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  #1  
Alt 25.10.2006, 10:52
Urs Urs ist offline
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Standard Leben nach Nexavar (Sorafenib)

Liebe Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Krebs-Kompass’


Vor wenigen Wochen habe ich mir vorgenommen, mich aus dem Krebs-Kompass zu verabschieden. Nun aber, hierbei hat auch Peti das ihre beigetragen (danke!), möchte ich mich für eine gewisse Zeit nochmals mit meinen Erfahrungen einbringen.

Vor rund 2 Monaten eröffnete mir der Onkologe, dass sich bei mir trotz der Nexavar-Behandlung die Metastasen primär in der Leber weiter vergrössern und zudem sich neue Metastasen in ebendieser Leber gebildet haben. Aus schulmedizinischer Sicht ist das Nexavar somit bei mir weitgehend wirkungslos geworden.

Das Fazit war für ihn, aber auch für mich klar: Anfangs Oktober 2006 setzte ich Nexavar nun definitiv ab, dies nach einer Behandlungszeit seit März 2006 (Ich bin ein Nexavar-Grossvater!).

Ich brauchte rund 3 Tage, um meine Erwartungen, die gehofften und die enttäuschten, nochmals zu ordnen. Nun denn, die Therapie hat in etwa das gebracht, was sich die Schulmedizin als statistisches Mittel auf die Fahnen schrieb. Aus dieser Überlegung heraus kann und will ich also nicht klagen.

Der Oktober wurde so zu einem „Urlaubsmonat“, Urlaub vor der Therapie. Es geht mir in diesen Wochen erstaunlich gut. Die Metastasen in der Lunge und in der Leber machen sich kaum bemerkbar (Leber zeigt ein akzeptables Druckgefühl). Ich ging mit meiner Frau wandern, wohnte ein paar Tage in einem Wellnesshotel und geniesse die guten Tage, die mir jetzt begegnen. Als Patient ist es ein wunderbares Gefühl, die Krankheit kaum zu spüren und zu erkennen, dass ohne Medikamente der Körper sich wieder zu stabilisieren beginnt. In 4 Wochen habe ich ca. 4-5 kg zugenommen.

Was kommt nun auf mich zu?

Ab November 2006 beginnen wir mit einer kombinierten Chemotherapie: Xeloda und Gemzar. Man hat bei einem kleineren Kreis von Patienten mit dieser Kombination Teilerfolge feststellen können. Zudem werde ich anstelle der Mistelinfusion nur noch die subcutane Mistelanwendung machen.

Ziel ist es, meine Lebensqualität und meinen Lebenszeitraum nochmals etwas zu erweitern.

Ich fühle mich erstaunlicherweise wohl, da ich die Ängste um meine Gesundheit weitgehend verloren habe. Ich habe ja nach schulmedizinischer Ansicht nicht mehr viel zu verlieren. So habe ich angefangen, die noch kommenden Tage nochmals deutlicher als Gewinn zu sehen. Ich verlange vom Leben noch eine gewisse Zeit ein. Ich mache mir zudem nur noch sehr wenige Vorschriften, was ich zu tun und lassen habe in Bezug auf meine „Gesundheit“. Ich geniesse kulinarisch auch jede Gelegenheit. Warum gibt es eine Heerschar von Leuten, die besser wissen als ich, was denn für mich gesund sei !? – Gesundheit ist zuallererst ein Lebensgefühl. – Und in diesem Sinne bin ich gesund!

Ich habe keine klare Vorstellung, in welcher Weise mein Beitrag auch anderen Teilnehmern helfen könnte. Was ich aber im Forum festgestellt habe, ist eine sehr intensive Konzentration auf dieses Nexavar. Ich will einfach sagen, auch solch angepriesene Wundermittel bewahren uns nicht vor der Aufgabe, uns als mehr zu fühlen, als als Patienten, an denen irgendwelche Leute herumdoktern. Wir alle haben noch eine wie auch immer geartete Aufgabe auf dieser Welt. Und für die sind wir selber verantwortlich.

Ich grüsse Euch alle sehr herzlich und bitte Euch um Verständnis, wenn ich nur noch dann schreibe, wenn ich wirklich mag, denn da ich auch ein Leben nach Nexavar habe, möchte ich mich auf dieses konzentrieren.

Urs
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  #2  
Alt 25.10.2006, 11:03
MonikaMaria MonikaMaria ist offline
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Standard AW: Leben nach Nexavar (Sorafenib)

Ich wünsche Ihnen alles gute für die Zukunft. Ich wünschte mir mein Vater hätte Ihre Einstellung.

Liebe Grüße
Monika
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  #3  
Alt 25.10.2006, 11:20
peti peti ist offline
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Beiträge: 84
Standard AW: Leben nach Nexavar (Sorafenib)

Lieber Urs,
ich bin zufällig auch gerade hier im KK und freue mich über Deinen wunderbaren Beitrag. Du hast wie immer die richtigen Worte gefunden.
Ich wünsche Dir und Deiner Familie weiterhin von Herzen ein ganz tolles und intensives Lebensgefühl.
Grüße von Peti

PS: Du hast Recht, wenn Du nur schreibst wenn Dir danach ist, aber trotztdem ist es immer schön von Dir zu hören.
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  #4  
Alt 26.10.2006, 13:43
peti peti ist offline
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Beiträge: 84
Standard AW: Leben nach Nexavar (Sorafenib)

Lieber Urs,
ich habe gestern noch lange über Deinen Beitrag nachgedacht und muß noch einmal schreiben. Wenn Du zweifelst, was Dein Beitrag bewirken könnte: bei mir hat sich über meine momentane innere Traurigkeit ein Glückgefühl gelegt, aus Freude darüber, daß Du Deinen Weg gefunden hast und in einer für manchen aussichtslosen Situation Freude und Dankbarkeit empfinden kannst und manch anderem kannst Du damit vielleicht einen Denkanstoß geben. Ich finde das sehr bewundernswert.
Du sagst, Du hast Deine Ängste weitestgehend abgebaut und genießt, was Du für richtig hälst. Meine Mutter konnte das leider nicht. Sie hatte nach einem Arztbesuch schon wieder Angst vor dem Nächsten und sich strickt an die Anweisungen der Ärzte gehalten.
Mit einem Stück von Deiner Einstellung hatten wir und sie mehr haben können als nur ein Jahr "Zeit".
Ein Pfarrer hat einmal von einem Freund erzählt, der nach 26 Krebsoperationen von den Ärzten aufgegeben wurde. Das ist nun 5 Jahre her und seit er sich keine Gedanken mehr machen muß lebt er glücklicher den je.
Lieber Urs, glaube fest daran, daß Dein Krebs vor Deiner Kraft mehr Respekt zeigt als vor allen Wundermitteln und Nexavar und gehe Deinen Weg Tag für Tag und Stück für Stück. Du kannst nur gewinnen.
Viele Grüße an Dich und Deine Familie
Peti
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  #5  
Alt 27.10.2006, 17:02
orgelbass orgelbass ist offline
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Beiträge: 132
Standard AW: Leben nach Nexavar (Sorafenib)

Lieber Urs,
ich gestehe: Erstmal war ich etwas erschrocken. Wir haben ja das Glück, dass die Metas meiner Mutter mit Nexavar und Mistel bislang nicht weiter gewachsen sind. Dein Beitrag ist dennoch wunderbar und wichtig! Wir haben uns alle ziemlich auf Nexavar als "Wundermittel" eingeschossen. Nun ist das nunmal das erste schulmedizinische Medikament, das dem Nierenkrebs etwas Paroli bietet, aber ist es deshalb ein "Wundermittel"? Wohl kaum! Irgendwann kommt schließlich auch für jeden Patienten, der zunächst positiv auf Nexavar reagierte der Tag, an dem es mit den Tabletten nicht mehr weitergeht. Du zeigst in hervorragender Weise auf, dass auch danach eine Zeit kommt, die lebenswert ist. Danke dafür und bleib uns noch lange als Mensch und als Mitschreiber erhalten!

Alles Liebe!

orgelbass
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  #6  
Alt 02.11.2006, 12:16
Urs Urs ist offline
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Beiträge: 80
Standard AW: Leben nach Nexavar (Sorafenib)

Liebe MonikaMaria
Liebe Peti
Lieber Orgelbass

Ich möchte mich an dieser Stelle einmal sehr herzlich für Eure Beiträge bedanken. Ihr habt mir ein aufrichtiges und mich stärkendes Feedback gegeben.
Oftmals fragen uns Menschen:“ Wie kann ich helfen?“ – Eigentlich ganz einfach: So wie ihr das macht: Begleiten mit und ohne Worte, im Gespräch und in Gedanken. Was braucht der Mensch? – Er braucht den anderen, in seiner ganzen Aufrichtigkeit.

Ich werde mich wieder melden. Die Chemotherapie habe ich nochmals um 2 Wochen hinausgeschoben. Das Metastasenwachstum scheint nicht zu überborden. So habe ich mit dem Onkologen nochmals etwas "Ferien" ausgehandelt. Er gönnt sie mir gerne.

Bis dann.

Urs
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