können.

versuch mit deinem vater offen zu sein, auch wenn es schwer fällt. ich fand es erleichternd, als ich es mit meiner Schwiegermutter gemacht habe, und sie auch, erzählte sie mir dann.

liebe grüsse ange
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  #6  
Alt 13.08.2010, 21:48
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Jessi77 Jessi77 ist offline
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Beiträge: 31
Standard AW: Vater hat Lungenkrebs - bin völlig am Ende

Hallo Rutz,

mein Pa ist letztes Jahr leider auch an Bronchialkarzinom gestorben. Er wurde nur 64 Jahre alt. Da war ich 31.

Was hat mir geholfen? Ich glaube sagen zu können: nicht besonders viel! Ich habe leider nicht mit meinem Vater sprechen können, weder über seine Lage noch über seinen Tod. Er wollte sowas nicht! Ich glaube, dass Reden darüber hätte mir immens geholfen. Es ist zwar schwer aber gehört irgendwie dazu. Es ist eine Art Verarbeitung. Auch der Erkrankte und auch Sterbende verarbeitet bis zum Schluss. Das ist unser aller Weg!

Deshalb versuche so offen mit deinem Vater zu reden wie möglich. Natürlich nur, wenn es ihn nicht noch mehr belastet. Irgendwann ist es dafür einfach zu spät! Mich belastet das "Nichtreden" bis heute!

Ich konnte mich von meinem Vater noch nicht mal mehr verabschieden. Er hat sich freiwillig an die Morphinpumpe legen lassen ohne uns Bescheid zu geben. Unter dieser Medikamentengabe ist er gestorben und damit hat niemand gerechnet. (Er hatte noch nicht mal Metastasen!)

Ich habe mich dann später in Gedanken und auch Träumen verabschiedet. So blöde das klingt, aber kurz nach seinem Tod hatte ich einen total irren Traum, indem ich mit meinem Vater an einem Tisch saß und er richtig fit aussah. Er fragte mich:" So nun sag mal, wie kommt Ma denn jetzt ohne mich klar?" Ich weiss, es war nur ein Traum aber ich fühlte mich danach richtig gut!

Was hat mir "während" der Erkrankung geholfen? Also natürlich reden mit meiner Familie und meinem Partner. Und viel lesen und über die Krankheit wissen (kann aber auch manchmal belastend sein!) Wenn es ganz schlimm war, hat es mir geholfen durch den Wald zu laufen. Oder einfach mal laut zu schreien. Aber trotz allem wurde ich selber krank durch den Druck.

Deshalb vergiß bei allem was zu erledigen und zu ertragen ist, dass du selber gesund bleibst!

Ich wünsche dir viel Kraft! Und wenn das Reden schwer fällt - schreib dir hier alles von der Seele!

Jessi
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  #7  
Alt 13.08.2010, 21:52
moonchild moonchild ist offline
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Registriert seit: 24.06.2010
Ort: Berlin
Beiträge: 7
Standard AW: Vater hat Lungenkrebs - bin völlig am Ende

hallo rutz,

erstmal hallo und ich bin in einer ganz ähnlichen situation, wie du (bin 29) und auch mein vater ist an krebs erkrankt.

er hat eine sehr bösartige form von hautkrebs, der mittlerweile in viele andere organe metastasiert hat. ein zyklus palliative chemo wurde bei ihm gemacht, der zweite vor etwa 3 woche im krankenhaus dann abgebrochen, weil es keinen sinn mehr hatte.

er ist seit etwa einer woche wieder zuhause, weil er nicht direkt in ein hospiz gehen wollte.

ich möchte dir raten: verbring viel zeit mit deinem vater und rede mit ihm über die dinge, über die du noch reden möchtest.

ich weiß dass das schwer ist, sich zu überlegen was man sagen und wissen will, denke aber dass es sehr wichtig ist.

mein vater ist mittlerweile durch die medikamente, den zustand und vielleicht auch hirnmetastasen so verwirrt, dass ich eigentlich nichts mehr mit ihm besprechen kann. außerdem kann er kaum reden, weil er so schlecht luft kriegt.

und trotzdem ist es immer noch schön die letzte zeit mit ihm zu verbringen.

keiner kann sagen, was als nächstes passiert und wieviel zeit bleibt, deshalb sollte man in dieser zeit nichts aufschieben.

das möchte ich dir raten: die zeit zu nutzen und einfach da zu sein, wenn es geht.

GLG
moonchild
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  #8  
Alt 20.08.2010, 20:58
Rutz86 Rutz86 ist offline
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Registriert seit: 10.08.2010
Beiträge: 3
Standard AW: Vater hat Lungenkrebs - bin völlig am Ende

Danke euch dreien, für die weiteren Antworten.

Die Umstände sind jetzt so, dass es so gut wie keine Hoffnung mehr auf eine Genesung für meinen Vater gibt. Und das "so gut wie" ist eigentlich auch nur noch das Fünkchen Hoffnung, dass immer da ist, das einfach nicht sterben kann.

Es ist im Prinzip nur noch das Warten auf den Tag X. Und das ist wirklich grausam, weil man nur daneben sitzen und ihm nicht helfen kann...

Ich schau hier immer mal wieder rein, und schreib was. Danke für eure Kommentare.
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