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Alt 10.01.2015, 00:22
LUMOS LUMOS ist offline
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Beiträge: 1
Unglücklich Mama hat Brustkrebs im Endstadium - Und nun??

Hallo liebe Forums-Mitglieder,

Lange, ja sehr lange habe ich mir überlegt ob ich mich in diesem Forum anmelden soll, um euch meine Geschichte zu erzählen. Wie man sieht habe ich mich letzten Endes dazu entschieden es zu tun, denn während der letzten 1,5 Jahre bin ich immer wieder auf Beiträge hier gestoßen, welche mir in manchen schweren Zeiten doch ein Füncken Hoffnung gaben oder mir zumindest gezeigt haben "du bist nicht allein".

Ich bin 21 Jahre alt, bei meiner Mutter wurde im September 2013 Brustkrebs diagnostiziert. Daraufhin hat sie sich die betroffene Brust abnehmen lassen, Chemotherapie, Bestrahlung, volles Programm. Die Ärzte meinten wohl der Krebs sei sehr aggressiv aber lasse sich mit einer entsprechenden Chemotherapie behandeln wobei man nicht ausschließen könne, dass er wieder kommen würde.

Ich glaube ich erzählen euch hier nichts neues wenn ich schreibe, dass die Zeit während der Chemotherapie sehr sehr hart für uns alle war. Meine Mutter hat die Therapie nur sehr schlecht verkraftet, es zeigten sich bei ihr starke Nebenwirkungen, als auch eine schwere Depression. Hinzu kam eine Lungenentzündung, welche sie noch zusätzlich schwächte.

Als diese wirklich schwere Zeit im März 2014 zu Ende ging und sie "nur noch" die Bestrahlung bekam ging es wieder Berg auf - ich erkannte meine "alte Mama" immer mehr wieder. Sie gewann völlig an neuem Lebenswillen, lies sich spontan ein zweites Ohrloch piercen was sie schon immer wollte, kaufte sich hübsche Klamotten, ging mit meinem Papa regelmäßig aus und war einfach wieder mitten drin im Leben - es ging ihr gut. Auch die regelmäßigen Kontrollen und Untersuchungen waren durchgehend in Ordnung, gute Blutwerte, alles passte.

Gegen Anfang September 2014 fiel mir nun zunehmend auf, dass ihr rechtes Augenlid begann zu "hängen". Man könnte es mit Karl Dall vergleichen... Ich informierte mich darüber und kam zu dem Entschluss, dass es wohl eine Muskelschwäche sein müsse - kommt gelegentlich vor, nichts dramatisches, kann sogar durch eine kleine OP behoben werden. Wir besorgten ihr eine neue Brille, welche ein wenig vom hängenden Augenlid ablenken sollte. Ein paar Wochen später verschlimmerte sich das ganze, sodass sie entschied ihren Hausarzt aufzusuchen. Dieser überrwies sie sofort zum Neurologen, auch aufgrund ihrer Vorgeschichte. Bereits da kehrte meine "Krebs-Mama" wieder zurück, sie zog sich zurück aus dem Leben und wurde leicht depressiv - sie wusste einfach, dass es irgendetwas mit dem Krebs zu tun haben musste.

Vor der Besprechung des Befunds vom Neurologen versuchte ich ihr Hoffnung zu machen, sie solle nicht vorschnell urteilen. Doch es half nichts, meine Mutter war wieder ganz unten. Das war der 17. November 2014. Das Telefon klingelte, mein Papa hob ab und sprach mit der Nerologin - der Krebs hatte gestreut, Metastasen im Gehirn (welche auch das hängende Augenlid verursachen), nichts mehr zu machen.

Ich war so geschockt, ich kann bis jetzt nicht sagen wie ich mich in diesem Moment gefühlt habe.

Seit diesem 17.November 2014 ist nun alles anders. Meine Mama möchte keine Ganzhirnbestrahlung oder ähnliches, da sie sich nicht erneut quälen möchte - Haarausfall, ihre gesamte Kopfhaut würde verbrennen und sie würde vermutlich erblinden. Wir alle können das auch nur zu gut verstehen, zudem diese Maßnahmen nur der Lebensverlängerung, nicht aber der Heilung dienen würden.

Mein Papa ist nun beurlaubt, ist zu Hause bei ihr, mein Bruder und ich kommen so oft es unser Alltag zulässt. Meine Mutter geht es derzeit körperlich noch ganz gut, es zeigen sich noch keine weiteren Äußerungen der Metastasen aber psychisch geht es ihr sehr, sehr schlecht. Leider lässt sie auch keine psychologische Betreuuung an sich ran. Ich habe schon öfter darüber mit ihr gesprochen doch ihre Antwort ist immer wieder "was soll ich denen denn erzählen? die können mich auch nicht wieder gesund machen."

Wir alle hätten unserer Mama gerne noch eine schöne Zeit bereitet, ganz egal was sie sich gewünscht hätte - wir würden ALLES tun. Nur leider möchte sie garnichts.. immer wieder sagt sie, es ist ihr alles zu anstrengend. Sie möchte am liebsten einfach nur in ihrem Bett liegen. Wenn sie einmal aufsteht, dann sitzt sie den ganzen Tag nur vor dem Fernseher und mein Papa dann eben auch - er will ihr eben beistehen..

Immer wieder äußert sie, dass sie einfach nur gehen möchte. Sie will sich nicht quälen, will nicht lange leiden, will kein Pflegefall werden. Die Tage haben für sie keinen Sinn mehr, sie wartet so hart es klingt, einfach nur darauf "endlich" zu sterben.

Für uns alle ist das sehr hat so etwas von ihr zu hören, obwohl man es auf der anderen Seite auch irgendwie gut verstehen kann. Mein Bruder und ich überlegen uns immer wieder Sachen, wie wir ihr den Tag etwas verschönern könnten. Zum Beispiel haben wir jetzt ein Puzzle gekauft, dass wir mit ihr gemeinsam nun machen. Auch versuchen wir immer etwas leckeres zu kochen, in der Hoffnung, dass sie wenigstens ein bisschen was isst.

Pflanzliche Mittel gegen den Krebs möchte sie auch nicht einnehmen, was wohl daran liegt, dass sie sich schon aufgegeben hat.

Ich mache mir einfach sehr viele Gedanken darum, wie es weiter gehen soll. Ich habe solche Angst vor dem Krankheitsverlauf und vor der Ungewissheit wie lange dieser Zustand noch anhalten wird. Um meinen Papa mache ich mir auch große Sorgen, er hat seine Arbeit und alles nun erst einmal aufgegeben um bei seiner Frau zu sein, klar! Aber er sitzt nur zu Hause und ihm fällt die Decke auf den Kopf und den ganzen Tag mit diesem schweren Schicksal konfrontiert zu sein ist auf die Dauer auch einfach sehr, sehr anstrengend. Auf der anderen Seite will er seine Frau eben nicht alleine lassen ... Wir wissen nicht, wie lange Mama noch bei uns sein wird. Ich glaube daran, dass unser Körper nur eine Hülle ist und nach dem Tod unsere Seele austritt und weiterlebt aber trotzdem zerreist mir der Gedanke, dass meine Mama stirbt, einfach das Herz.

Es ist einfach alles so unglaublich kompliziert. Ich habe mich vergangene Woche über Möglichkeiten des Freitods in der Schweiz informiert, lese Bücher über das Leben nach dem Tod, in der Hoffnung, dass sie mir Kraft geben.
Ich kann mich nur schwer auf meinen Uni-Alltag konzentrieren und habe immerzu ein schlechtes Gewissen, wenn ich nicht zuhause sein kann, obwohl meine beiden Eltern sagen, dass ich das nicht brauche aber es ist einfach so! Immer wenn ich meinen Papa sehe, werde ihr noch trauriger, einfach weil er mir so leid tut! Er verliert mit 44 seine Frau, das ist so früh!

Die frage "Wieso meine Mama???!!" habe ich langsam aufgehört mir zu stellen - es gibt sowieso keine Antwort darauf.

Ich würde gerne eure Meinungen, Empfindungen und Gefühle zu meiner Geschichte hören. Gerne könnt ihr mir auch davon erzählen wie es bei euch war/ist, wenn ihr schon ähnliches erlebt habt oder gerade erlebt... es gibt mir einfach immer sehr viel Kraft zu sehen, dass es auch andere Menschen gibt, welche solch schwere Zeiten durchstehen und dabei doch irgendwie positiv und optimistisch bleiben. Im Moment komme ich mir in der Uni, beim Einkaufen oder sonst wo einfach immer nur doof vor - ich denke immerzu an solche Sachen wie "ochman, gehts denen allen gut. Die haben nicht solche Probleme wie du" .. obwohl ich das ja garnicht weiß! .. ich hoffe ich weiß was ich meine.

Nunja, mein Roman hier ist nun auch schon lange genug - ich Danke auf jeden Fall jedem, der sich die Zeit nimmt dies hier durchzulesen und ich freue mich auf zahlreiche Rückmeldungen von euch!

Eure LUMOS
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Stichworte
brustkrebs der mutter, endstadium, gehirn, metastasen


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